Recht in der Welt
IStGH – Jean-Pierre Bemba: Der frühere Vizepräsident des Kongo, Jean-Pierre Bemba, ist vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Bemba als Befehlshaber einer Miliz Plünderungen und Massenvergewaltigungen in der Zentralafrikanischen Republik verantwortet hatte, schreibt die SZ (Tobias Zick). Das Gerichts habe erstmals auch den Einsatz von sexueller Gewalt als Kriegswaffe geahndet. Nach dem Kommentar von Dominic Johnson (taz) müsse sich erst noch erweisen, ob das im Urteil angewendete Prinzip der Vorgesetztenverantwortlichkeit für die weitere Rechtsprechung geeignet sei. Im Völkerstrafprozess gegen ruandische Milizführer habe das Oberlandesgericht Stuttgart eine derartige "Tatverhinderungsmacht" nicht ausmachen können.
Russland/Ukraine – Nadja Sawtschenko: Ein Gericht in der russischen Stadt Donezk hat die ukrainische Pilotin Nadja Sawtschenko wegen Mordes zweier russischer Journalisten in der Ostukraine verurteilt. Die Verkündung des Strafmaßes werde für den heutigen Dienstag erwartet, schreiben SZ (Julian Hans) und taz (Bernhard Clasen). Das Gericht habe es als erwiesen angesehen, dass Sawtschenko ukrainischen Streitkräften den Aufenthaltsort der durch Granatbeschuss Getöteten übermittelt habe. Im Kommentar von Reinhard Veser (FAZ) ging es im Verfahren "nicht um die Wahrheit, sondern um politische Signale und Propaganda". In diesem Sinne würde ausländische Kritik an der Entscheidung in offiziösen Medien als Beleg angeführt, "dass es der Westen mit den Mördern halte". Nach Julian Hans (SZ) verfolgte der Prozess auch die Absicht, das illegitime Vorgehen der russischen Politik gegenüber dem ukrainischen Nachbarn zu legitimieren. Auch als Verurteilte sei Sawtschenko eine Geisel Wladimir Putins, der einen möglichen Austausch zu eigenen Bedingungen diktieren könne.
Frankreich – Staatsbürgerschaftsentzug: Der in Belgien festgenommene mutmaßliche Terrorhelfer Salah Abdeslam muss nach Bericht der FAZ (Michaela Wiegel) nicht mit dem Entzug seiner französischen Staatsbürgerschaft rechnen. Nach Bedenken zahlreicher Senatsmitglieder sehe ein diesbezüglicher Regierungsentwurf die Sanktion jetzt nur für Betroffene mit mehreren Staatsbürgerschaften vor. Eine endgültige Fassung müsse im Vermittlungsausschuss zwischen Senat und Nationalversammlung erarbeitet werden. Günther Nonnenmacher (FAZ) bezeichnet die Frage als "symbolische Diskussion". Der Ausweisung sowohl von Staatenlosen als auch den Inhabern zweiter Pässe stünden häufig praktische Schwierigkeiten entgegen. Das Staatsangehörigkeitsrecht eigne sich nicht "zur Eindämmung des Dschihadismus und seiner barbarischen Anschläge", die Maßnahme diene "der Rache, nicht der Strafe".
Dänemark – Menschenschmuggel: Ein dänisches Ehepaar nahm im vergangenen Sommer eine syrische Flüchtlingsfamilie auf der Autobahn mit und beköstigte diese zudem mit einer Tasse Tee. Wegen Verstoßes gegen eine ausländerrechtliche Bestimmung gegen Menschenschmuggel ist das Ehepaar nun zu einer Geldbuße verurteilt worden, berichtet die taz (Reinhard Wolff).
Türkei – Journalist: Die SZ (Mike Szymanski) interviewt in ihrem Medien-Teil Can Dündar. Der Chefredakteur der türkischen Tageszeitung Cumhuriyet muss sich ab dem kommenden Freitag wegen Spionage- und Terrorvorwürfen vor Gericht verteidigen. Seine Zeitung hatte über Waffenlieferung der Türkei an Islamisten in Syrien berichtet.
USA – Krypto-Krieg: Als einen "Krieg der Supermächte" beschreibt die SZ (Jörg Häntzschel) im Feuilleton die anhaltenden Auseinandersetzungen US-amerikanischer Ermittler und dem Apple-Konzern über die zugriffssichere Verschlüsselung seiner Geräte. Am heutigen Dienstag verhandelt ein Bundesgericht in Kalifornien zum Antrag Apples, einen Gerichtsbeschluss, der das Unternehmen verpflichtet, dass vom Attentäter von San Bernardino benutzte Telefon zu entschlüsseln, aufheben zu lassen. Apple argumentiere dabei, dass der von ihm verwendete Software-Code dem Recht auf freie Meinungsäußerung unterfalle und damit dem Zugriff der Regierung entzogen sei.
Sonstiges
DFB/Franz Beckenbauer: Ab dem kommenden Dienstag ist Franz Beckenbauer vor die Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle (ÖRA) der Hansestadt Hamburg geladen. Nach dem Bericht der SZ (Hans Leyendecker/Klaus Ott) sollen er und andere Mitglieder des Organisationskomitees der Fußball-WM 2006 dort auf Antrag des DFB erklären, ob eine Bereitschaft zur Leistung von Schadensersatz in Höhe von knapp acht Millionen Euro bestehe. Der beim ÖRA gestellte Antrag auf Einleitung eines Güteverfahrens diene nach Ansicht der Geladenen allein der Verhinderung der Verjährung möglicher Ersatzansprüche. Es gelte als ausgeschlossen, dass die Geladenen erscheinen.
Dieter Reuter: In einem Nachruf würdigt die FAZ (Peter Rawert) im Feuilleton des Blattes den in der vergangenen Woche verstorbenen Rechtsprofessor Dieter Reuter als "Doyen des Stiftungsrechts".
Das Letzte zum Schluss
Bier mit Schuss: Verkehrsverstöße unter Einfluss von Alkohol fordern Erwischte zu den buntesten Erklärungsversuchen heraus. So auch in einem Berliner Fall, über den verkehrsrecht.com (Alexander Gratz) berichtet. Nach einem Rotlichtverstoß und anschließend festgestellter Atemalkoholkonzentration von 0,35 mg/l machte der dort Betroffene geltend, in einer Gaststätte zwar ein alkoholfreies Bier bestellt, aber offenbar ein Alkoholhaltiges bekommen zu haben. Vor dem Amtsgericht erreichte er eine Reduzierung seines Bußgeldbescheides, wegen Darstellungsmängeln des Urteils hob das Kammergericht die Entscheidung nun jedoch auf.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 22. März 2016: . In: Legal Tribune Online, 22.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18845 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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