Die erfolgsabhängige Vergütung des Syndikusrechtsanwalts

Berufs­recht­liche Grenzen für Ziel­ve­r­ein­ba­rungen

von Jochen SaalLesedauer: 5 Minuten
Für den Syndikusrechtsanwalt gilt das berufsrechtliche Verbot der erfolgsabhängigen Vergütung. Den endgültigen Abschied von variablen Vergütungsbestandteilen müssen sie dennoch nicht befürchten, meint Jochen Saal

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Das "Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung" ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Der "neue" Syndikusrechtsanwalt befindet sich nun seit rund neun Monaten im Praxistest. Die ersten Erfahrungen aus den Zulassungs- und Befreiungsverfahren bei den Rechtsanwaltskammern bzw. der Deutschen Rentenversicherung Bund zeigen, welche bei Inkrafttreten des Gesetzes noch rein theoretischen Fragestellungen sich nun in der Praxis als besonders relevant erweisen. 
Erwartungsgemäß steht dabei auch die Frage nach den rechtlichen Grenzen einer erfolgsabhängigen variablen Vergütung des Inhouse-Juristen im Fokus – auch für diese Berufsgruppe sind Zielvereinbarungen mit arbeitsleistungsbezogenen Sonderzahlungen allgegenwärtig. Derartige Zielvereinbarungen können – je nach Ausgestaltung – mit dem berufsrechtlichen Verbot der erfolgsabhängigen Vergütung in Konflikt geraten. 

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Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit

Für den Syndikusrechtsanwalt gelten gemäß § 46c Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) grundsätzlich die Vorschriften über Rechtsanwälte. Bereits in der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich klargestellt, dass auch das in § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO verankerte Verbot der erfolgsabhängigen Vergütung Anwendung findet. Danach sind insbesondere Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird, grundsätzlich unzulässig.
Das Verbot der erfolgsabhängigen Vergütung dient in erster Linie dem Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit. Es soll verhindert werden, dass der Rechtsanwalt den Ausgang einer von ihm betreuten Sache zu seiner "eigenen" wirtschaftlichen Angelegenheit macht und hierdurch die zur Wahrung der fachlichen Unabhängigkeit erforderliche kritische Distanz zum Anliegen seines Auftragsgebers verliert (Bundesverfassungsgericht, Beschl. v. 12.12.2006, Az. 1 BvR 2576/04). 
Darüber hinaus sollen auch die Auftraggeber des Rechtsanwalts vor einer Übervorteilung durch überhöhte Vergütungssätze geschützt und die prozessuale Waffengleichheit gewahrt werden. 
Inwieweit das Verbot angesichts dieser Schutzzwecke überhaupt für den Syndikusrechtsanwalt "passt", ist fraglich: Die kritische Distanz zum Arbeitgeber wird bei diesem Anwalt naturgemäß ohnehin deutlich geringer ausfallen, als es im üblichen Mandantenverhältnis eines niedergelassenen Rechtsanwalts der Fall ist. Zudem dürfte sich die Gefahr der Übervorteilung des Arbeitgebers beim Abschluss einer Zielvereinbarung in der Praxis wohl kaum jemals realisieren. 

Vorsicht bei unmittelbarem Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit

Welche Konstellationen der Gesetzgeber bei Anwendung des Verbots auf den Syndikusrechtsanwalt konkret vor Augen hatte, geht aus der Gesetzesbegründung bedauerlicherweise nicht hervor. Gleichwohl wird sich die Praxis zunächst auf die uneingeschränkte Geltung des Verbots auch für Syndikusrechtsanwälte einstellen müssen.
Wer nun den endgültigen Abschied von erfolgsabhängigen variablen Vergütungsbestandteilen für Syndizi befürchtet, kann beruhigt sein: Die variable Vergütung bleibt auch weiterhin möglich. Allerdings muss bei der Festlegung der Bemessungsfaktoren stets das Verbot des 49b Abs. 2 S. 1 BRAO im Auge behalten werden.
Problematisch wird die Vereinbarung solcher Ziele sein, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts stehen. So dürfte es etwa unzulässig sein, die variable Vergütung an den erfolgreichen Abschluss von Vertragsverhandlungen – beispielsweise zu einer Betriebsvereinbarung – zu knüpfen, an denen dieser Jurist maßgeblich beteiligt ist.
Ebenso dürfte ein Verstoß gegen das Verbot vorliegen, wenn die variable Vergütung vom Ausgang eines vom Syndikusrechtsanwalt betreuten gerichtlichen, außergerichtlichen oder behördlichen Verfahrens abhängig gemacht wird. Die Verknüpfung der variablen Vergütung mit dem Ausgang eines Verfahrens erscheint auch dann bedenklich, wenn der betreffende Anwalt dieses nicht selbst führt, sondern externe Rechtsanwälte mit der Verfahrensführung beauftragt. Denn selbst wenn der Syndikusrechtsanwalt in diesem Fall nur aus dem Hintergrund agiert, kann er durch die Art und Weise der Steuerung der externen Berater maßgeblichen Einfluss auf Verlauf und Ausgang des Verfahrens ausüben. 

 

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2/2: „Softskills“ und Unternehmenserfolg als Bemessungsfaktoren

Unproblematisch dürften hingegen solche leistungsabhängigen Bemessungsfaktoren sein, die offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der fachlichen Tätigkeit des Syndikus stehen. Nimmt dieser beispielsweise in geringem Umfang auch nichtanwaltliche Tätigkeiten wahr, kann eine daran anknüpfende Zielvereinbarung naturgemäß seine anwaltliche Unabhängigkeit nicht beeinflussen. Gleiches gilt für solche Ziele, die auf Softskills wie beispielsweise Teamfähigkeit, Mitarbeitermotivation etc. abstellen.
Ebenso wird eine variable Vergütung, deren Entstehung und Höhe vom Unternehmens- oder gar Konzernerfolg abhängt, in der Regel zulässig sein. Gleichwohl sind durchaus Sachverhalte denkbar, in denen die anwaltliche Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts – beispielsweise die Ausgestaltung und Verhandlung bestimmter Verträge inklusive Risikoeinschätzung – konkrete, bezifferbare Auswirkungen auf das Geschäftsergebnis zeitigt. Ob die Vereinbarung einer auf den Unternehmenserfolg abstellenden variablen Vergütung auch in derartigen Fällen problemlos möglich ist, erscheint zumindest fraglich. 

Geldbußen bisher im geringen vierstelligen Bereich

Der Verstoß gegen das Verbot der erfolgsabhängigen Vergütung führt zur Unwirksamkeit der entsprechenden Vergütungsvereinbarung. Um im Nachgang trotz voller Zielerreichung nicht mit leeren Händen dazustehen, ist der Syndikusrechtsanwalt mithin gut beraten, die Zielvereinbarung vor ihrem Abschluss einer kritischen Prüfung zu unterziehen. 
Ihm drohen darüber hinaus anwaltsgerichtliche Sanktionsmaßnahmen. In der Regel werden die Verstöße gegen das Verbot der erfolgsabhängigen Vergütung mit einem Verweis und/oder einer Geldbuße geahndet, wobei sich die verhängten Geldbußen in der Vergangenheit maximal im unteren vierstelligen Bereich bewegten.
Noch gravierender können die Folgen einer unzulässigen Vergütungsvereinbarung im Rahmen des Zulassungsverfahrens ausfallen. Gelangt die prüfende Rechtsanwaltskammer zu dem Schluss, die konkrete variable Vergütungsvereinbarung schaffe wirtschaftliche Anreize für den Syndikusrechtsanwalt in spe, die seine fachlich Unabhängigkeit beeinträchtigen, kann im schlimmsten Fall die Zulassung versagt werden. 
Dieser Aspekt sollte in der Praxis nicht unterschätzt werden. Die bisherigen Erfahrungen in Zulassungsverfahren zeigen, dass sich einzelne Rechtsanwaltskammern Zielvereinbarungen vorlegen lassen, um ihre Vereinbarkeit mit § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO zu untersuchen. Welchen Zielvereinbarungen die Kammern "grünes Licht" geben und welche sie als unvereinbar mit der fachlichen Unabhängigkeit ansehen werden, bleibt einstweilen abzuwarten. 
Der Autor Jochen Saal ist Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht im Düsseldorfer Büro der Kanzlei Kliemt & Vollstädt, einer der führenden auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzleien in Deutschland. Im Zusammenhang mit der Gesetzesnovelle zum Recht der Syndikusrechtsanwälte berät er sowohl Unternehmen als auch betroffene Syndizi bundesweit zu sämtlichen Fragen rund um das Thema "Syndikusrechtsanwalt".

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