Unterschiedliche Persönlichkeiten im Berufsleben

So spre­chen Sie neue Kon­takte richtig an

Gastbeitrag von Dr. Anja SchäferLesedauer: 6 Minuten

Manche stehen gerne im Mittelpunkt, andere halten sich lieber zurück. Das DISG-Persönlichkeitsmodell unterscheidet vier Verhaltenstypen. Anja Schäfer erklärt, welche das sind – und wie Anwälte dieses Wissen zum Netzwerken nutzen können.

Fällt es Ihnen bei Veranstaltungen leicht, auf andere Menschen zuzugehen oder bleiben Sie lieber im Hintergrund? Extrovertierte Menschen knüpfen naturgemäß schneller neue Kontakte, dennoch können auch introvertierte Jurist:innen gute Netzwerker:innen sein. Diese sind in ihrer Vorgehensweise anders, aber nicht notwendigerweise minder erfolgreich.

Beim Netzwerken hilft es, wenn man sich selbst und die eigenen Fähigkeiten einordnen und so nutzen kann. Einen guten Ansatz dafür bietet das DISG-Persönlichkeitsmodell, welches menschliches Verhalten leichter erklärbar und für jede Person nachvollziehbar macht. Das Modell unterscheidet vier grundsätzliche Verhaltenstypen, nämlich dominant, initiativ, stetig und gewissenhaft.

So kann man jede Person einem Verhaltenstypen zuordnen – und nicht nur sich selbst, sondern vor allem auch Kolleg:innen und Mandant:innen besser verstehen. Menschen mit anderen Verhaltensweisen lassen sich von anderen Motivationsfaktoren leiten. Dieses Wissen kann man beim Netzwerken und auch in anderen Kommunikationssituationen entsprechend nutzen. Was macht die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen nach dem DISG-Modell aus?

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Typ D: Direkt und zielorientiert

Anwält:innen des Persönlichkeitstyps D agieren beim Networking strategisch, zielgerichtet und damit äußerst effizient. Personen des dominanten Typs wissen genau, wen sie kennenlernen, welche Informationen sie erhalten oder wie sie selbst nach außen auftreten wollen. Sie gehen beim Knüpfen wie Vertiefen von Kontakten bestimmt und ergebnisorientiert vor. 

Beim Small Talk kommen sie ohne Umschweife direkt auf ihr Anliegen zu sprechen. Sie sind entscheidungsfreudig und überlegen nicht lange, wie ihr Verhalten bei der anderen Person ankommt. Passende Gelegenheiten werden aktiv ergriffen und dabei auch das eine oder andere Nein riskiert. 

Obwohl die zielstrebige und direkte Art auf andere mitunter hart und provozierend wirken kann, sind diese Personen gut vernetzt und in ihren Netzwerken entsprechend aktiv. Sie wissen stets, an wen sie sich wenden oder wen sie ansprechen können und sogar, mit wem man sich gut stellen sollte. Denn Networking ist für sie eine langfristige Investition, so dass sie sich immer wieder geschickt ins Gespräch bringen. 

Der D-Typ weiß genau, wie strategisches Networking funktioniert, wie man das Gespräch immer wieder aufgreift, die Zeit effektiv nutzt und effizient sowie ergebnisfokussiert kommuniziert. Denn diese Personen sind keine unangenehmen Zeitgenoss:innen, sondern nur sehr direkt, zielstrebig und auf die Sache fokussiert. 

Typ I: Kontaktfreudig und begeisterungsfähig 

Anwält:innen des Persönlichkeitstyps I werden Ihnen auf Networking-Events immer wieder begegnen, denn diese sind gern unter Menschen. Sie lieben die soziale Interaktion, folglich sind sie regelmäßig bestens vernetzt. 

Sie sind gesellig und charmant und sind überall gern gesehene Gäste. Sie lieben den Austausch beim Small Talk und zeigen sich dort von ihrer humorvollen Seite. Sie lassen sich schnell begeistern und stellen leicht eine lockere Gesprächsatmosphäre her. Obwohl die Gespräche selten in die Tiefe gehen, wird es mit ihnen nicht langweilig. Vielmehr wissen sie ihr Gegenüber wie auch Personengruppen mit interessanten Themen gut zu unterhalten.

Es lohnt sich für das eigene Networking sehr, in der Nähe von Personen des I-Typs zu bleiben. So kann man erfahren, wie ohne Mühe kurzweilige Gespräche geführt und neue Kontakte geknüpft werden. Diese Menschen stellen Sie jedem Gegenüber vor und bieten mit ihrer Vielfalt an Themen auch dann noch genügend Anknüpfungspunkte für den weiteren Austausch, wenn sie selbst längst schon mit der nächsten Person sprechen. 

Umgänglich und redegewandt, wie diese Menschen sind, finden sie schnell Anschluss. Häufig sind sie in mehreren Netzwerken und daneben ehrenamtlich aktiv. Andere für sich zu begeistern und sich gleichzeitig für das Gegenüber zu interessieren, ist etwas, was diese Personen zu besonderen Netzwerker:innen macht. 

Typ S: Ausgeglichen und kooperativ

Wenn Sie sich im Beisein einer anderen Person sofort wohlfühlen, sind Sie beim Networking wahrscheinlich auf Anwält:innen des Persönlichkeitstyps S getroffen. Personen des stetigen Typs geht es vor allem darum, Ihnen als ihr Gegenüber eine gute Zeit zu ermöglichen. Sie selbst sind ausgeglichen und ausgleichend. Sie halten sich lieber zurück und lassen ihr Gegenüber glänzen. 

Sie sind empathische Zuhörer:innen und stellen viele offene Fragen. Als Gegenüber hat man stets das Gefühl, auf interessierte und wohlwollende Ohren zu stoßen. Den S-Typ erlebt man als hilfsbereite, wertschätzende und verlässliche Person, die immer einen guten Rat oder den richtigen Kontakt parat hat. 

Bei Veranstaltungen fokussiert sich Personen des S-Typs lieber auf bereits bestehende Beziehungen. Fremde Personen proaktiv anzusprechen, liegt ihnen als introvertierten Personen nicht. Neue Menschen kommen vorrangig über Empfehlungen in ihr Netzwerk. Auf diese Weise profitieren diese Anwält:innen davon, dass sie für andere Menschen stets ein offenes Ohr haben. 

Beobachten Sie Menschen dieses Typs beim Small Talk, werden Sie schnell feststellen, dass sie für eine angenehme (Gesprächs-)Atmosphäre sorgen und schnell zur Vertiefung einladende Themen zur Hand haben. Das Gegenüber fühlt sich wahrgenommen und gehört, die Gespräche dauern häufig an und sind informativ und interessant. Echtes Interesse an Gesprächspartner:innen durch  wertschätzendes Zuhören zu vermitteln, ist etwas, was Sie von diesen Personen lernen können. 

Typ G: Strukturiert und detailgenau

Wenn Ihre Unterhaltung mit bestimmten Kolleg:innen schnell zum detaillierten Fachgespräch wird, haben Sie es meist mit Anwält:innen des Persönlichkeitstyps G zu tun. Zahlen, Daten und Fakten haben diese schnell zur Hand und mit ihrem enormen Detailwissen substantiiert belegt. Alles, was Personen des gewissenhaften Typs erzählen, hat Substanz. Davon profitiert auch ihr Netzwerk. 

Bei öffentlichen Veranstaltungen oder lockeren Stehempfängen beobachtet der G-Typ das Geschehen meist mit etwas Abstand. Ein Gespür dafür zu entwickeln, was andere interessiert, und dieses Interesse mit der eigenen Expertise zu bedienen, ist zugleich ihre größte Herausforderung und ihr größter Erfolgsfaktor.

Oberflächliche Gespräche führen sie nicht gerne. Das lässt sie mitunter etwas abweisend wirken. Viel lieber nutzen sie ihre Zeit für substanzielle Inhalte, die sie bei Expert:innenrunden, auf Tagungen vor Fachpublikum oder im kleinen (Fach-)Kreis mit anderen austauschen. Regelmäßig werden sie aufgrund ihrer Expertise als Speaker:innen oder Expert:innen empfohlen. 

Der G-Typ geht Networking sehr analytisch sowie systematisch an. Misserfolge nehmen diese Menschen nicht persönlich. Dies ist etwas, was Sie von diesen Anwält:innen übernehmen können.

Wer sind Sie, und wie agieren Sie beim Networking?

Bestimmt haben Sie sich selbst oder Kolleg:innen in einem oder mehreren Persönlichkeitstypen wiedererkannt.

Natürlich spielen beim Networking Sympathien und Antipathien eine gewisse Rolle. Allerdings können Sie sich als Anwält:innen Ihre Mandant:innen, Kolleg:innen, Vorgesetze oder Kooperationspartner:innen nicht immer aussuchen. Vielmehr werden Sie auf Veranstaltungen, Branchentreffen oder Fachtagungen wie auch im eigenen (Kanzlei-)Umfeld auf unterschiedliche Persönlichkeitstypen treffen.

Auch wenn die DISG-Typologie mit Klischees und bewussten Überzeichnungen arbeitet, lassen sich doch bestimmte Vorlieben und Kombinationen ableiten: Extrovertierte Personen sind eher ein D- oder I-Typ, introvertierte ein S- oder G-Typ. An Beziehungen orientierte und damit am Austausch mit anderen interessierte Menschen sind I- oder S-Typen, an der Sache und damit auf Zahlen, Daten, Fakten fokussierte D- und G-Typen. Anhand dieses Modells wird deutlich, welche Motive die vier Grundtypen antreiben.

Um erfolgreich zu netzwerken, lohnt es sich, das Bewusstsein für die Stärken, Bedürfnisse sowie Verhaltensbesonderheiten der anderen zu schärfen und das individuelle Verhalten – abhängig von der eigenen Ausprägung und der des Gegenübers – bewusst zu gestalten: entweder mehr Zurückhaltung oder mehr Offensive. 

Schließlich können Anwält:innen durch ein besseres Verständnis der Persönlichkeitstypen beim Kontaktknüpfen und -management entsprechend von den anderen Stilen profitieren. Das lohnt sich – denn nicht selten werden Jobs über "Vitamin B" vergeben. 

Dr. Anja Schäfer ist Anwältin und unterstützt als Karrierementorin Juristinnen in puncto Netzwerkaufbau, Selbstmarketing und Sichtbarkeit als Expertin. Sie spricht über diese Themen regelmäßig in ihrem "Juristinnen machen Karriere! … Podcast"  und veranstaltet deutschlandweit und virtuell "Juristinnen netzwerken …-Events".
 

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