Das sächsische Justizministerium will den ehemaligen AfD-Abgeordneten Jens Maier aus dem Richterdienstverhältnis entfernen. Damit würde er seine Bezüge verlieren, die er als Richter im Ruhestand derzeit noch erhält.
Zur Zeit ist der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier Richter im Ruhestand – wenn auch gegen seinen Willen. Weil er mit rechtsextremistischen Aussagen aufgefallen ist, hatte ihn die sächsische Justizministerin Katja Meier (Die Grünen) vorzeitig in den Ruhestand versetzen lassen. Nun hat ihr Ministerium außerdem eine Disziplinarklage erhoben, um Maier vollständig aus dem Richterdienstverhältnis zu entfernen. Damit würde er alle Ansprüche verlieren, auch die Bezüge, die er als Richter im Ruhestand derzeit noch erhält.
Das sächsische Justizministerium hat mit einer Klageschrift vom 30. Juli eine Disziplinarklage beim Richterdienstgericht am Landgericht (LG) Leipzig erhoben, wie es in einer Pressemitteilung vom Donnerstag heißt. Darin wird Maier die "schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten" in seinem früheren Richteramt am Landgericht Dresden vorgeworfen.
"Das durch das Landgericht Dresden am 14. März 2022 eröffnete Disziplinarverfahren tritt damit in die nächste Stufe. Ich habe immer gesagt, dass wir alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten ausschöpfen, um die sächsische Justiz vor Verfassungsfeinden in den eigenen Reihen zu schützen", erklärte Justizministerin Katja Meier (Grüne).
Maier fiel vor seiner Wahl zum AfD-Abgeordneten mit rechtsextremen Äußerungen auf
Die Disziplinarklage bezieht auf Äußerungen von Maier noch vor seiner Wahl in den Bundestag. Das Justizministerium wirft ihm vor, über die rechtsextremistischen Gewalttaten des zu dieser Zeit bereits rechtskräftig verurteilten Terroristen Anders Breivik 2017 öffentlich geäußert zu haben, dieser sei "aus Verzweiflung zum Massenmörder geworden". In diesem Zusammenhang hatte Maier die Frage aufgeworfen, ob nicht der "um sich greifende" Multikulturalismus und die "Vermischung" der Kulturen innerhalb westlicher Gesellschaften durch die Einwanderung von "Kulturfremden" zum "Wahnsinnigwerden" sei.
Über die ZDF-Journalistin Marietta Slomka habe er auf seiner Facebook-Seite geschrieben: "GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!", so die Presserklärung des Ministeriums. Die Äußerung stellt sich nach der Auffassung der Dienstvorgesetzten des Richters Maier als Verstoß gegen die Pflichten zur politischen Mäßigung und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten dar. Äußerungen des Richters, die in seine Zeit als Abgeordneter im Bundestag fielen, seien nicht Gegenstand der Disziplinarklage, so das Ministerium.
Maier derzeit im vorzeitigen Ruhestand – mit Bezügen
Maier hatte nach seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter für die AfD beantragt in den Richterdienst zurückzukehren – das sächsische Justizministerium wies ihn daraufhin mit Dienstbeginn zum 14. März 2022 dem Amtsgericht Dippoldiswalde zu. Damit wollte man den gesetzlichen Rückkehranspruch Maiers erfüllen. Am gleichen Tag leitete das LG Dresden ein Disziplinarverfahren gegen Maier ein. Zudem beantragte das Justizministerium Maier vorläufig die Amtsgeschäfte zu untersagen und hatte damit Erfolg.
Ende 2022 entschied dann das Dienstgericht, dass Maier in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wird – das Verfahren ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Maier hat gegen die Entscheidung in den Ruhestand versetzt zu werden trotzdem Revision eingelegt. Das Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof (BGH) will im Oktober darüber verhandeln. Die Versetzung in den Ruhestand gilt bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache weiter.
Zwei Verfahren mit unterschiedlichen Zielen
Die nun erhobene Klage ist also schon das zweite Verfahren gegen Maier vor dem Dienstgericht für Richter in Leipzig. Die Sachverhalte beider Verfahren überschneiden sich: Die Äußerungen zu Marietta Slomka und Anders Breivik hatte das Justizministerium auch im ersten Verfahren gerügt. Die Verfahren unterscheiden sich jedoch bezüglich Rechtsgrundlage und Rechtsfolgen. Bei dem neuen Verfahren handelt es sich um ein Disziplinarverfahren. Solche Disziplinarverfahren werden der Pressesprecherin des Dienstgerichts zufolge häufiger geführt und haben Sanktionscharakter.
Die Versetzung von Jens Maier in den Ruhestand war hingegen juristisches Neuland. Dabei ging es darum, einen Schaden für das Ansehen der Justiz in Sachsen abzuwenden, also die Rechtspflege zu schützen. Das erste Verfahren hatte also eher gefahrenabwehrrechtlichen Charakter. Auf ein schuldhaftes Verhalten kam es nicht an. Das Dienstgericht urteilte damals, dass Jens Maier nach § 31 Deutsches Richtergesetz nicht mehr als Richter tätig sein darf. Danach darf ein Richter in den Ruhestand versetzt werden, wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden. Mangels Sanktionscharakter des Verfahrens durfte Jens Maier seine Bezüge als Richter im Ruhestand aber behalten.
Welche Konsequenzen hat die Disziplinarklage?
In der neuen Disziplinarklage beantragt das Ministerium nun die vollständige Entfernung aus dem Richterdienstverhältnis, so ein Sprecher auf Anfrage von LTO. Das ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 des Sächsischen Disziplinargesetzes, welches nach § 51 des Sächsischen Richtergesetzes (SächsRiG) anwendbar ist, eine mögliche Sanktionsmaßnahme. Die Hürden dafür sind höher als bei dem Ruhestandsverfahren, weil nun ein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden muss. Dafür wären aber auch die Konsequenzen für Jens Maier einschneidend. Bei der Entfernung aus dem Richterdienstverhältnis nach §10 des Sächsischen Disziplinargesetzes in Verbindung mit §51 SächsRiG endet das komplette Dienstverhältnis: Ansprüche auf Besoldung und Versorgung gehen verloren, eine erneute Benennung zum Richter ist nicht mehr möglich.
In anderen Worten: Das Ruhestandsverfahren hat Maier nur von der Tätigkeit als Richter entbunden, das Disziplinarverfahren könnte seinen Status als Richter aufheben. Die Verfahren sind dabei unabhängig voneinander. Der sächsische Staat versucht mit allen Mitteln, die Bande mit Jens Maier zu lösen.
Disziplinarklage gegen früheren AfD-Abgeordneten: . In: Legal Tribune Online, 17.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52504 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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