Die juristische Presseschau vom 30. Juni 2011: Kompromiss im Anti-Terror-Streit – Kraftakt beim Atomausstieg – Klagen gegen Flugsicherung

30.06.2011

Schon zweimal befristet, nun erneut verlängert: die Koalition hat sich nach langem Streit um die Anti-Terror-Gesetze auf einen Kompromiss geeinigt. Außerdem in der Presseschau: das Gesetzespaket zum Atomausstieg  die Schließung der City BKK mit ihren rechtlichen Folgen und vieles andere.

Anti-Terror-Gesetze: Innenminister Hans-Peter Friedrich und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger haben sich auf die Verlängerung einiger   Anti-Terror-Gesetze geeinigt. Die FAZ (Peter Carstens) gibt einen Überblick über die Vereinbarung und die Kritik der Opposition.

Die SZ (Heribert Prantl) beleuchtet den vorangegangenen Konflikt und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze sei ein "Kompromiss", bei der Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung gebe es allerdings weiter "keinerlei Annäherung". In einem Kommentar bemerkt Prantl zur Befristung der Gesetze: "Entweder sie sind notwendig und gut, dann braucht man sie nicht zu befristen; oder sie sind schlecht, dann braucht man diese Gesetze gar nicht, auch nicht befristet."

Das Handelsblatt (Heike Anger und Barbara Gillmann) führt ein Gespräch mit der Justizministerin. Darin sagt Leutheusser-Schnarrenberger: "Bei einem Kompromiss müssen sich beide Seiten wiederfinden. Jeder allein hätte es sicher anders gemacht."

Weitere Themen – Rechtspolitik

Energiewende: Der Bundestag will heute den Atomausstieg beschließen. Die FAZ stellt auf einer Doppelseite die umfassenden Gesetzesänderungen zusammen: die Energiewende sei "nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein gesetzgeberischer Kraftakt". Dagegen wirft spiegel.de die Frage auf, ob es "eine Hintertür" für den Ausstieg gibt. Einer Expertise des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zufolge müsse für eine unumkehrbare Entscheidung das Grundgesetz geändert werden. Die taz (Hannes Koch) befasst sich insbesondere mit dem "Gesetz zur Beschleunigung des Netzausbaus". Beim Bau neuer Stromleitungen sei mit Bürgerprotesten zu rechnen.

Wahlrecht: Die vom Bundesverfassungsgericht vorgesehene Frist zur Änderung des Wahlrechts läuft heute ab. Zugleich will der Bundestag erstmalig den Gesetzentwurf der Bundesregierung beraten. Die FAZ (Stephan Löwenstein) schildert das Vorhaben der Koalition und den Widerstand von SPD und Grünen.

Euro-Krise: Am kommenden Dienstag verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die Griechenland-Hilfen und den Euro-Rettungsschirm. Im Vorfeld berichtet die FAZ (Reinhard Müller). Auf der Seite "Staat und Recht" diskutieren die Europarechtler Christian Calliess und Frank Schorkopf über die Finanzhilfen der EU für verschuldete Mitgliedstaaten und die Rolle der Karlsruher Richter.

Weitere Themen - Justiz

Aschewolke: Air Berlin und Condor klagen gegen die Deutsche Flugsicherung, das berichtet spiegel.de. Die Fluggesellschaften wollen prüfen lassen, ob das im Mai wegen einer Aschewolke verhängte Flugverbot rechtmäßig war. Nach Angaben der FTD (Jennifer Lachman) weist die Flugsicherung die Verantwortung von sich. Sie habe lediglich auf Anweisung des Bundesverkehrsministeriums gehandelt.

City BKK: Nachdem das Berliner Sozialgericht die insolvente Krankenkasse City BKK zur Rückzahlung von Zusatzbeiträgen verurteilt hat, äußern sich weitere Kassen auf Anfrage des Handelsblatts (Thomas Schmitt, Peter Thelen). Sie befürchten keine Prozessflut, weil sie ihre Mitglieder ausreichend über ihr Sonderkündigungsrecht informiert hätten. Die FTD (Ulf Brychzy) befasst sich derweil mit dem Schicksal der etwa 35.000 Mitglieder, die noch keine neue Krankenversicherung haben. Dazu wird der Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Bundesverband, Stefan Etgeton, mit den Worten zitiert: "Wer sein Wahlrecht nicht gebraucht, muss hinnehmen, dass er zugewiesen wird."

Elterngeld: Das Bundesverfassungsgericht hat die Berechnung des Elterngeldes bestätigt. Das Urteil erläutert taz.de (Christian Rath). Demnach ist es nicht verfassungswidrig, wenn Mütter nur den Mindestsatz erhalten, weil sie wegen der Betreuung älterer Kinder bereits länger nicht mehr berufstätig waren.

Handy-Überwachung Dresden: Der sächsische Landtag hat gestern über die umfangreiche polizeiliche Erfassung von Handyverbindungen bei einer Demonstration in Dresden diskutiert. Die FAZ (Peter Schilder) zeichnet die Debatte nach. Umstritten sei vor allem die Frage, ob auch Telefongespräche abgehört worden seien. Die taz (Michael Bartsch und Paul Wrusch) ist sich sicher, dass dem so war und bezieht sich dabei auf eine ihr vorliegende Ermittlungsakte.

E-Akte: Das Bundesjustizministerium hat gestern ein Symposium zur Einführung der elektronischen Akte im Strafrecht veranstaltet. Der Strafverteidiger Uwe Vetter (lawblog.de) hat daran teilgenommen und Auszüge aus seinem dort vorgetragenen Statement veröffentlicht. Darin erörtert er Vorteile und die mögliche Umsetzung und spricht sich zusammenfassend "uneingeschränkt pro E-Akte" aus.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Bank of America: Nach unsauberen Hypothekengeschäften hat sich die Bank of America mit einer Gruppe von 22 Investoren auf einen Vergleich geeinigt. Nach einem Bericht der FAZ (Norbert Kuls) erhalten die Anleger, darunter auch die Bayerische Landesbank und die Landesbank Baden-Württemberg, 8,5 Milliarden Dollar Schadensersatz. Das Handelsblatt porträtiert die Anwältin der Investoren, Kathy Patrick, als einen "Pitbull mit sanften Zügen".

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. Juni 2011: . In: Legal Tribune Online, 30.06.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3630 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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