Fünf bis sieben Prozent sagen aktuelle Umfragen der AfD für die Europawahl voraus. Wenn es nach Elias Mößner geht, dann wird allerdings kein einziger Wähler sein Kreuz bei der eurokritischen Partei machen können. Per Eilantrag beim BVerfG will der Freiburger Jurist verhindern, dass die AfD auf den Wahlzetteln erscheint. Dazu beruft er sich auf Karlsruhes Europa-Rechtsprechung zu Art. 38 Abs. 1 GG.
Am 14. April 2013 trat Elias Mößner in die Alternative für Deutschland (AfD) ein. An dieses Datum erinnert er sich noch genau. Lange ging es nicht gut mit ihm und den Eurokritikern Noch im selben Monat gab es Streit. Mößner, der mal Vorstand des konservativen Rings Christlich-Demokratischer Studenten war, wollte eine AfD-Hochschulgruppe gründen. Damit war nicht jeder einverstanden. Ein knappes Jahr später ist Mößner schon wieder ausgetreten.
Mittlerweile hat der 30-Jährige Verfassungsbeschwerde gegen die Zulassung der AfD zur Europawahl eingereicht. Darin listet er eine Reihe von Verstößen der Partei gegen demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien auf. Er rügt etwa den unzulässigen Einsatz elektronischer Wahlgeräte bei der Wahl der Kandidaten für die Europawahl in Aschaffenburg und eine Verkürzung der Redezeit auf zweieinhalb Minuten beim Gründungsparteitag 2013 in Berlin. Die AfD biete außerdem keine Gewähr für die Ernsthaftigkeit ihrer politischen Zielsetzung und entbehre einer ordentlichen Buchführung.
Im Ergebnis sei es aber das Gesamtbild gewesen, das ihn davon überzeugt habe, Verfassungsbeschwerde einzulegen. "Kein einziger Parteitag ist anständig abgelaufen, ohne Tricks und Betrügereien. Am Anfang habe ich noch gedacht, die würden das irgendwann lernen, aber es ist immer schlimmer geworden." Eine konservative Elite habe sich in den Bundestag wählen lassen wollen, um sich zu bereichern. Die Frustrierten, die bei den anderen Parteien keine politische Heimat mehr gefunden hätten, seien als billiges Fußvolk benutzt worden – zum Jubeln, Abstimmen, Plakatieren und Spenden. Mößner gerät in Rage, wenn er davon spricht. Als er zu Bernd Luckes Versuch kommt, sich auf dem Parteitag in Aschaffenburg zum alleinigen Chef der Partei zu machen, fällt der Vergleich zum Ermächtigungsgesetz von 1933.
Fortführung der Rechtsprechung zu Art. 38 GG
Seine Verfassungsbeschwerde ist aber kein wütendes Pamphlet eines künftigen Nicht-Wählers, sondern eine ausführliche juristische Ausarbeitung. Auf 55 Seiten legt Mößner nicht nur dar, warum er die AfD für undemokratisch hält, sondern auch, warum er überhaupt dazu berechtigt sein sollte, die Zulassung der Partei zur Europawahl zu überprüfen, und zwar vor der Wahl und nicht erst nachträglich.
Mößner knüpft dafür an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu Art. 38 Abs. 1 Grundgesetz (GG) an, welche dieses im Maastricht- und Lissabon-Urteil entwickelt hat. Art. 38 Abs. 1 GG regelt das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag. Wenn Karlsruhe anerkenne, dass diese Vorschrift Wahlberechtigten das Recht darauf gebe, dass das von ihnen gewählte Parlament sich selbst nicht seiner essentiellen Hoheitsbefugnisse entledige und so das aktive Wahlrecht der Bürger entleere, dann müsse Art. 38 Abs. 1 GG erst recht auch das Recht gewähren, dass das Verfahren, welches zur Zusammensetzung des Parlaments führt, demokratisch ablaufe. Die Bürger müssten außerdem darauf vertrauen können, dass die zur Wahl zugelassenen Parteien demokratisch sind. Diese Argumentation gelte für den Bundestag, genauso aber auch für das Europaparlament.
"Eine Demokratie, welche nur abstrakt als Staatsziel festgeschrieben ist, nutzt dem Volk als Urheber der Staatsgewalt nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG nichts", schreibt Mößner in seinem Schriftsatz weiter. Deshalb müsse jeder wahlberechtige Deutsche die Einhaltung des Demokratieprinzips bei der Vorbereitung der Wahl einklagen können. "Die Wahl ist der heiligste Vorgang in einer Demokratie."
Der Ort hierfür sei momentan das BVerfG. Dieses könne ihn nicht auf die Wahlprüfung nach Art. 41 GG verweisen, meint der Freiburger, da eine solche erst nach der Wahl möglich sei. Ihm vor der Wahl keinen Rechtsschutz zu gewähren, wäre für ihn ein Verstoß gegen die Garantie auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Auf die Argumentation des BVerfG, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen würde, wenn alle Entscheidungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung der Wahl angreifbar wären, will er sich nicht einlassen.
Mößner übt recht offen Kritik an der Rechtsprechung des BVerfG zur Wahlprüfung. Er spart auch nicht mit rechtspolitischen und zum Teil recht kreativen Vorschlägen, wie man der Arbeitsüberlastung der Verfassungsrichter Herr werden könnte: Mehr Mitarbeiter und Geld sowie einen dritten Senat sollte die Politik Karlsruhe gewähren. Außerdem könnte der 8. Senat beim Bundesverwaltungsgericht, der sich auch mit Kommunalwahlsachen beschäftigt, Beschwerden gegen die Zulassung von Parteien zur Wahl prüfen.
Claudia Kornmeier, Ex-Mitglied klagt gegen AfD: . In: Legal Tribune Online, 24.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11785 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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