Die Sozialdemokratin: Birgit Sippel
1960 in Bochum geboren, 2009 von der Regional- in die Europapolitik gewechselt will Birgit Sippel dort bleiben. Die Arbeit in Brüssel und Straßburg habe ihren Blickwinkel erweitert. Außerdem hat sie noch einiges vor.
Sippel ist keine Juristin. Am Anfang ihrer Tätigkeit als Rechtspolitikerin im Europaparlament bedeutete das für sie: lesen, lesen, lesen. "Das war schon schwierig, ich musste mich erst einmal einarbeiten." Am Ende sei vieles aber doch eher eine politische Frage als eine juristische. "Rechtlich unumstößlich ist weniger als man denkt."
"EU muss Regeln zur Prozesskostenhilfe angehen"
Als "Metallerin" sei ihr klar gewesen, dass sie im Europaparlament auf jeden Fall im Beschäftigungsausschuss sitzen wollte. Auslöser dafür, dass als weiteres Tätigkeitsfeld dann die Bürgerrechte hinzukamen, war für Sippel die Diskussion um die Videoüberwachung am Arbeitsplatz. Und der Datenschutz wurde ja tatsächlich zum bestimmenden Thema im LIBE-Ausschuss, dem Sippel wie auch ihr Kollege Voss von der CDU angehörte.
Dass es das Europaparlament geschafft hat, sich trotz der unterschiedlichen Ansätze der Abgeordneten und Fraktionen auf eine gemeinsamen Beschluss zur Datenschutzreform zu einigen, findet sie bemerkenswert. Es ärgert sie deshalb auch besonders, dass die Mitgliedstaaten im Rat immer noch keine gemeinsame Position gefunden haben.
Sippel war außerdem Berichterstatterin des Parlaments, als es um die Belehrung von Beschuldigten in Strafverfahren ging. Auf die fertige Richtlinie ist sie daher auch persönlich stolz. "Beschuldigte müssen nicht nur über ihre Rechte informiert werden, das Ganze muss auch schriftlich geschehen und zwar in ihrer eigenen Sprache." Mindestens genauso wichtig sei, dass die EU das Recht auf einen Anwalt beschlossen habe.
Aber was nutzt das Recht auf einen Anwalt, wenn man diesen nicht bezahlen kann? Die weiteren Vorschläge der Kommission zur Prozesskostenhilfe und dem Schutz Minderjähriger in Strafverfahren müssten jetzt noch beraten werden. "Das wird uns noch eine Weile begleiten."
"Wir brauchen eine Einwanderungspolitik"
Sippel hofft außerdem, dass sich das Parlament in den kommenden Jahren die Einwanderungspolitik vornehmen wird. "Das Asylpaket hat noch einige Fragen offen gelassen. Wir müssen nicht nur darauf achten, dass die Mitgliedstaaten die beschlossenen Richtlinien nun umsetzen. Wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, wie wir mit Armutsflüchtlingen umgehen."
Allein mit dem Asylrecht sei nicht in den Griff zu kriegen, dass sich immer mehr Menschen auf den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer machten. "Wir brauchen eine Einwanderungspolitik. Menschen müssen sich legal aus wirtschaftlichen Gründen auf den Weg nach Europa machen dürfen."
Die Voraussetzungen dafür müsse die EU schaffen. Es sei doch paradox, dass wir auf der einen Seite Menschen zurück nach Afrika schicken und uns auf der anderen Seite auf den Weg nach China machen, um Arbeitskräfte zu finden. "Ich habe den Eindruck, dass allen klar ist, dass da etwas passieren muss. Nur was, darüber müssen wir uns noch einigen."
Europapolitik öffnet den Blick
Die SPD-Politikerin kommt aus der Regionalpolitik. Zehn Jahre saß sie im Rat der Stadt Arnsberg im Sauerland. Dort sei ihr Europa bereits häufig begegnet, meist immer dann, wenn es darum ging, Projektmittel zu beantragen. Das weckte ihr Interesse. Also kandidierte sie bei der Europawahl und schaffte es 2009 im zweiten Anlauf ins Parlament.
Zurück will Sippel nicht. Zwar findet sie auch die Kommunalpolitik spannend, auf eine andere Art als die Europapolitik "man hat engeren Kontakt zu den Menschen"; auf den offenen Blick, den ihr die Arbeit mit den Kollegen aus anderen EU-Ländern gebracht hat, möchte sie aber nicht verzichten.
"Im Stadtrat vertritt man in der Regel eben die SPD-Linie, ohne das groß in Frage zu stellen." Im Europaparlament sei man plötzlich damit konfrontiert, dass auch Fraktionskollegen bestimmte Positionen nicht zwangsläufig teilten, weil in ihrem Heimatland andere Rahmenbedingungen herrschen. "Da muss man dann nochmal ganz anders für die eigene Position werben und argumentieren."