Mehr als nur quadratisch, praktisch, gut
Schwere Eichenmöbel, dunkle Tapeten, Regalreihen voller Ordner – oder ein luftiges Ambiente, helle Schränke, in denen die Akten verschwinden, ein großzügiger Empfangsraum? Wer eine Kanzlei zum ersten Mal betritt, hat direkt ein bestimmtes Gefühl: Strahlt das Büro Kompetenz, Vertrauen, Seriosität und Wertschätzung aus? Fühle ich mich willkommen und mit meinem Anliegen ernst genommen? Oft wird der erste Eindruck, den eine Kanzlei auf den Besucher macht, von Anwälten unterschätzt. Auch die Arbeitsatmosphäre kann sich mit dem Design eines Büros ändern. Gute Innenarchitekten schaffen es, mit geschickter Einrichtung genau das Image wiederzugeben, das die Kanzlei sich geben will. "Jede Kanzlei ist anders", weiß Innenarchitektin Yvonne Habermann. "Jede hat andere Mandanten und ein anderes Verständnis von guter Zusammenarbeit unter den Kollegen." Daher müsse man ein Bürogebäude immer individuell betrachten und das Design an den Kunden anpassen. Welche Funktionen sollen die einzelnen Räume haben? Welche Klientel bedient die Kanzlei? Wie kann sich die Marke und die Philosophie eines Büros im Design widerspiegeln? "Kopien von anderen Kanzleien sind nie sinnvoll", betont Habermann, jeder müsse seine eigene Note finden. Ihre Erfahrung: "Oft sind meine Auftraggeber eher bereit, Geld für den Kunden auszugeben als für sich selbst." Daher wird auf die Gestaltung der Räume, zu denen Mandanten Zutritt haben, meist besonders viel Wert gelegt.
Dynamisch und ungewöhnlich
Noch schöner für Mitarbeiter ist es natürlich, wenn auch ihre Arbeitsräume das gewisse Extra haben und sie dadurch die Wertschätzung ihres Arbeitgebers erfahren. Ein Beispiel für ein ganz besonderes Design ist die Kanzlei Kuka in Oberhausen. "Bisher hatten wir unsere Büroräume in einem Wohnhaus, das langsam verfallen wirkte", berichtet Inhaber Klaus Kuka. "Als wir umgezogen sind, wollte ich es frisch, schön und anders haben."So wie eben auch Klaus Kuka anders ist als viele seiner Kollegen, meint Heiner Kolde, Geschäftsführer des Architekturbüros bkp kolde kollegen GmbH aus Düsseldorf. Zusammen mit den Innenarchitekten entschied sich Klaus Kuka für das markante Grün, entlehnt aus dem Corporate Design der Kanzlei, als Grundfarbe, die sich an Decke, Fußboden und einigen Wänden und Möbeln wiederfindet. "Als Gegengewicht wurden abgerundete Elemente in einem warmen Holzton kombiniert", erklärt Kolde. "Das Design ist für eine Kanzlei sehr dynamisch und ungewöhnlich – aber trotzdem professionell." Die an Sprechblasen erinnernden Türschilder im Flur wurden mit persönlichen Leitsprüchen der Anwälte versehen – kommen neue Kollegen, verändern sich auch die Leitsprüche. So hat zum Beispiel Klaus Kuka als bekennender Fußballfan den Satz "You‘ll never walk alone" an seiner Tür stehen. "Ich habe das Gefühl, unsere Anwälte sind schon ein bisschen stolz auf unsere Räume", glaubt der Kanzleichef. "Und auch unsere Mandanten sind überrascht, wenn sie das erste Mal zu uns kommen – solch ein gewagtes Design sieht man halt selten in Kanzleien."
Manchmal hat man auch einfach Glück, und die Architektur des Gebäudes passt von Anfang an perfekt zu den eigenen Vorstellungen. So erging es Guido Lenné von der Anwaltskanzlei Lenné in Leverkusen. "Das Herz unseres Gebäudes ist so etwas wie eine große Glaskugel und sieht fast aus wie ein Ufo", beschreibt der Inhaber seine Geschäftsräume. "Mit ein bisschen Fantasie könnte man auch meinen, die Form des Gebäudes gleicht einer Heuschrecke. Das passt wiederum zu unserem Schwerpunkt Bankenrecht."
Die Betonwände im Inneren strahlen hingegen eine gewisse Härte aus, die ja im Anwaltsgeschäft durchaus erwünscht ist. "Vorher hatten wir eine normale Büroetage in einem Ärztehaus", berichtet Guido Lenné. "Dort hatte ich aufgrund der niedrigen Decken das Gefühl, gar nicht gut denken zu können. Das hat sich nun mit den höheren Decken und den offenen Glaswänden auf jeden Fall verändert."
Jeweils zwei Anwälte teilen sich ein Büro. "Das war auch so gewünscht, weil immer wieder mal jemand nicht da ist, wenn er zum Beispiel vor Gericht oder im Home Office ist. In diesen Fällen kann ihn dann der andere im Büro gut vertreten, weil er dank der Nähe über die Vorgänge Bescheid weiß." Aufgrund der Glaswände wissen auch die Kollegen aus den Nachbarbüros immer Bescheid, ob jemand gerade ansprechbar ist oder nicht.
Diskretion bei Mandantengesprächen
Nicht immer ist so viel Offenheit von den Anwälten erwünscht. Ado Nika, Partner der Kanzlei Pfefferle in Heilbronn, hat die Erfahrung gemacht, dass nicht alle von dem transparenten Gebäude der Kanzlei begeistert sind. Der Bau, in den die Anwälte 2012 eingezogen sind, ist aber auch etwas ganz Besonderes: Er besteht aus einem Glaskubus, der um einen Innenhof herum gebaut ist. Außen umarmt ein riesiges weißes Stahlgestänge den Glaskubus."Unsere Mitarbeiter waren vor dem Umzug in drei Altbauten auf insgesamt zehn Etagen verteilt. Es war Zeit, endlich alle zusammenzuführen", erklärt Ado Nika, der bei der Bauphase des markanten Gebäudes dabei war und seine Wünsche beim Innendesign äußern durfte. "Wir haben uns dem Grundsatz des Architekten – Transparenz nach außen und schwarz-weiße Gestaltung innen – angepasst." Bei der Möblierung hat die Kanzlei eigene Akzente gesetzt, etwa mit Hochstühlen in den Sozialbereichen oder mit Stühlen und Trennwänden, die in der Farbe des Unternehmenslogos gehalten sind.
Um Diskretion zu gewährleisten, haben die Besprechungsräume für die Mandanten keine Glaswände und können zusätzlich nach außen mit Jalousien verschlossen werden. "Unsere Mandanten empfinden die Architektur unserer Räumlichkeiten als edel, teilweise sogar luxuriös – was für diesen Landstrich eigentlich gar nicht üblich ist", sagt Ado Nika. "Wir fallen auf jeden Fall auf mit unserem Gebäude." Und darum geht es letztlich ja auch bei der Wahl des Designs: sich zum einen von der Masse der Kanzleien abheben und zum anderen eine Umgebung schaffen, in der sich Mandanten und Mitarbeiter gleichermaßen wohlfühlen. Mit den passenden Einrichtungsexperten dürfte dies gelingen.
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2018 M04 4
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