Didaktik für Juristen

Tipps für den Fach­vor­trag für Anwälte

Gastbeitrag von Dr. Anja SchäferLesedauer: 6 Minuten

Ein guter Fachvortrag eines Anwalts ist Werbung in eigener Sache. Was gibt es dabei in Bezug auf Inhalt, Struktur und Vorbereitung zu beachten? Anja Schäfer gibt Tipps, wie Sie Mandanten und Vorgesetzte überzeugen.

Mit jedem Fachvortrag bringen Sie sich als Anwältin oder Anwalt ins Spiel und steuern aktiv Ihr Image, dass Sie vor allem bei Mandant:innen, Kolleg:innen und Vorgesetzten, aber auch bei Kooperationspartner:innen oder den Medien aufbauen wollen.

Doch ein gelungener Auftritt verlangt eine optimale Vorbereitung, und zwar in thematisch-inhaltlicher und in didaktischer Hinsicht. Folglich können Sie sich nicht (mehr) nur auf die Vermittlung von Fachwissen und den Einblick in Ihre Berufspraxis fokussieren. Teilnehmende juristischer Fachseminare wie auch Studierende verlangen heute zusätzlich eine ansprechende "Verpackung" und einen hohen Lerneffekt. Es gilt daher, stets auch die Perspektive Ihres Publikums ein- und damit die zu erlernenden Kompetenzen in die Vortragsvorbereitung einzuschließen.

Erfahren Sie im Folgenden, wie Sie die Planung eines juristischen Vortrags aus didaktischer Sicht angehen können – und wie Ihnen die Umsetzung im Einzelfall gelingt.

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1. Definieren Sie das Ziel Ihres Vortrags

Präsentationen scheitern nicht deshalb, weil die Vortragenden langweilig oder die Zuhörer:innen nicht interessiert sind. Das Manko ist meist das fehlende Ziel und die sich daraus ergebende Ergebnislosigkeit.

Sorgen Sie daher dafür, dass die Menschen, die Ihnen zuhören, den Raum nicht ohne einen bleibenden positiven Eindruck verlassen. Definieren Sie vorab das Ziel Ihres Vortrags und unterliegen Sie nicht dem Irrtum, dass das Thema gleichzeitig auch das Ziel sei.

Bei einer Kanzleipräsentation wollen Sie je nach Publikum und Anlass unterschiedliche Ziele erreichen, etwa Mandant:innen gewinnen, Interesse bei Bewerber:innen wecken oder Einblicke in Ihre Berufspraxis gewähren.

Mit einem Vortrag über ausgewählte Leitentscheidungen in puncto Umweltstraftaten wollen Sie bspw. diese Thematik in das Bewusstsein der Geschäftsleitung Ihrer Mandantschaft rücken und notwendige Entscheidungen vorbereiten – oder aber Ihre "Studierenden" auf die Schwerpunkte einer Fachanwaltsklausur vorbereiten.

Überlegen Sie sich daher vorher genau, welches Wissen oder welche Standpunkte Sie vermitteln möchten und welche Schlussfolgerungen Sie bei Ihren Zuhörer:innen erreichen wollen. Mit anderen Worten: Was soll Ihr Publikum nach Ihrem Beitrag wissen, tun oder im Einzelfall auch unterlassen?

Als Präsentator:in nehmen Sie Ihre Zuhörerschaft mit auf den Weg zum Ziel. Deshalb empfiehlt es sich aus didaktischen Gründen, zu Beginn des Vortrags Ihre Ziele darzustellen. Je konkreter Sie diese – nicht nur für sich selbst – formulieren, umso strukturierter lässt sich der weitere Vortragsinhalt planen, vorbereiten und später auch präsentieren.

2. Schaffen Sie ein "lernfreundliches" Umfeld

Es ist nicht einfach, die Zuhörer:innen mit juristischen Themen zu gewinnen, besonders dann, wenn diese selbst keine Jurist:innen sind. Bereits Martin Heidegger sagte: "Lehren ist schwerer als Lernen, weil Lehren heißt: Lehren lassen."

Machen Sie sich daher bewusst, dass es vor allem auf Sie als Dozent:in ankommt. Nehmen Sie eine aktive Rolle ein und legen Sie den Fokus auf ein lernfreundliches Umfeld.

Beginnen Sie Ihre Ausführungen damit, dass Sie am Anfang kurz die Vortragsagenda erläutern. Beschreiben Sie den Teilnehmer:innen, welche konkreten Fach- und/oder Methodenkompetenzen sie durch Ihren Vortrag erlernen werden.

Führen Sie anschließend in das Thema ein, wobei Sie bewusst einen Bezug zu möglichem – nicht nur juristischem – Vorwissen herstellen. Auf diese Weise wecken Sie nicht nur das Interesse Ihrer Zuhörer:innen, sondern nutzen aus, dass das Gehirn neue Informationen deutlich leichter verarbeitet, wenn sich diese mit bereits vorhandenen in Verbindung bringen lassen.

Zeigen Sie die praktische Relevanz Ihres Themas anhand konkreter eigener Fallbeispiele oder ausgewählter Leitentscheidungen. Stellen Sie die Schlüsselbegriffe und wesentliche Inhalte nicht nur in einen größeren (Lern-)Zusammenhang, sondern stets auch in den Bezug zur Praxis. Auf diese Weise können Sie auch Teilnehmer:innen erreichen, deren Bezug wie auch Vorwissen zu Ihrem Thema unterschiedlich ist.

3. Nehmen Sie Ihr Publikum mit

Sie sollten auch immer Ihr Publikum im Blick haben und mit diesem interagieren. Planen Sie regelmäßig einen Methodenwechsel ein. Denn einem reinen Vortrag kann nur etwa 10 bis 20 Minuten gefolgt werden.  

Mit zunehmendem Zeitablauf verringert sich die Informationsaufnahme immer mehr. Selbst bei häufigem Wechsel der Methoden ist die Aufmerksamkeit Ihrer Zuhörerschaft spätestens nach etwa 60 Minuten erschöpft.

Lassen Sie es jedoch nicht so weit kommen: Stellen Sie Fragen, die zum Nachdenken oder zum Austausch – auch in kleineren Gruppen – anregen. Planen Sie kurze, idealerweise mehrere (Rede-)Pausen – idealerweise etwa alle 20 Minuten – mit ein. Trinken Sie etwas, oder öffnen Sie kurz das Fenster. Bei längeren Vorträgen sollten Sie im Regelfall spätestens alle 45-60 Minuten eine Pause von mindestens fünf Minuten machen.

4. Stellen Sie sich auf verschiedene Lerntypen ein

Beachten Sie bei Ihrer Vortragsvorbereitung die unterschiedlichen Lerntypen, die Sie in Ihrem Publikum vorfinden können. Manche Menschen können sich konkrete Beispiele besser merken. Andere brauchen eine klare Systematik und Struktur. Wieder andere bevorzugen ein kommunikatives Umfeld und verstehen Zusammenhänge durch Diskussionen oder Interaktion. Rechnen Sie daher mit verschiedenen Lerntypen, wie visuellen, auditiven, haptisch-motorischen oder kommunikativen Typen, oder auch Mischformen.

Dies macht einzelne Vortragsthemen für Dozent:innen besonders herausfordernd. Sofern Sie etwa in Ihren Vorträgen beispielhaft Literaturempfehlungen geben, erwähnen Sie nicht nur die einzelnen Werke. Wann immer es Ihnen möglich ist, bringen Sie das jeweilige Buch mit. Zeigen Sie alternativ das Buch-Cover in Ihrer Präsentation und lassen Sie die Teilnehmer:innen einen Blick in das Buch werfen. Visuell oder haptisch-motorische Zuhörer:innen werden sich auf diese Weise von Ihrem Vortrag mehr angesprochen fühlen.

Achten Sie daher bewusst darauf, Ihre Präsentation so zu gestalten, dass grundsätzlich mehrere Sinne und Wahrnehmungskanäle Ihrer ZuhörerInnen beteiligt sind – so wird der Lernerfolg nachhaltiger sein.

5. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Vortrag in Erinnerung bleibt

Erläutern Sie Ihre Inhalte nicht nur durch Zahlen, Daten und Fakten, sondern nutzen Sie stets auch den sog. Bildüberlegenheitseffekt und damit die positiven Folgen von Visualisierungen. Bieten Sie Bilder, etwa Fotos, Grafiken und Diagramme bzw. Übersichten in Form von Mindmaps. Verwenden Sie bildhafte Vergleiche, Metaphern oder praktische Beispiele, die in den Köpfen Ihrer Zuhörer:innen entsprechende Bilder hervorrufen. Machen Sie sich dabei bewusst, dass das Gehirn zwischen einem Bild, welches man direkt vor Augen hat und einem Bild, das im Kopf entsteht, nicht unterscheidet.

Auch wenn das Erinnerungsvermögen des Publikums im Verlauf stetig abnimmt, der Inhalt Ihrer Präsentation bleibt durch eine entsprechende Visualisierung leichter und länger erinnerbar. Informationen, die gemeinsam mit oder in einem Bild vermittelt werden, sind nach 72 Stunden noch etwa zu 65 Prozent im Kopf.

Im Falle eines "klassischen" Frontalvortrags verbleiben nur zehn Prozent – ein Grund mehr, seinen Umfang so gering wie möglich zu halten.  

6. Agieren Sie nach der Devise: "Weniger ist mehr"

Bei Ihrer Präsentation geht es nicht darum, zu zeigen, was Sie alles wissen, sondern sich auf den Stoff zu konzentrieren, den Ihr Publikum mindestens mitnehmen sollte. Ganz im Sinne von "weniger Inhalt ist mehr" beginnen Sie Ihre Ausführungen im Rahmen eines Seminars oder eines Fachanwaltskurses zunächst mit dem Regelfall und nicht mit der Ausnahme. Es gilt die Regel „vom Leichten zum Schweren, vom Einfachen zum Komplexen“ – auch wenn es für Sie genau andersherum interessanter erscheint.

Auch wenn es im Einzelfall herausfordernd ist: Beschränken Sie Ihren fachlichen Inhalt und überfordern Sie Ihr Publikum nicht mit zu viel Detailwissen. Wiederholen Sie die wesentlichen Kernaussagen regelmäßig: Nach einer (kurzen) Pause sollten Sie nicht gleich im Stoff weitergehen, sondern den bisherigen Inhalt kurz zusammenfassen – am besten mit einem konkreten Bezug zur Praxis.

Um es mit den Worten des kürzlich verstorbenen Prof. Dr. Jan M. Eickelberg zu sagen, der sich für die didaktische Vermittlung juristischen Expert:innenwissens eingesetzt hat: "Wenn 100 Prozent der Studierenden 70 Prozent des Stoffes verstanden haben und anwenden können, ist dies ein größerer Erfolg, als wenn 100 Prozent des Stoffes nur von 30 Prozent der Studierenden verstanden werden.“ Dieser Ansporn wie Anspruch sollte auch für Ihre Präsentationen und Fachvorträge als Anwältin bzw. Anwalt gelten.

Der Artikel basiert u. a. auf dem Buch "Didaktik für Juristen" von Prof. Dr. Jan M. Eickelberg. Das Buch enthält weitergehende Nachweise zu den im Artikel genannten Zahlen und Studien.

Rechtsanwältin Dr. Anja Schäfer unterstützt und berät als Business Coach und Mentorin vorrangig Anwältinnen bei Fragen zur strategischen Ausrichtung, zur beruflichen und persönlichen Neu- und Umorientierung, zur Kommunikation im Kanzleiumfeld, zum Netzwerkaufbau sowie zur Sichtbarkeit als Expert:in im Netz (insbesondere auf LinkedIn). Zu diesen Themen veranstaltet sie regelmäßig Events, so bspw. unter dem Slogan "Als Expertin sichtbar" am 30. September 2022 das erste "Juristinnen netzwerken … BarCamp".

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