2/2: Arbeitsmarktzugang für Menschen mit einem humanitären Aufenthaltstitel
Nach positivem Ausgang des Asylverfahrens gestaltet sich der Arbeitsmarktzugang erheblich einfacher. Für Asylberechtigte***, Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention**** und international subsidiär Geschützte***** gilt per Gesetz unbeschränkter Zugang zu Erwerbstätigkeit, also Beschäftigung und Selbständigkeit, § 25 Abs. 1 S.4 AufenthG, § 25 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 25 Abs. 1 S. 4 AufenthG.
Bei national subsidiär Geschützten****** und Personen mit sonstiger humanitärer Aufenthaltserlaubnis bedarf die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nicht der Zustimmung der ZAV (§ 31 BeschV). Auch eine selbständige Tätigkeit können sie mit Erlaubnis der Ausländerbehörde aufnehmen. Hier hat bereits mit Einführung der neuen BeschV zum 1. Juli 2013 ein Wandel stattgefunden. Zuvor wurde auch bei diesen Personen in den ersten drei Jahren des Aufenthalts eine Vorrang- und Lohnprüfung durchgeführt.
Aus- und Berufsnachweise fehlen
Die rechtlichen Öffnungen des Arbeitsmarktzugangs für Menschen auch mit unsicherem Aufenthaltsstatus sind zu begrüßen, können ohne Änderungen in anderen Bereichen jedoch nicht den gewünschten Effekt erzielen. So lange Asylbewerber und Geduldete keinen Zugang zu Integrationskursen haben, sind die Chancen, einen Arbeitsplatz zu finden, gering. Hinzu kommt das Problem der mangelnden Anerkennung beruflicher Kompetenzen.
Menschen mit einem Fluchthintergrund bringen in den seltensten Fällen entsprechende schriftliche Nachweise mit. Auch ist das Ausbildungs- und Berufssystem oft nicht mit dem deutschen System zu vergleichen. Die Anerkennung beruflicher Kompetenzen nach dem Anerkennungsgesetz ist ein (kosten-)aufwändiger und oft langwieriger Prozess und fördert daher nicht adäquat einen effektiven Arbeitsmarktzugang in qualifizierte Jobs.
Gewünscht wird vor allem die qualifizierte Beschäftigung gut ausgebildeter Menschen. Dies zeigen die dargestellten Ausnahmeerleichterungen bei Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, aber auch laufende Projekte, wie "Early Intervention", die darauf zielen, gut ausgebildete Schutzsuchende mit guten Anerkennungschancen frühzeitig herauszufiltern und durch besondere Förderangebote für den deutschen Arbeitsmarkt fit zu machen.
Notwendig ist die Öffnung des Arbeitsmarktzugangs jedoch für alle Schutzsuchenden. Arbeit stabilisiert den Einzelnen, fördert Tagesstrukturen und bietet Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe. Diese Chancen sollten jedem Menschen zustehen. Dann ist es zumindest auf den ersten Blick zweitrangig, ob dies aus humanitären oder wirtschaftlichen Gründen passiert.
***Asylberechtigter: Person, der nach Art. 16a Abs. 1 GG Asyl gewährt wird. Inhaltlicher Prüfungsmaßstab ist die Definition eines Flüchtlings i. S. d. GFK. Hinzu kommen zwei weitere Voraussetzungen. Die Verfolgung muss vom Staat ausgehen, während nach der GFK auch z.B. Privatpersonen Verfolgungsakteure sein können. Seit dem sogenannten Asylkompromiss 1993 darf die Einreise zudem nicht über einen sicheren Drittstaat erfolgen. Darunter fallen unter anderem alle EU-Staaten und die Schweiz, so dass sich auf das Grundrecht nur noch berufen kann, wer auf dem Direktweg per Flugzeug einreist.
****Flüchtling i.S.d. Genfer Flüchtlingskonvention (GFK): eine Person, sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und dessen Schutz sie nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem sie als Staatenloser ihren vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das sie nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 I AufenthG, § 3 AsylVfG mit der Folge Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 S. 1 1. Alt. AufenthG. Stellt ein Flüchtling einen Antrag auf Asyl, wird er zum Asylbewerber und ggf. später zum Asylberechtigten.
*****International subsidiär Geschützter: eine Person, der bei Rückkehr in das Herkunftsland ein ernsthafter Schaden i.S.d. § 4 AsylVfG droht und der deshalb ein Schutzstatus gewährt wird. Folge ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 S. 1 2. Alt. AufenthG. § 4 AsylVfG beruht auf der Umsetzung europäischen Rechts und gilt damit in ähnlicher Form in allen EU-Staaten. In den letzten Jahren Annäherung an Gleichstellung mit Flüchtlingen nach der GFK, aber noch immer bestehen Unterschiede, z.B. bei Erteilung einer Niederlassungserlaubnis.
******National subsidiär Geschützter: eine Person, der aufgrund eines festgestellten Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG (Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention) oder § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG (erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit) eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt wird. Dabei handelt es sich um eine nationale Regelung. Der Schutzstatus ist in mancher Hinsicht schwächer als beim internationalen subsidiären Schutz.
Die Autorin Birgit Naujoks ist Volljuristin und arbeitet als Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW.
Arbeitsrecht für Ausländer: . In: Legal Tribune Online, 13.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15959 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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