Dieses Mal haben sich die "Gelben Engel" nicht selbst in die Schlagzeilen gebracht – ihr Konkurrent, der ACE, hat dafür gesorgt. Er stört sich an einer Werbung des ADAC, der die Pannenhelfer als Partner von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten darstellt. Aber ist das wirklich unlauter und irreführend, fragt Linda Kulczynski, und nicht vielleicht sogar verjährt?
Der Auto Club Europa (ACE) hat wegen einer Werbeanzeige des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) beim Landgericht (LG) Stuttgart eine einstweilige Verfügung beantragt. Mit dem Slogan "Wir helfen Helfen" wirbt der ADAC nämlich für seine Leistungen und bildet dabei nicht nur seine eigenen Fahrzeuge und einen ADAC-Hubschrauber ab, sondern auch Feuerwehr-, Polizei- und Rettungsfahrzeuge. Darunter heißt es: "Wo es auf schnelle Hilfe ankommt, ist perfekte Teamarbeit gefragt. Als zuverlässiger Partner unterstützt der ADAC die Polizei und die Rettungskräfte – auf der Straße und in der Luft, deutschlandweit und rund um die Uhr."
Damit spanne der Pannenhelfer fremde Autorität unzulässig ein und führe den Verbraucher in die Irre, so der Konkurrent ACE, der zur Begründung auf eine Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts (OLG) hinweist (Urt. v. 03.11.2004, Az. 1 U 125/04). Darin heißt es, dass wettbewerbswidrig handle, wer "unter Einsatz fremder 'Autorität', insbesondere von Personen oder Institutionen, die hoheitliche Befugnisse wahrnehmen und die in der Bevölkerung besonderes Vertrauen genießen, Kunden für den Kauf einer Ware 'reif machen' oder 'einfangen'" will. Zu missbilligen sei "jede Verquickung öffentlicher Interessen und privater Absatzinteressen".
Nutzung fremder Autorität nicht per se unlauter
Ob die Feststellungen des Saarländischen OLG in dieser Pauschalität tatsächlich zutreffend sind, ist jedoch nicht klar. Denn ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) liegt nur dann vor, wenn die Werbung geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit der Umworbenen durch die Ausübung von Druck oder durch sonstigen unangemessen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen.
Der Einsatz eigener oder fremder Autorität in der Werbung ist daher nicht per se unlauter. Hinzukommen müssen weitere Umstände, durch die Druck oder ein unangemessener Einfluss ausgeübt werden. Eine solche Einflussnahme wird man kaum in der bloßen Abbildung von Polizei-, Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen erblicken können. Denn das veranlasst Verbraucher wohl nicht dazu, die Leistungen des ADAC unreflektiert in Anspruch zu nehmen.
Hinzukommen müssten vielmehr Umstände, durch die das besondere Vertrauen, das die Umworbenen in Polizei, Rettungskräfte und Feuerwehr haben, unberechtigt ausgenutzt wird. Dafür fehlen aber Anhaltspunkte.
Irreführung?
Das Gericht muss allerdings auch prüfen, ob die Werbeanzeige irreführend ist. Gemäß § 5 UWG ist eine Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält.
Der ACE wirft dem ADAC vor, den Verbraucher in die Irre zu führen, weil der ADAC tatsächlich nicht den Status als Helfer von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten habe. Der ADAC weist die Vorwürfe des ACE zurück. Die Werbeanzeige thematisiere die Kernleistung 'Hilfe', die der Club seit 111 Jahren als Unterstützer sowie amtlicher Helfer der Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte erbringe. Dieser Aspekt werde in der Werbung zu Recht hervorgehoben.
Maßgeblich wird im Streitfalle daher sein, in welcher Beziehung der ADAC zur Polizei, Feuerwehr und zu den Rettungsdiensten steht. Sollte der Pannenhelfer tatsächlich – wie in der Werbung behauptet – Partner dieser Einrichtungen sein und für diese "auf der Straße und in der Luft, deutschlandweit und rund um die Uhr" Rettungsdienste erbringen, wären der Werbeslogan und die Werbebehauptungen zutreffend und damit nicht irreführend.
Anzeige von 2011 – Keine Eile, vielleicht sogar verjährt
An erster Stelle wird das Gericht aber zu klären haben, ob ein Verfügungsantrag überhaupt zulässig ist. Denn ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt voraus, dass die Angelegenheit dringlich ist. Zwischen der Kenntnis des Verstoßes und dem Verfügungsantrag darf in der Regel daher nicht mehr als ein Monat liegen.
Das Werbemotiv stammt aber schon aus dem Jahre 2011. Der Verfügungsantrag dürfte daher schon mangels Eilbedürftigkeit nicht durchdringen. Denn – obgleich eine allgemeine Marktbeobachtungspflicht nicht besteht – ist nur schwerlich zu begründen, dass der ACE die Werbeanzeige erst jetzt wahrgenommen hat.
Der ACE muss sich dann auf ein Hauptsacheverfahren beschränken. Erfolg wird er dort aber nur haben, wenn der Anspruch nicht verjährt ist. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche verjähren gemäß § 11 UWG bereits nach sechs Monaten ab Anspruchsentstehung und Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Gläubigers von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners. Wäre die beanstandete Werbeanzeige dem ACE daher bereits vor mehr als sechs Monaten bekannt geworden und würde sie aktuell nicht mehr geschaltet, wären wettbewerbsrechtliche Ansprüche nicht mehr durchsetzbar.
Die Autorin Linda Kulczynski ist Rechtsanwältin bei CBH Rechtsanwälte in Köln. Die Schwerpunkte ihrer anwaltlichen Tätigkeit liegen im Wettbewerbsrecht, sowie dem Geschmacksmuster- und Lebensmittelkennzeichenrecht.
Unlautere Werbung mit Autoritäten: . In: Legal Tribune Online, 16.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12579 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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