Nach dem Brexit-Vollzug ist es für britische Absolventen zu spät
Wer seine rechtswissenschaftliche universitäre Ausbildung im Vereinigten Königreich absolviert hat, kann im Anschluss kein Referendariat in Deutschland mehr absolvieren, wenn der Zulassungsantrag erst nach dem endgültigen Vollzug des Brexits am 31. Dezember 2020 gestellt wurde. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin (Urt. v. 4.9.2023 - VG 15 K 417/21) entschieden.
Die deutsche Klägerin hatte 2017 und 2020 im Vereinigten Königreich rechtswissenschaftliche Abschlüsse erworben, einen Bachelor of Laws und einen Master of Laws. Im Anschluss wollte sie ihre Ausbildung in Deutschland fortführen. Denn zum juristischen Vorbereitungsdienst wird nicht nur zugelassen, wer das Erste Staatsexamen absolviert hat. Wer einen gleichwertigen Abschluss im Sinne des § 112a Deutsches Richtergesetz (DRiG) in einem EU-Mitgliedstaat erworben hat, darf das Referendariat ebenfalls antreten.
Den Antrag der Deutschen auf Zulassung zum Referendariat lehnte das zuständige Gemeinsame Juristische Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg (GJPA) aufgrund des Brexits jedoch ab. Da die Frau die Zulassung erst nach dem endgültigen Vollzug des Brexits gestellt hat, sei dieser verspätet, so das GJPA. § 112a DRiG sei in so einem Fall nicht mehr anwendbar.
Dieser Auffassung stimmte die 15. Kammer des VG Berlin nun zu und lehnte die Klage der Frau ab. Nach Auffassung des Gerichts habe für die Anwendbarkeit des § 112a DRiG die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU jedenfalls im Zeitpunkt der Antragstellung noch bestehen müssen. Keine Relevanz habe hingegen der Zeitpunkt des Erwerbs der universitären Abschlüsse.
Keine europarechtliche Notwendigkeit der Anrechnung mehr
Die nur ausnahmsweise mögliche Zulassung zum Referendariat auf Grundlage von ausländischen Jura-Abschlüssen durch § 112a DRiG sei europarechtlich notwendig gewesen, so das VG Berlin. Wegen des Brexits sei dieser Zweck im hiesigen Fall jedoch weggefallen. Der Paragraph im DRiG geht auf die EU-Berufsanerkennungsrichtlinie (RL 2005/35/EG) zurück. Diese hat die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, zu regeln, wie die in einem EU-Staat erworbenen Berufsqualifikation in einem anderen genutzt werden kann.
Die Ablehnungsentscheidung des GJPA ist aus Sicht des VG Berlin auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Deutsche könne sich nämlich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da der Vollzug des Brexits lange Zeit im Vorhinein erkennbar gewesen sei, urteilte das VG. Eine frühere Antragstellung sei möglich gewesen.
Das VG lehnte auch eine Verletzung der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG ab, die die Frau geltend gemacht hatte. Die Voraussetzung eines bestandenen Ersten Staatsexamens für die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst sichere die Qualität der Rechtspflege.
Das heißt nicht, dass die Frau nicht trotzdem Anwältin in Deutschland werden kann. Welche Alternativen es für sie und Inhaber von juristischen EU-Abschlüssen gibt, hat LTO bereits hier erläutert.
mw/LTO-Redaktion
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2023 M10 12
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