Streit um Ikea-Bett "Malm" vor dem BGH: Was sind "ernst­hafte Anstalten" – und wo sind sie zu treffen?

von Max Wächter, LL.M.

03.07.2017

Verletzt Ikea mit seinem Bett Malm ein in Deutschland eingetragenes Designrecht? Das klagende Designbüro hat vor dem BGH nun zumindest einen Sieg errungen, doch der Streit geht weiter. Die Hintergründe des Urteils erklärt Max Wächter.

Das Bett mit dem Namen Malm ist nicht nur eines der erfolgreichsten Produkte des schwedischen Möbelkonzerns Ikea, sondern war zuletzt auch Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Geklagt hatte das Frankfurter Design-Büro e15 – es warf Ikea vor, dass Malm das eingetragene Designrecht des deutschen Designers Philipp Mainzer verletze. Die Frankfurter Designer forderten darum Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Ersatz von Abmahnkosten sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht des beklagten Unternehmens. Vor dem BGH haben sie nun einen Erfolg erzielt (Urt. v. 29.06.2017, Az. I ZR 9/16).

Im Kern ging es um die Voraussetzungen des sogenannten Vorbenutzungsrechts nach § 41 Designgesetz (DesignG). Ist ein Design eingetragen worden, so steht gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 DesignG seine Benutzung nur dem Rechtsinhaber zu. Verwendet jemand anderes ohne seine Zustimmung das Design, so löst dies Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung und Schadensersatz aus.

Nach § 41 DesignG aber kann der Schutzrechtsinhaber die gewerbliche Verwertung eines identischen Designs nicht untersagen, sofern dieses unabhängig von ihm vor der Anmeldung des Designs entwickelt und gutgläubig benutzt wurde. Dabei ist ausreichend, dass bereits "ernsthafte Anstalten" zur Benutzung getroffen wurden. Das Vorbenutzungsrecht dient insbesondere dem Investitionsschutz des Dritten, der ein identisches Design gutgläubig bereits vor dem Anmeldetag eines eingetragenen Designs verwendet.

OLG gab Ikea Recht

Ikea verteidigte sich insbesondere damit, bereits vor der ersten Veröffentlichung des fraglichen Designs durch Mainzer am 14.01.2002 Anstalten getroffen zu haben, das vergleichbare Vorgängermodell "Bergen" in Deutschland zu vertreiben. Es sei bereits im Dezember 2001 geplant gewesen, das Bettgestell auch in Deutschland zu vertreiben. Beworben wurde es ab August 2002.
Zudem sei ihr das Klagedesign damals nicht bekannt gewesen. Somit stehe ihr das Vorbenutzungsrecht zu. Das Unternehmen hat mit einer Widerklage den Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abwehr der Abmahnung geltend gemacht. 

In der Vorinstanz hatte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf dem schwedischen Konzern Recht gegeben (Urt. v. 15.12.2015, Az. I-20 U 189/13). Es seien nicht nur Aktivitäten am Markt, sondern auch innerbetriebliche Vorgänge zu beachten, soweit sie den ernstlichen Willen erkennen lassen, dass eine gewerbliche Benutzung alsbald aufgenommen würde. Entscheidend sei daher, dass das Muster konzeptionell fertig und die wesentlichen Erscheinungsmerkmale des Musters bereits festgelegt seien. Zudem müssten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, die die konkrete Benutzungsabsicht belegen könnten und die Benutzung alsbald nach den Vorarbeiten erfolgen. 

BGH: Anstalten zur Benutzung müssen in Deutschland stattfinden

Im konkreten Fall Malm sei es – so das OLG - ausreichend gewesen, dass die Ikea of Sweden AB bereits vor dem Prioritätstag des Klagedesigns, also dem Tag, an dem die Frankfurter Designer das Klagedesign erstmals auf der Möbelmesse in Köln präsentiert haben sollen, Anstalten zum Vertrieb des Vorgängermodells Bergen in Deutschland getroffen habe. Damit gemeint waren unter anderem die Auftragserteilung der Produktion einer Nullserie in Polen sowie die entsprechende Freigabe von Aufbauanleitungen im Dezember 2001, die erfolgten, ohne dass der Konzern das Design aus Frankfurt gekannt hatte.

Der BGH hat das Urteil des OLG Düsseldorf hingegen aufgehoben und so die strengen Voraussetzungen des Vorbenutzungsrechts weiter präzisiert. Im Ausland vorgenommene Vorbereitungshandlungen zum Vertrieb in Deutschland seien für die Entstehung eines Vorbenutzungsrechts nach dem Designrecht gerade nicht ausreichend, entschieden die Karlsruher Richter.

Die wirklichen und ernsthaften Anstalten zur Benutzung ebenso wie eine Benutzung selbst müssten in Deutschland stattgefunden haben, um dem geforderten Inlandsbezug zu entsprechen. Die Sache wurde damit zur erneuten Verhandlung an das OLG zurückverwiesen.

Max Wächter, LL.M. ist Rechtsanwalt im Kölner Büro von Osborne Clarke.

Zitiervorschlag

Streit um Ikea-Bett "Malm" vor dem BGH: . In: Legal Tribune Online, 03.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23354 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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