Bundesweit streitet sich die Daimler-Tochter MyTaxi mit Taxizentralen über diverse Gutschein- und Rabattaktionen. Nun ist der BGH dran.
Taxizentralen und Verbände wehren sich seit mehreren Jahren mit Klagen gegen Rabattaktionen der Vermittlungs-App "MyTaxi". Am Donnerstag verhandelt nun der Bundesgerichtshof (BGH) über die Zulässigkeit von Rabattaktionen über die Smartphone-App und entscheidet, ob derartige Rabattaktionen auch in Zukunft möglich sein werden (Az I ZR 34/17).
Die Klägerin, ein Zusammenschluss von Taxizentralen, wendet sich hierbei gegen vier Bonusaktionen der Betreiberin von MyTaxi, bei denen die Nutzer der App lediglich die Hälfte des regulären Fahrpreises zu zahlen hatten. Die andere Hälfte des Fahrpreises erhielt der Taxifahrer abzüglich Vermittlungsgebühren von der Betreiberin. Außerdem warb die Daimler-Tochter mit Gutscheinen, die auf den Fahrpreis angerechnet werden konnten. Derartige Werbeaktionen, bei denen die Nutzer in der Regel Gutscheine von 7 Euro bis 12 Euro nutzen können, finden bis heute regelmäßig statt.
In den Vorinstanzen, sowohl vor dem Landgericht (LG) als auch vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, erhielt die Klägerin Recht (Urt. v. 19.01.2016, Az. 3-06 O 72/15 u. Urt. v. 02.02.2017, Az. 6 U 29/16). Beide Gerichte erkannten einen Verstoß von MyTaxi gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Denn dort ist geregelt, dass Taxiunternehmen gem. §§ 39 III, 51 V PBefG der sogenannten Tarifpflicht unterliegen. Taxiunternehmen ist es danach untersagt, die amtlich festgelegten Beförderungsentgelte zu über- bzw. zu unterschreiten und sie sind verpflichtet, diese gleichmäßig anzuwenden. Ermäßigungen, die nicht unter gleichen Bedingungen jedermann zugutekommen, seien dementsprechend verboten und nichtig, entschied das OLG Frankfurt. Der Taxiunternehmer dürfe sich seiner Verpflichtung zur Gleichbehandlung seiner Kunden nicht durch Umgehungsgeschäfte entziehen. Ergo: Die Richter stuften die Rabattaktionen als wettbewerbswidrig ein.
Zwar sei MyTaxi nicht Unternehmerin im Sinne des PBefG, da sie die Fahrten lediglich vermittelt. Die Beförderung unter Tarif während der Bonusaktionen stelle aber einen Verstoß der teilnehmenden Taxiunternehmen dar, da diese den Fahrgästen Abschläge auf die Beförderungsentgelte gewährten. Insofern müsse MyTaxi als Anstifterin und Gehilfin der mit ihr vertraglich verbundenen Taxiunternehmer für deren Verstöße gegen die Tarifpflicht einstehen.
Freie Fahrt für Rabattaktionen?
Dennoch steht keinesfalls fest, dass der BGH den Vorinstanzen folgen wird. Das OLG Stuttgart war wie die Frankfurter Gerichte der Ansicht, dass MyTaxi als Vermittlerin von Taxifahrten nicht Adressatin des PBefG sei, da sie nicht selbst Taxifahrten anbiete (Urt. v. 19.11.2015, Az. 2 U 88/15). Allerdings stuften die Stuttgarter Richter MyTaxi darüber hinaus auch nicht als Anstifterin oder Gehilfin ein. Dieser Ansicht war auch das LG Hamburg (Urt. v. 15.09.2015, Az. 312 O 225/15). Nach diesen Entscheidungen waren die Rabattaktionen weiterhin zulässig.
Gegen einen Verstoß von MyTaxi gegen das Preisbindungsgebot des PBefG spricht auch, dass mit der Regelung insbesondere unbilliger und ruinöser Wettbewerb zwischen den Taxiunternehmen selbst verhindert werden soll. Dann müssten die Rabattaktionen von MyTaxi aber überhaupt geeignet sein, einen solchen ruinösen Wettbewerb zu fördern. Bei den Rabattaktionen bekamen die Taxifahrer jedoch den rabattierten Teil des Fahrpreises jeweils von „MyTaxi“ erstattet. Ein drohender Ruin von Taxiunternehmern durch die Rabattaktionen ist also nicht erkennbar.
Demgegenüber war das OLG Frankfurt der Ansicht, dass es nicht darauf ankomme, dass die Taxiunternehmen das gesetzliche Entgelt erhielten. Vielmehr sei bei der Feststellung des "Beförderungsentgelts" das Verhältnis zum Kunden entscheidend.
Anders oder vergleichbar mit Uber?
Sollte der BGH die Rabattaktionen von MyTaxi untersagen, dürfte sich der Handlungsdruck auf die große Koalition erhöhen – zumal im Koalitionsvertrag versprochen wurde, das PBefG mit Blick auf neue digitale Mobilitätsangebote zu modernisieren. Auch sollen sowohl der Taxi- als auch der Mietwagenbetrieb von regulatorischen Entlastungen profitieren.
Von der angestrebten Deregulierung der großen Koalition könnte auch Uber profitieren. Das US-amerikanische Unternehmen vermittelt ebenfalls Personenbeförderungen, entweder an Fahrer mit Mietwagen (UberX und UberBlack) oder mit eigenem Fahrzeug (UberPop). In den USA und vielen anderen Staaten ist Uber mit diesen Diensten überaus erfolgreich. Daneben betreibt Uber auch den Dienst UberTaxi, über den Fahrten mit regulären Taxis vermittelt werden. Nach eigenen Informationen bietet das Unternehmen seine Vermittlungsdienste derzeit nur in zwei deutschen Städten an, UberTaxi in Berlin sowie UberX und UberBlack in München. Bislang ist es dem Unternehmen wegen zahlreicher gerichtlicher und behördlicher Verbote nicht gelungen, seine Angebote in Deutschland zu etablieren.
Auch der BGH hält etwa den Dienst UberBlack für bislang unvereinbar mit dem PBefG, wobei er die Frage, ob Uber Beförderungsleistungen anbietet, letztlich dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt hat. Für UberPop hat der EuGH bereits entschieden, dass der Vermittlungsdienst als Beförderungsleistung einzustufen ist. Diese Frage wurde dem EuGH aus Spanien vorgelegt. Es ist zu erwarten, dass der EuGH auch für UberBlack nicht von dieser Linie abweichen wird.
Uber dürfte damit für seine Dienste UberX, UberBlack und UberPop auf die Deregulierung durch den Gesetzgeber angewiesen sein. Der BGH wird nun entscheiden, ob das auch für die Rabattaktionen von MyTaxi gilt. Anschließend wird die große Koalition entscheiden müssen, wie weit sie den deutschen Markt für neue Mobilitätsangebote öffnen will.
Dr. Arne Neubauer ist Rechtsanwalt im Hamburger Büro von Osborne Clarke.
BGH verhandelt über Rabattaktionen: . In: Legal Tribune Online, 28.03.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27779 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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