Bekämpft Aktenberge und rettet Reptilien
Thorsten Deppner
Ist: Rechtsanwalt für Umweltrecht
Macht: Darauf achten, dass Behörden umweltrechtliche Standards einhalten – und natürlich Reptilien retten
Vorher: Vier Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Freiburg bei Prof. Dr. Andreas Voßkuhle, Referendariat beim Kammergericht
Studium: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und University of Sydney
Freut sich besonders: Wenn er vor dem OVG Berlin-Brandenburg zusammen mit Umweltverbänden gegen Tesla gewinnt.
Was machen Sie beruflich?
"Rechtsanwalt für Umweltrecht" ist mehr als nur eine Beschreibung meines Tätigkeitsschwerpunkts. Ich trete dafür ein, umweltrechtlicher Regelungen konsequent umzusetzen und weiterzuentwickeln, zugunsten eines besseren Umweltschutzes. Dabei arbeite ich meist an der Seite von Umweltschutzorganisationen oder in Bürger:inneninitiativen.
Was mögen Sie an Ihrem Job am liebsten?
Mir jedenfalls einreden zu können, auf der "richtigen Seite" zu stehen und mit meinem Wissen und Können etwas Sinnstiftendes zu tun. Und das gelingt zum Glück auch immer wieder.
Und was mögen Sie nicht?
Wenn ich den Eindruck habe, mich in Auseinandersetzungen um Einzelfälle aufzureiben und auf die großen politischen Entscheidungen dann doch keinen Einfluss nehmen zu können. Nach Hause zu fahren und Aktenberge auf dem Schreibtisch (und dem Büroboden) zu hinterlassen. Rechnungen schreiben.
"Manchmal Misstrauen auf beiden Seiten"
Wieviel Diplomatie ist gefragt?
Nicht alle Fälle bieten die Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung. Dort, wo solche Lösungen möglich erscheinen, ist die entscheidende Hürde, um mit Vorhabenträger:innen in konkrete Verhandlungen einzutreten, das gegenseitige Misstrauen – durchaus auch auf Seiten der eigenen Mandantinnen und Mandanten. Entscheidend sind hier oft kleine Schritte der Vertrauensbildung; hier finde ich mich dann häufig in der Rolle eines Vermittlers wieder. Das kann dann besonders gut gelingen, wenn auf der anderen Seite eine Kollegin oder ein Kollege berät, zu der oder dem man ein persönliches Vertrauensverhältnis entwickelt – und wenn die Gegenseite ernsthaftes Interesse an Verhandlungen hat.
Was muss man können – außer Jura?
Man braucht auch Empathie und Menschenkenntnis – und man sollte bei der Frage, ob man ein Mandat übernimmt oder nicht, durchaus auf dieses "Bauchgefühl" hören, damit es am Ende für alle gelingt. Ansonsten führt die Beschäftigung im Umweltrecht dazu, dass man quasi nebenbei Fortbildungen in Biologie, Anlagentechnik und Hydrogeologie macht, um nur ein paar Felder zu nennen ...
Welche Klischees erfüllen Sie - und welche nicht?
Ich bin ein notorischer Besserwisser und Perfektionist. Dafür komme ich im Kapuzenpulli ins Büro.
"Mein Highlight war das Tesla-Verfahren"
Was ist Ihr aktuelles Highlight?
Das berufliche Highlight des vergangenen Jahres war sicher der Erfolg vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Tesla-Verfahren. Dort ist es mir gemeinsam mit den brandenburgischen Umweltverbänden gelungen, einen Dammbruch beim Artenschutz zu verhindern.
Was machen Sie umsonst?
Die versammlungsrechtliche Unterstützung von Initiativen wie Ende Gelände und andere Klimaschutzinitiativen. Tatsächlich kann ich mir aber wegen der vergleichsweise niedrigen Stundensätze, die ich Umweltvereinigungen anbiete, keine größere pro-bono-Tätigkeit leisten. Das geht eben nur dann, wenn man es querfinanzieren kann. Glücklicherweise brauche ich aber auch keine Pro-bono-Mandate zur Gewissensberuhigung.
"Umweltverbände mit basisdemokratischen Strukturen sind wichtig"
Wo finden Sie Ihr Netzwerk?
Das Netzwerk "Umweltanwälte", das Berliner Forum Umweltrecht, der Republikanische Anwältinnen- und Anwaltsverein (RAV) und die jährliche Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht (GfU) sind für mich wichtige Anlaufpunkte.
Was wird sich in den nächsten zehn Jahren in Ihrer Branche ändern?
Durch die Ausweitung der Klagerechte von Umweltvereinigungen hat sich in den letzten Jahren viel getan und diese Entwicklung ist sicherlich noch nicht an ihrem Ende angelangt. Gleichzeitig gibt es neben den etablierten Umweltverbänden zunehmend "neue Player", seien es – teils politisch zweifelhafte – Anti-Windkraft-Initiativen, seien es Klimaschutz-Initiativen oder eher europäisch und international ausgerichtete Organisationen wie "Client Earth", die aus Großbritannien kommen und nun auch in Deutschland Fuß fassen. Ich beobachte und begleite das interessiert, aber auch durchaus mit einem kritischen Blick. Nach meiner Einschätzung ist die basisdemokratische Struktur und Verankerung der etablierten Umweltverbände in der Bevölkerung ein Gut, das es zu erhalten gilt. Nicht alle der neuen Initiativen legen darauf in gleichem Maße Wert.
Vielen Dank!
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2021 M04 9
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