Es klingt sicherlich verlockend, Bewerber erst einmal zu googlen, bevor man sich durch Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnisse arbeitet. Vielleicht kickt ihn ein öffentliches Party-Foto auf Facebook ja schon aus dem Bewerbungsprozess raus, dann braucht man sich gar nicht mehr die Mühe machen. Aber dürfen Personaler das auch? Christian Oberwetter rät zur Vorsicht.
Es war eine Geschichte, wie sie typisch für das Zeitalter der sozialen Netzwerke ist: Die Belgierin Axelle Despiegelaere wird während der Fußball-WM auf der Tribüne entdeckt und erhält nach ihrer Rückkehr einen Model-Vertrag mit L'Oréal. Dann taucht ein Bild von ihrer Facebook-Seite auf, das sie grinsend mit einer erlegten Antilope zeigt. Ein Shitstorm ergießt sich über sie und L'Oréal kündigt die weitere Zusammenarbeit mit ihr auf.
Weniger dramatisch, aber nicht minder gravierend ergeht es vielen Bewerbern, die erst gar nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, weil der Arbeitgeber sie bereits nach einer Internetrecherche aussortiert hat. Die Gefahr ist nicht so gering, wie man meinen mag, denn nach einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom nutzen 39 Prozent der Arbeitgeber das Internet und 23 Prozent die sozialen Netzwerke, um sich im Rahmen eines sogenannten Online-Background-Checks über potenzielle neue Mitarbeiter zu informieren. Aber ist es auch rechtlich zulässig, hinter dem Rücken von Bewerbern Informationen aus dem Internet zu sammeln?
Datenschutz beim Background-Check
Bei den aus dem Netz erhobenen Informationen handelt es sich um personenbezogene Daten. Nach § 32 Abs. 1 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dürfen Daten von Bewerbern genutzt werden, wenn das für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist gegeben, wenn die Daten für das Bewerbungsverfahren benötigt werden und die berechtigten Informationsinteressen nicht auf andere Art und Weise befriedigt werden können. In der Regel ist das möglich: Man muss den Bewerber nur zum Vorstellungsgespräch einladen.
Ein pragmatischer und korrekter Ansatz ist es, auf die allgemeine Zugänglichkeit von Daten abzustellen: Nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG ist die Erhebung von personenbezogenen Daten zulässig, wenn sie aus allgemein zugänglichen Quellen erhoben werden und keine offensichtlich schützenswerte Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Allgemein zugängliche Quellen sind zum Beispiel das Fernsehen, die Presse oder das Internet. Soziale Netzwerke können allgemein zugänglich sein, aber nur dann, wenn die Daten nicht nur einem begrenzten Kreis offenstehen, sondern der Öffentlichkeit.
Nicht alles was öffentlich ist, darf verwertet werden
Personaler machen also zunächst einmal nichts falsch, wenn sie den Namen eines Bewerbers bei Google eingeben. Ab dann wird es aber gefährlich: Es dürfen nämlich nur solche Daten gecheckt werden, mit denen die Eignung des Bewerbers für die auszuübende Tätigkeit ermittelt werden kann.
Bewirbt sich also jemand für den Bereich der Unternehmenskommunikation, so darf die Personalabteilung schauen, welche Inhalte der potenzielle neue PR-Mitarbeiter für seinen bisherigen Arbeitgeber ins Netz gesetzt hat. Diese Erfahrung darf dann auch als Grundlage für die Entscheidung darüber dienen, ob der Bewerber zum Vorstellungsgespräch geladen wird oder nicht.
Anders liegt es, wenn der Chef Inhalte findet, die mit der vorgesehenen Tätigkeit nichts zu tun haben. Für welche Partei sich der Kandidat engagiert, ob er eine Pornosternchenvergangenheit hat oder ob er in seiner Freizeit American Football spielt – das sind Umstände, die dem persönlichen Lebensbereich zuzuordnen und damit Tabu für die Personaler sind.
AGB von sozialen Netzwerken verbieten gewerbliche Datenerhebung
Bei der Erhebung von Daten aus sozialen Netzwerken kann man darauf abstellen, ob die Daten aus berufsorientierten Netzwerken stammen oder aus Netzwerken, die der privaten Darstellung dienen. Das heißt verkürzt: Xing ist erlaubt, Facebook ist verboten. Das schafft allerdings in Zeiten, in denen die Privates und Berufliches auch in den sozialen Netzwerken mehr und mehr verschwimmen, wenig Rechtssicherheit.
Daher ist auch bei Netzwerken vor allem auf die öffentliche Zugänglichkeit abzustellen. Was der Personaler bei einer Google Recherche findet, darf dann verwertet werden, wenn es für die auszuübende Tätigkeit von Belang ist, auch wenn es sich um einen öffentlichen Eintrag auf Facebook handelt. Dem Arbeitgeber ist es aber verwehrt, auf Netzwerken den Kontakt zu den Bewerbern per Freundschaftsanfrage auf Facebook zu suchen, um auf diesem Wege mehr Infos zu bekommen. Das ist neben der unzulässigen Drucksituation für den Bewerber ein Verstoß gegen die AGB von vielen Netzwerken, die eine gewerbliche Datenerhebung in der Regel einschränken oder untersagen.
Ohne Frage können Personaler sich im Grunde entspannt zurücklehnen, denn ob sie einen Online-Background-Check durchgeführt haben, wird im Zweifel ihr Geheimnis bleiben. Rechtlich sind sie jedoch nicht nur verpflichtet, nur solche Daten zu erheben, die öffentlich zugänglich und von Relevanz für den Job sind. Sie müssen Online-Recherchen auch mit dem betrieblichen Datenschutzbeauftragten koordinieren und sich zudem mit dem Betriebsrat abstimmen. Einfach an Daten zu gelangen bedeutet noch nicht, sie einfach so nutzen zu können. Die Unternehmen sind daher gefordert, transparente Regelungen für den Umgang mit Online-Bewerberdaten zu schaffen.
Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Berlin und Hamburg.
Christian Oberwetter, Online-Background-Check: . In: Legal Tribune Online, 13.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12877 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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