Im Rechtsstreit Müller gegen den FSV Mainz 05 bestätigt das BAG, dass befristete Arbeitsverträge im Lizenzspielerbereich zulässig sind. Warum der befürchtete Systembruch ausblieb, erklärt Patrick Esser.
Im März 2015 sorgte ein Urteil des Arbeitsgerichts (ArbG) Mainz (v. 19.03.2015, Az. 3 Ca 1197/14) in der Fußballwelt für Herzrasen, es ließ fundamentale Veränderungen der gängigen Praxis befürchten. Das zweitinstanzliche Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz (v. 17.02.2016, Az. 4 Sa 202/15) führte zu einer Rückkehr zum Ruhepuls.
Knapp zwei Jahre später entschied am Dienstag das Bundesarbeitsgericht (BAG) über den Rechtsstreit zwischen dem FSV Mainz 05 und seinem ehemaligen Torwart Heinz Müller. Dieser hält die wiederholte Befristung seines Arbeitsvertrages über insgesamt fünf Jahre für rechtswidrig.
Die Befristung von Arbeitsverhältnissen ist grundsätzlich nur bis zu einer Höchstdauer von zwei Jahren zulässig. Darüber hinausgehende Befristungen bedürfen nach dem Teilzeitbefristungsgesetz (§ 14 TzBfG) eines sachlichen Grundes. Anders als das ArbG Mainz, das dem Kicker überraschend Recht gegeben hatte, erklärte das LAG Rheinland-Pfalz die Befristung in zweiter Instanz für gerechtfertigt: Die Eigenart der geschuldeten Leistung des Profifußballspielers sei Grund genug, seinen Arbeitsvertrag mit einem Fußballverein zu befristen. Eine Auffassung, die das BAG offenbar teilt.
LAG Rheinland-Pfalz: Verletzungsgefahr, Taktik, Altersstruktur der Mannschaft
Das LAG stellte in seiner Begründung fest, dass das Merkmal der Eigenart der Arbeitsleistung zwar nicht weit ausgelegt werden könne, da jede Arbeitsleistung Besonderheiten aufweise. Das Rechtsverhältnis zwischen einem Verein der Fußball-Bundesliga und einem Lizenzspieler sei aber von Besonderheiten gekennzeichnet, aufgrund derer der Club ein berechtigtes Interesse daran habe, mit dem Spieler statt eines unbefristeten lediglich einen – wie im Bereich des Profifußballs ausnahmslos gehandhabt – befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen.
Diese Besonderheiten liegen nach der Auffassung des LAG unter anderem darin, dass im Profifußball ein außergewöhnlich hohes Maß an Unsicherheit darüber bestehe, wie lange ein Spieler erfolgsversprechend eingesetzt werden kann. Das leiteten die Arbeitsrichter der zweiten Instanz aus einer hohen Verletzungsgefahr, der Abhängigkeit vom spieltaktischen Konzept und schließlich dem Spielsystem ab, bei dem zur Verbesserung des Leistungsniveaus häufige personelle Veränderungen vorgenommen werden.
Zudem habe der Verein ein berechtigtes Interesse an einer konkurrenzfähigen Altersstruktur und das Publikum ein Bedürfnis nach regelmäßiger Abwechslung und Änderung der "Fußball-Show". Nicht zuletzt hat das Gericht auch berücksichtigt, dass im Profifußball typischerweise außergewöhnlich hohe Vergütungen gezahlt werden.
Aufatmen in der Fußballwelt
Das BAG (Urt. v. 16.01.2018, Az. 7 AZR 312/16) hat diese Entscheidung nun LAG bestätigt. Im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsport würden von einem Lizenzspieler im Zusammenspiel mit der Mannschaft sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet, die dieser nur für eine begrenzte Zeit erbringen kann.
Diese Besonderheit begründe in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses. Das BAG bestätigt damit das LAG nicht nur im Ergebnis, sondern wohl auch in den Gründen, die noch nicht vorliegen.
Für den Profifußball zählt aber nicht nur auf dem Platz, sondern auch im Gerichtssaal das Ergebnis. Die Entscheidung dürfte für Erleichterung sorgen, der befürchtete Systembruch ist ausgeblieben. Der FSV Mainz 05 geht – stellvertretend für alle deutschen Profivereine – als Sieger vom Platz. Die Fußball-Show kann weitergehen.
Der Autor Dr. Patrick Esser ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Seitz Rechtsanwälte Steuerberater in Köln.
BAG erlaubt befristete Arbeitsverträge: . In: Legal Tribune Online, 16.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26511 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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