Neuregelung der Verfassungsrichterwahl: Mal zeigen, wer das Sagen hat

von Dr. Christian Rath

03.03.2015

2/2: Kaum Änderungen in der Sache

Für einen symbolischen Wink mit dem Zaunpfahl spricht auch, dass der Gesetzentwurf an keinem Punkt das Verfahren substanziell ändern will. Auch in Zukunft werden sich die Richtermacher der großen Parteien (für die Union: Helmut Brandt, Volker Bouffier, Volker Kauder und Peter Altmaier; für die SPD: Christine Lambrecht, Katarina Barley und Thomas Oppermann) vorab über die Kandidaten einigen. Ob diese dann nur im zwölf-köpfigen Wahlgremium oder auch noch im 631-köpfigen Plenum abgenickt werden, macht wohl keinen Unterschied.

Die Wahl soll jedenfalls wie bisher ohne Anhörung der Kandidaten und ohne Aussprache der Abgeordneten stattfinden. Nicht einmal die Transparenz für Presse und Öffentlichkeit soll verbessert werden. Es ist nicht vorgesehen, dass der Wahlvorschlag mindestens einige Tage oder Wochen vor der Wahl bekannt gemacht wird. Theoretisch könnte das Wahlgremium seinen Vorschlag einen Tag oder nur eine Stunde vor der Abstimmung im Plenum beschließen.

Auch die kleinen Fraktionen, die bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Oktober noch weitergehenden Änderungsbedarf anmeldeten, konnten bislang nichts davon durchsetzen. Weder die von den Grünen gewünschte Frauenquote für das Verfassungsgericht noch die von der Linken vorgeschlagene Karenzfrist für Politiker hatten bei der großen Koalition eine Chance. Vielleicht wäre es cleverer gewesen, wenn die Opposition hart verhandelt hätte, bevor sie einen gemeinsamen Antrag mit der Mehrheit unterzeichnet.

Allenfalls bei der Besetzung des 12-köpfigen Wahlausschusses könnte es noch zu Änderungen kommen. Die kleinen Fraktionen fordern eine Verteilung der Sitze nach dem inzwischen üblichen Rechenmodell von Sainte Lague/Schepers, was für sie leicht günstiger wäre als das noch geltende Verfahren nach d'Hondt. In Zeiten der großen Koalition ist das aber ziemlich nebensächlich.

Es bleibt: ein ziemlich überflüssiger Gesetzentwurf

Und das BVerfG? Wie reagierte es auf die Reformpläne? Offiziell gar nicht. Es sei nicht Aufgabe der Richter, Vorschläge zum Wahlverfahren zu kommentieren, hieß es. Intern hatte man die Provokation aber durchaus verstanden und war entsprechend verstimmt. Manche Richter glauben sogar, das neue Verfahren werde die Wahl mainstreamiger Richter begünstigen, weil sich im Plenum leichter Widerstand organisieren lasse als im handverlesenen Wahlgremium. Öffentlich wurde solche Kritik jedoch nicht geäußert. Vor allem Präsident Voßkuhle konnte sich schlecht gegen einen Gesetzentwurf wenden, der immerhin seine alte wissenschaftliche Position aufnahm.

Inzwischen ist der Konflikt zwischen Politik und BVerfG auch fast schon wieder vergessen. Schlusspunkt war wohl ein Abendessen im Privathaus von Norbert Lammert, zu dem er im Oktober 2014 alle Verfassungsrichter sowie Rechtspolitiker aller Fraktionen eingeladen hatte. Das Gespräch sei dem Vernehmen nach angenehm und recht spannungsfrei verlaufen.

Was bleibt, ist ein ziemlich überflüssiger Gesetzentwurf, für den sich nun auch kaum noch jemand interessieren dürfte. Allenfalls wird es noch ein paar abfällige Kommentare von Leuten geben, die an echten Änderungen des Wahlverfahrens interessiert sind. So nannte die Politikwissenschaftlerin Christine Landfried die Reform jüngst in der SZ eine "Mogelpackung" und verglich sie mit "des Kaisers neuen Kleidern".

Die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs wird im Bundestag vermutlich im März oder April stattfinden.

Zitiervorschlag

Christian Rath, Neuregelung der Verfassungsrichterwahl: . In: Legal Tribune Online, 03.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14834 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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