Kartellamt mahnt HRS wegen Bestpreisklausel ab: Allenfalls eine Wettbewerbsbeschränkung

von Dr. Nicolas Kredel, Jan Kresken

05.08.2013

HRS und Amazon verpflichten Hoteliers oder Händler dazu, auf ihrer Internet-Plattform die besten Konditionen anzubieten. Das Bundeskartellamt sieht solche Bestpreisklauseln zunehmend kritisch und mahnte HRS Ende Juli erneut ab. Dabei können Bestpreisklauseln unter Umständen vom Kartellverbot freigestellt werden, meinen Nicolas Kredel und Jan Kresken.

Nach den HRS-Bestpreisklauseln müssen die Hoteliers auf der Plattform den niedrigsten Hotelpreis, die höchstmögliche Zimmerverfügbarkeit und die günstigsten Buchungs- und Stornierungskonditionen anbieten. Dies gilt seit März 2012 selbst dann, wenn die Gäste direkt an der Rezeption buchen.

Am 25. Juli 2013 hat das Bundeskartellamt seine kartellrechtlichen Bedenken bezüglich dieser Bestpreisklausel von HRS bekräftigt und das Unternehmen – wie bereits vor eineinhalb Jahren –  wegen eines Verstoßes gegen europäisches und deutsches Kartellrecht abgemahnt. Für die Dauer des Verfahrens hat sich HRS dazu verpflichtet, darauf zu verzichten, die Klausel gegenüber den Hotels durchzusetzen. Zuvor hatte bereits das OLG Düsseldorf die Bestpreisklausel per einstweiliger Verfügung für kartellrechtswidrig und nichtig erklärt (Beschl. v. 15.02.2012, Az. VI-W (Kart) 1/12).

Auch Amazon-Klauseln auf dem Prüfstand

Seit Februar 2013 prüfen die Kartellwächter auch die Auswirkungen der von Amazon verwendeten Bestpreis- und Preisparitätsklausel, indem sie 2.400 Marketplace-Händler dazu befragten. Nach der Preisparitätsklausel ist es den Händlern untersagt, Produkte, die sie auf Amazon anbieten, an anderer Stelle im Internet günstiger anzubieten, zum Beispiel bei Ebay oder in ihren eigenen Online-Shops.

Bevor die Klausel in Kraft trat, hatte ein Konkurrent bereits eine einstweilige Verfügung gegen Amazon erwirkt (LG München, Beschl. v. 30.04.2010, Az. 37 O 7636/10). Seitdem hat das Unternehmen zumindest den Verkauf von Büchern von der Verpflichtung zur Preisparität ausgenommen.

Nach Auffassung des Bundeskartellamts verstoßen Bestpreis- und Preisparitätsklauseln gegen das europäische und das deutsche Kartellverbot, weil sie einen Preiswettbewerb zwischen konkurrierenden Internetportalen praktisch ausschließen und den Marktzutritt neuer Anbieter erheblich erschweren. Außerdem werde auch der Wettbewerb zwischen den Händlern oder Hoteliers beschränkt, weil sie ihre Preise nicht frei gestalten und auf neue Wettbewerbssituationen nicht flexibel reagieren können.

Freistellung der Bestpreisklauseln vom Kartellverbot

Unbeantwortet lässt das Bundeskartellamt die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bestpreisklauseln vom Kartellverbot freigestellt werden können. Eine gruppenweise Freistellung erfordert, dass die Vertragsparteien auf ihren Märkten Anteile von jeweils unter 30 Prozent haben und die Klausel keine "Kernbeschränkung" ist, Händlern und Hoteliers also zum Beispiel nicht die Möglichkeit nimmt, Preise gegenüber ihren Kunden selbst festzusetzen.

Ob eine Kernbeschränkung vorliegt, richtet sich auch nach dem Verhältnis zwischen Plattformanbieter und Händlern oder Hoteliers. Sind letztere "Abnehmer" der Dienstleistung des Plattformanbieters, spricht Einiges für eine Kernbeschränkung. Die Abnehmer werden dann nämlich durch die Bestpreisklausel in ihrer Freiheit beschränkt, Preise eigenmächtig festzulegen. Ordnet man dagegen den Plattformanbieter als Vertriebsmittler für die Händler oder Hoteliers ein (und damit wirtschaftlich als deren Abnehmer), liegt in der Bestpreisklausel allenfalls eine einfache Wettbewerbsbeschränkung. Hiergegen spricht freilich, dass die Plattformdienstleistung von dem Plattformanbieter erbracht wird, dieser vom Händler oder Hotelier also nichts bezieht.

Eine Bestpreisklausel ist in der Regel auch keine – kartellrechtlich oft zulässige – Festlegung eines Höchstpreises. Denn oftmals dürfte der "Bestpreis" angesichts des Wettbewerbs auf der Plattform der niedrigste mögliche Preis sein, so dass wenig Spielraum für eine weitere Senkung der Preise besteht. Der Bestpreis wirkt somit oft eher wie ein Festpreis.

Bestpreisklauseln im Ausland

Bestpreisklauseln werden derzeit auch von anderen Kartellbehörden geprüft. Die französische Autorité de la Concurrence und die Schweizer Wettbewerbskommission untersuchen derzeit Bestpreisklauseln, die von den Hotelportalbetreibern HRS, Expedia und Booking.com verwendet werden.
Auch das britische Office of Fair Trading hat bereits im Juli 2012 Expedia, Booking.com und der Intercontinental Hotels Group Beschwerdepunkte übermittelt und ebenso wie die Kommission vergleichbare Regelungen zur Festsetzung der Verkaufspreise für E-Books untersucht. Zuletzt hat die Kommission rechtsverbindliche Zusagen der Verlage akzeptiert, nach denen für die nächsten fünf Jahre auf das Meistbegünstigungsprinzip verzichtet werden wird.

Das Bundeskartellamt steht in engem Dialog mit der Kommission und den anderen nationalen Kartellbehörden. Insbesondere solche Klauseln, die zulasten der Kunden gehen, sollen daher wohl in Zukunft eingehender geprüft werden.

Doch all dies heißt nicht, dass Bestpreisklauseln per se verboten sind: Immerhin erkennt auch das Bundeskartellamt an, dass die Klauseln zunächst eine preissenkende Wirkung haben. Bisher wurde die Ausgestaltung der Bestpreisklauseln zudem noch nicht höchstrichterlich überprüft.

Der Autor Dr. Nicolas Kredel ist Partner bei Baker & McKenzie. Der Autor Jan Kresken ist dort als Rechtsanwalt tätig. Beide praktizieren im Bereich Kartellrecht.

Zitiervorschlag

Kartellamt mahnt HRS wegen Bestpreisklausel ab: . In: Legal Tribune Online, 05.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9287 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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