Wer einer Behörde eine Veränderung der persönlichen Verhältnisse, wie beispielsweise einen Umzug, mit einfachem Brief statt mit Einschreiben mitteilt, handelt grundsätzlich nicht grob fahrlässig. Das gilt auch dann, wenn die Mitteilung den Adressaten nicht erreicht.
Im zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger, dem eine Berufsausbildungsbeihilfe bewilligt wurde, einen Umzug mit einfachem Brief mitgeteilt. Die Arbeitsagentur hatte die Berufsausbildungsbeihilfe rückwirkend aufgehoben, da durch den Rückumzug in den Haushalt der Eltern kein Anspruch mehr darauf bestand. Eine rückwirkende Aufhebung wäre im konkreten Fall aber nur rechtmäßig gewesen, wenn der Kläger eine Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hätte (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X).
In dieser Konstellation lag, anders als von der Vorinstanz angenommen, keine grobe Fahrlässigkeit vor, da keine gesetzliche Verpflichtung zur Übersendung per Einschreiben oder in ähnlich gesicherter Weise bestand und auch die Arbeitsagentur regelmäßig Bescheide mit einfachem Brief übersandte.
Der junge Mann war auch nicht verpflichtet, sich zu erkundigen, ob das Schreiben angekommen war. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn zum Beispiel Anhaltspunkte für den fehlenden Zugang bestanden hätten.
Das Landessozialgericht (LSG) verpflichtete die Arbeitsagentur, die Aufhebung der Bewilligung wieder aufzuheben (Urt. v. 29.10.2010, Az. L 1 AL 49/09).
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LSG Rheinland-Pfalz: . In: Legal Tribune Online, 08.01.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2298 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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