Die AGBs von Versicherungen sollten die Rechtslage korrekt wiedergeben, findet der Bundesgerichtshof, und verkündete gestern ein verbraucherfreundliches Urteil. Außerdem in der Presseschau: rechtspolitische Diskussionen rund um die Trojaner-Überwachung, der arbeitsrechtliche Prozess gegen einen saudischen Diplomaten und vieles andere.
BGH zu Versicherungs-AGB: Der Bundesgerichtshof zeigte keine Nachsicht mit Versicherungen, die Änderungen im Versicherungsvertragsrecht nicht in ihren AGBs nachvollzogen haben. Das berichten unter anderem die SZ (Wolfgang Janisch) und focus.de. Früher konnten Versicherungen den Ersatz des Schadens völlig ausschließen, wenn der Versicherte seine Obliegenheiten grob fahrlässig verletzte. 2008 wurde jedoch das Versicherungsvertragsgesetz reformiert und in solchen Fällen nur noch eine anteilsweise Leistungsverweigerung zugelassen. Wie der BGH jetzt entschied, sind bei Versicherungen, die die neue Regelung nicht in ihre AGB umgesetzt haben, die entsprechenden Klauseln unwirksam. An die Verletzung von Obliegenheiten können in diesen Fällen deshalb gar keine Einschränkungen der Versicherungsleistung mehr geknüpft werden.
Quellen-TKÜ: Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar fordert eine klare Regelung der Quellen-Telekommunikationsüberwachung in der Strafprozessordnung, berichtet die SZ (Susanne Höll – ähnlicher Artikel auf sueddeutsche.de). Dort sollten "die genauen Bedingungen für diese Form der Überwachung festgeschrieben werden". Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger lehnt im Interview mit spiegel.de (Severin Weiland) dagegen eine gesetzliche Regelung ab. An der Verwendung verfassungswidriger Software könne der Gesetzgeber nichts ändern. Sie schlägt vor, dass Überwachungs-Software ein Zertifikat darüber erhalten könnte, dass sie sich im gesetzlichen Rahmen bewegt. Dies könne Richtern helfen.
Kai Biermann (zeit.de) sieht den Trojaner-Skandal als Beleg dafür, dass der Richtervorbehalt in der Praxis oft leer laufe. Massimo Bognanni (zeit.de) kritisiert die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern, die von den Enthüllungen des Chaos Computer Clubs am Wochenende kalt erwischt worden seien.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Vorschlag für EU-Kaufrecht: Die Pläne der EU-Kommission werden jetzt auch in einem Beitrag des Wissenschaftlers Christoph Busch für lto.de erläutert. Unternehmen müssten dann nur noch zwei Rechtsordnungen beachten: die nationale für Geschäfte im Inland und das EU-Kaufrecht für Geschäfte mit Kunden im Ausland. Das vorgeschlagene EU-Kaufrecht sei in einigen Punkten sogar verbraucherfreundlicher als das deutsche Recht, allerdings enthalte es auch Lücken, die für Unsicherheit sorgen könnten.
Chimärenforschung: In einem Beitrag für lto.de stellt der Anwalt Jürgen Robienski eine Stellungnahme des deutschen Ethikrats von Ende September vor. Darin werden strengere Regelungen im Embryonenschutzgesetz für Kreuzungen zwischen Mensch und Tier gefordert, die im Labor zu Forschungszwecken erzeugt werden. "Kein Mensch-Tier-Mischwesen soll auf eine Gebärmutter, egal ob tierisch oder menschlich, übertragen werden und sich zu einem lebenden Wesen entwickeln können", heißt es unter anderem.
Weitere Themen – Justiz
BVerwG zur GEZ-Befreiung: Eine Studentin, die einen rückzahlbaren Studienkredit bekommt, muss nicht von den Rundfunkgebühren befreit werden. Das entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht zugunsten der Gebühreneinzugszentrale (GEZ), berichtet spiegel.de. Nur wer staatliche Sozialleistungen erhält, habe Anspruch auf Gebührenbefreiung.
LAG Köln zu EU-Betriebsrat: Der nicht konsultierte Europäische Betriebsrat einer Firmengruppe kann nicht vor deutschen Gerichten die Stillegung eines Betriebs in Spanien stoppen. Das entschied das Landesarbeitsgericht Köln laut blog.beck.de (Christian Rolfs). Das Gesetz sehe bei Verstößen gegen Unterrichtungspflichten nur Bußgelder vor.
OLG Celle zu Ernst-August-Anwalt: In einem Rechtstreit vor dem Landgericht Hildesheim hatte der damalige Anwalt von Welfenprinz Ernst-August eine nicht autorisierte Erklärung für seinen Mandant abgegeben. Diesen Sachverhalt erkannte jetzt das Oberlandesgericht Celle an, berichtet spiegel.de. Ernst-August habe jedoch keinen Anspruch auf Schadensersatz und Richtigstellung in der Presse.
Abgeordnetenklage wegen Auskunftsrecht: Die Linksfraktion im Bundestag hat eine Organklage gegen die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Das berichtet die SZ (Daniel Brössler). Moniert wird eine mangelhafte Auskunft über den Einsatz von Bundespolizisten bei einer Anti-Nazi-Demonstration in Dresden im Februar.
Arbeitsrechtsklage gegen Diplomat: Die taz (Manuela Heim) berichtet über einen Prozess am Landesarbeitsgericht Berlin. Dort klagte eine Hausangestellte, die ohne Lohn und unter Misshandlungen bei einem saudischen Diplomaten in Berlin gearbeitet hatte. Es geht um die Frage, ob der Diplomat durch seine Immunität vor der Klage geschützt ist und ob stattdessen die Bundesrepublik den etwaigen Schadensersatz übernehmen muss. Das Urteil soll am 9. November verkündet werden.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Kambodscha-Tribunal: Nun berichtet auch die FAZ (Petra Kolonko) über den Rücktritt des deutschen Richters Siegfried Blunk aus dem internationalen Kambodscha-Tribunal.
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lto/chr
Die juristische Presseschau vom 13. Oktober 2011: . In: Legal Tribune Online, 13.10.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4539 (abgerufen am: 12.11.2024 )
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