Bewährungshelfer können vielleicht zukünftig direkt die Polizei statt wie bisher das Gericht informieren, wenn sie die Sorge haben, ihr Klient werde weitere Straftaten begehen. Dient der Gesetzesentwurf tatsächlich dem Schutz der Öffentlichkeit und der Vereinfachung der Kommunikation? Der Schuss könnte nach hinten losgehen, befürchtet der Bewährungshelfer Peter Asprion.
Die Justizministerkonferenz legt über den Bundesrat einen Gesetzentwurf vor, mit dem – so lautet die offizielle Begründung - die Bewährungshilfe "gestärkt" werden soll. Als zentrale Änderung sieht das Gesetz vor, dass Bewährungshelferinnen und -helfer die Erlaubnis bekommen sollen, Informationen über ihre Klienten direkt an die Polizei weiter zu geben, um schwere Straftaten zu verhindern. Vordergründig geht es im Entwurf darum, die Kommunikation der am Bewährungsprozess beteiligten Personen und Stellen zu verbessern. Der bisherige Weg, Informationen an Gerichte und Führungsaufsichtsstellen weiterzugeben, erscheint den Autoren des Gesetzentwurfs als zu umständlich.
In der Begründung zum Entwurf heißt es aber auch: "Die Befugnis zur Datenübermittlung durch die Bewährungshilfe ist eine Grundvoraussetzung für die bestehenden Länderkonzepte zur Überwachung besonders gefährlicher Sexual- und Gewaltstraftäter." Damit ist die Katze aus dem Sack: Im Kern geht es also um eine strengere Kontrolle durch die Polizei über den Bewährungshelfer. Es erscheint zunächst einmal verführerisch, Leib und Leben anderer vor schweren Schädigungen zu schützen - die Neuregelung könnte aber letztendlich nach hinten losgehen.
Vertrauensverhältnis zum Bewährungshelfer
Es ist unbestritten, dass die Arbeit mit straffälligen Klienten und der Erfolg dieser Arbeit sehr stark von einer vertrauensvollen Arbeitsbeziehung zwischen dem Straftätigen und dem Bewährungshelfer abhängen.
Aus diesem Grund sagt auch § 56 Strafgesetzbuch (StGB), die Aufgabe des Bewährungshelfers sei es, dem Klienten "helfend und betreuend zur Seite" zu stehen. Dem verurteilten Straftäter soll geholfen werden, ein straffreies Leben zu führen und sich gesellschaftlich wieder zu integrieren.
Noch bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde daher in Fachkreisen die Frage diskutiert, ob Bewährungshelfern ein Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden werden soll. Bewährungshelfer sollten keine Strafverfolgung, sondern Vermeidung von Straftaten durch persönliche Beratung, Begleitung und Unterstützung in einem geschützten Vertrauensraum leisten. Vom Bundesverfassungsgericht wurde dies aber letztlich abgelehnt. Dennoch ist das Vertrauensverhältnis heute nicht ungeschützt: Der Bewährungshelfer unterliegt grundsätzlich der Schweigepflicht nach § 203 StGB und der generellen Amtsverschwiegenheit.
Gericht kann entscheiden – Polizei muss ermitteln
Diese Verschwiegenheitspflichten werden aber durchbrochen, denn als weitere Aufgabe obliegt dem Bewährungshelfer die Kontrolle über die Erfüllung gerichtlicher Auflagen und Weisungen. Zu diesem Zweck trägt er – bisher - dem Gericht umfassende Informationen über den Lebenswandel des Verurteilten und mögliche Verstöße gegen Auflagen zu. Dazu gehört die Bearbeitung von persönlichen Themenbereichen wie Beziehungen, psychische Schwierigkeiten, Sicherung des Lebensunterhalts, Arbeit, Wohnen, Suchtverhalten, Umgang mit dem bisherigen strafbaren Verhalten und vieles mehr.
Grobe Verstöße gegen die Bewährungsauflagen können für den Verurteilten zwar den Widerruf der Bewährung zur Folge haben. Das Gericht hat aber einen weiten Entscheidungsspielraum, wie es mit diesen Informationen umgehen will und ob es sie an die Polizei weiterleitet.
Bisher war es für alle Beteiligten schon schwierig genug, das Vertrauensverhältnis trotz dieser Berichtspflicht aufrecht zu halten. Es ist aber etwas ganz anderes, Gerichte allgemein über den Lebenswandel zu informieren, als vorausschauend zu prognostizieren, ob jemand eine Straftat begehen wird. Dem Helfer wird nun die Verantwortung aufgegeben, selber zu bewerten, wie er die Absichten seines "Schützlings" einschätzt.
Auch die Tatsache, dass in Zukunft die Polizei direkt kontaktiert werden soll, verleiht der Auskunft des Helfers ein anderes Gewicht. Denn anders als die Gerichte unterliegt die Polizei der Verpflichtung zur Strafverfolgung, sie muss also bei Anhaltspunkten für eine geplante Straftat im Rahmen der Gefahrenabwehr tätig werden.
Gesetzentwurf zur Überwachung von Straftätern: . In: Legal Tribune Online, 24.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13282 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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