Juristinnen in Deutschland
Schon mal ganz oben angekommen
Was Jutta Wagner auf der Geburtstagsfeier einer älteren Kollegin hörte, klingt aus heutiger Sicht fast schon lustig: Die Gastgeberin, heute über 80 Jahre alt, hatte ihren Mann schon während des Jurastudiums kennengelernt. Doch erst fast 20 Jahre nach dem ersten Rendezvous, mit Ende 30, heirateten die beiden. Der Grund für das späte Liebesglück: Die Frau war als Anwältin tätig, liebte ihren Beruf und hatte Angst, dass ihr Mann ihn ihr nach der Hochzeit verbieten würde. Nach Paragraph 1356 des Bürgerlichen Gesetzbuches war das bis ins Jahr 1958 möglich. Der Ehemann, so das Gesetz, hatte in allen Dingen das "Letztentscheidungsrecht".
Jutta Wagner (© privat)
Geld, Prestige: Für viele Juristinnen weniger wichtig
Woran das liegt, versuchte eine Studie des Instituts für Freie Berufe Nürnberg unter Rechtsanwältinnen aus Ost- und Westdeutschland zu ergründen. Die Autoren fanden heraus, dass die beliebtesten Rechtsgebiete der Juristinnen weiterhin das Arbeits- und Familienrecht sind. Besonders letzteres könnte jedoch problematisch sein, glaubt auch Jutta Wagner: "Frauen haben eine gefährliche Neigung, sich auf Gebiete zu spezialisieren, die wenig Ansehen genießen und nicht sehr lukrativ sind."Katja Griese (© privat)
Die Großkanzlei als Sprungbrett für die Karriere
Für Katja Griese war die Zeit in der Großkanzlei jedoch ein Sprungbrett in ihren jetzigen Job. Die Anwältin arbeitet heute in einer mittelständischen Münchener Sozietät, schwerpunktmäßig im Bereich des Gewerblichen Rechtsschutzes und des Gesellschaftsrechts. "Die Arbeitszeiten in den großen Kanzleien sind zwar heftig, man bekommt aber einen Einblick in viele verschiedene Rechtsgebiete", sagt sie. Als sie vor gut zehn Jahren bei ihrer jetzigen Kanzlei begann, waren nur gut 10 Prozent der Partner Frauen. Heute ist es ein Drittel. Katja Griese ist seit 2005 eine von ihnen. Doch sie hat beobachtet: "Viele Frauen entscheiden sich kurz vor der Partnerschaft gegen den Beruf und für ein Kind." Damit stellen sie ihrer Karriere oft ein Bein, denn: "Man muss Einsatz zeigen und das geht von zuhause aus so nicht." Problematisch, so hat es auch die Studie herausgefunden, ist aber nicht nur die Vereinbarkeit des Berufs mit der Familie. Auch die Erwartungshaltung von Kollegen und Mandanten spielt oft eine Rolle: Fast drei Viertel der befragten Anwältinnen hatten es bereits erlebt, dass Klienten einen männlichen Rechtsvertreter bevorzugten. "Gerade bei jüngeren Juristinnen überlegen sich die Arbeitgeber daher meist genau, wie sie die Frau 'verkaufen'. Bei jungen Männern haben viele weniger Bauchschmerzen", so Jutta Wagner.Freche Kommentare über das "Frauengericht"
Maren Sütterlin-Müsse (© privat)
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2011 M11 3
Thema:
Justiz
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