Die juristische Presseschau vom 19. bis 21. Oktober 2024: Arne Sems­rott ver­warnt / Sicher­heits­paket teil­weise gestoppt / beA-Verbot gegen­über Finanz­ämtern

21.10.2024

Arne Semsrott wurde wegen Verletzung von § 353d Nr. 3 StGB unter Vorbehalt verurteilt. Im Bundesrat erhielt ein Teil des Sicherheitspakets keine Zustimmung. Der Bundestag beschloss ein Verbot, das beA gegenüber Finanzämtern zu nutzen.

Thema des Tages

LG Berlin I zu § 353d StGB/Arne Semsrott: Das Landgericht Berlin I hat den Journalisten und Transparenzaktivisten Arne Semsrott am Freitag wegen der vorzeitigen Wortlautveröffentlichung von strafrechtlichen Gerichtsdokumenten schuldig gesprochen. Semsrott wurde aber nur nach § 59 StGB verwarnt. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 50 Euro behielt sich das Gericht vor. Es ging um Durchsuchungsbeschlüsse und TKÜ-Anordnungen gegen Mitglieder der Letzten Generation, die Semsrott auf der Plattform FragdenStaat.de publiziert hatte. Semsrott hat die Vorwürfe eingeräumt, will aber die Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Norm 353d Nr. 3 StGB klären lassen. Er hat deshalb angekündigt, Revision beim Bundesgerichtshof einzulegen und will bis vor das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen. Das Landgericht hielt § 353d StGB für verfassungskonform. In Zeiten von Social Media sei es "erst recht" erforderlich, wörtliche Zitate etwa aus Anklageschriften zu pönalisieren. Es berichten die Mo-taz (Johanna Treblin), Sa-SZ, Sa-FAZ, beck-aktuell und LTO (Felix W. Zimmermann)

Rechtspolitik

Sicherheitspaket: Der Bundestag hat am Freitag das so genannte "Sicherheitspaket" beschlossen. Die Länderkammer hat anschließend dann aber dem zustimmungsbedürftigen der beiden Gesetze – dem Gesetz zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung – die Zustimmung verweigert. Die Polizei sollte darin die Befugnis erhalten, Fahndungsfotos biometrisch mit Fotos aus dem Internet abzugleichen. Den CDU/CSU-regierten Ländern ging das Gesetz nicht weit genug. Bundestag und Bundesregierung können nun den Vermittlungsausschuss anrufen. Der Bundesrat ließ das zweite Gesetz passieren, in dem es um die Streichung von Sozialleistungen für Dublin-Flüchtlinge und Messerverbote ging. Sa-FAZ, Sa-SZ (Markus Balser/Nicolas Richter) und LTO berichten.

Kritisch zum Inhalt und zum Gesetzgebungsverfahren des Sicherheitspakets äußert sich Reinhard Müller (Sa-FAZ). Es sei ein Unding, dass die Koalition verhindert habe, einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zu Zurückweisungen an den deutschen Grenzen auch nur ins Plenum des Bundestags zu geben. Es gehe um die Grundlagen des Staates, um die Wahrung von Demokratie und Recht. Jeder Staat habe das Recht zur Selbstbehauptung.

beA und Finanzämter: Im Jahressteuergesetz 2024 hat der Bundestag am Freitag ein Verbot für Anwält:innen beschlossen, das besondere elektronische Anwaltspostfach beA zur Kommunikation mit den Finanzämtern zu nutzen. Diese Regelung war zunächst im Regierungsentwurf enthalten, dann aber gestrichen worden. Durch die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses fand sie nun doch wieder ihren Weg in den Gesetzentwurf – zur Empörung der Anwaltsverbände. Allerdings hat die Ampelkoalition bereits angedeutet, die umstrittene Regelung noch im November wieder zu korrigieren. LTO (Xenia Piperidou/Hasso Suliak) und beck-aktuell berichten.

BGH-Leitentscheidungsverfahren: Das BGH-Leitentscheidungsverfahren, dessen zugrundeliegendes Gesetz der Bundesrat am Freitag passieren ließ, stellt die Sa-FAZ (Katja Gelinsky) vor. Der BGH bekommt damit die Möglichkeit, grundsätzliche Rechtsfragen auch dann zu klären, wenn die Revision zurückgenommen wird oder sich die Streitparteien auf einen Vergleich verständigen.

Mietpreisbremse: Die Mietpreisbremse sei wenig wert bis nutzlos, kommentiert Jasmin Kalarickal (Sa-taz). In der Theorie verhindere die Bremse, dass Mieten bei Neu- und Wiedervermietungen exzessiv steigen können. In der Praxis funktioniere sie aber nicht richtig. Die Hürden seien zu hoch. Mieter:innen, die unzulässige Mieten zahlten, müssten selbst aktiv werden und im Zweifel bereit sein, Vermieter:innen zu verklagen. Außerdem steckten zu viele Ausnahmen in der Mietpreisbremse, sie gelte zum Beispiel nicht bei umfassenden Modernisierungen oder Neubauten. Die Bundesregierung wisse das alles und mache nichts dagegen – weil die Vorstellungen im Mietrecht zwischen SPD und Grünen einerseits und FDP andererseits zu weit auseinanderliegen.

Asyl: Für ein grundlegendes Umdenken in der europäischen und deutschen Asylpolitik plädiert der frühere Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier im Interview mit der Mo-Welt (Thorsten Jungholt). Das Ausscheren immer weiterer Mitgliedstaaten sei ein Beleg für den gegenwärtigen dysfunktionalen Zustand der gesamteuropäischen Asylrechtsregelung. Wer daran festhalte, der fördere nicht wie gewünscht die europäische Solidarität, sondern beschädige sie – und gebe sie letztendlich preis, so Papier. Er meint, dass sich Deutschland auf Art. 72 AEUV berufen und Asylbewerber an der Grenze zurückweisen könne.

Terrorfinanzierung/Hawala-Banking: NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) wirft der Bundesregierung vor, nicht genügend gegen Terrorismusfinanzierung zu unternehmen. So versage der Staat beim Kampf gegen illegale Bankgeschäfte wie dem in Deutschland verbotenen Hawala-Banking, einem informellen Zahlungsverfahren, bei dem Transaktionen ausschließlich mit Bargeld erfolgen. Bisher können Ermittler:innen bei überführten Hawaladaren nur die Provisionen einzuziehen – das eingezahlte Bargeld aber nicht. "Das Geld, das durch solche Strukturen bewegt wird, bleibt einfach bei den Schattenbankern liegen", kritisiert Limbach im Spiegel (Lukas Eberle)

AfD-Verbot: Nun erläutert auch die Sa-taz (Sabine am Orde u.a.) in einem FAQ, wie ein AfD-Parteiverbotsverfahren ablaufen könnte. 

Justiz

EuGH zu Altersgrenze für Notare: Der Europäische Gerichtshof hat laut beck-aktuell entschieden, dass die in § 5 BNotO vorgesehene Altersgrenze für Notare mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Die Entscheidung erfolgte auf ein Vorabentscheidungsersuchen des OLG Köln. 

EuGH zur Kündigung befristeter Arbeitsverhältnisse: Über ein Urteil des EuGH vom Februar 2024 berichtet Rechtsanwalt Ivica Jevtic im Expertenforum Arbeitsrecht. Die Luxemburger Richter hatten entschieden, dass eine polnische Regelung, wonach der Arbeitgeber die ordentliche Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht schriftlich begründen müsse, gegen europäisches Recht verstoße. Im Text wird erläutert, was der Urteilsspruch für die Praxis bedeutet. 

BGH – Abou Chaker/Bushido: Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ihre Revision gegen den Freispruch gegen Arafat Abou-Chaker zurückgenommen, wie die Sa-FAZ erfahren hat. Es gebe keine neuen Beweismittel, so dass man wenig Erfolgsaussichten sehe, heißt es aus der Behörde. Am Berliner Landgericht war dreieinhalb Jahre gegen Abou-Chaker verhandelt worden, weil er den Rapper Bushido, seinen früheren Geschäftspartner, attackiert haben soll. 

BGH zur Fachanwaltsfortbildung: Dass die bloße Lektüre von Fachzeitschriften nicht die Fortbildungspflicht für Fachanwälte erfüllt, hat der Bundesgerichtshof laut LTO entschieden. Geklagt hatte ein Anwalt, dem der Fachanwaltstitel wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht entzogen worden war. Zwar könnten nach § 15 Abs. 4 FAO tatsächlich bis zu fünf Zeitstunden im Wege des Selbststudiums absolviert werden, Abs. 5 S. 2 der Vorschrift schreibe jedoch vor, dass auch diese Art der Fortbildung durch Bescheinigungen und Lernerfolgskontrollen nachzuweisen sei, so der BGH.

BGH – Kostenverteilung in WEG: Der Bundesgerichtshof hat über die Frage verhandelt, ob und wann die Verteilung von Kosten in einer Wohnungseigentümergemeinschaft auch zulasten einzelner Eigentümer geändert werden darf. Unter anderem ging es um die Klage einer Wohnungseigentümerin, die Kosten für die Sanierung eines Garagendachs mittragen sollte - obwohl ihr in der zur Anlage gehörenden Garage gar kein Stellplatz zusteht. Die Gemeinschaft hatte beschlossen, die Kosten auf sämtliche Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Eigentumsanteile umzulegen. Seine Entscheidung will der BGH laut beck-aktuell und LTO am 14. Februar verkünden.

KG Berlin zu Hakenkreuz auf Coronamaske: Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de) kommentiert die Verurteilung des in Berlin lebenden US-Schriftstellers Christopher Hopkins wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Er hatte während der Corona-Pandemie ein "Symbolbild" gepostet, das ein Hakenkreuz auf einer Coronamaske zeigte und Masken als "Symbole der Ideologiekonformität" bezeichnet. "Klar, der Mann hat übertrieben", findet Müller-Neuhof. Aber werde bei Nazi-Vergleichen nicht schnell übertrieben und müsse man Übertreibungen gleich verbieten?

OLG München zu Umsturzpläne/Vereinte Patrioten: Die Sa-SZ (Anette Ramelsberger) fasst die Hintergründe zu den Verfahren gegen die "Lauterbach-Verschwörer" zusammen. Am vergangenen Montag hatte das Oberlandesgericht München den 42-jährigen Ex-Soldaten Julian V. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu 20 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Weitere Prozesse gegen Mitglieder der Verschwörung laufen vor den Oberlandesgerichten Koblenz und Frankfurt/M.

OLG-Hamm – Hundekauf: Die Auseinandersetzung wegen der Tierarztkosten für die neu erworbene Mopshündin "Wilma" wird am Montag vor dem Oberlandesgericht Hamm weitergeführt. Ende 2018 hatte eine Polizeibeamtin das Tier von der Stadt Ahlen gekauft und später nach eigenen Angaben festgestellt, dass es an mehreren Krankheiten gelitten hatte, die aber beim Kaufangebot nicht angegeben worden seien. In der ersten Instanz ist sie mit ihrer fünfstelligen Schadensersatzforderung gescheitert. Der Senat in Hamm habe zur mündlichen Verhandlung einen Sachverständigen geladen, der den Hund untersucht und die relevanten Dokumente geprüft habe, so spiegel.de. Sollte die Beweisaufnahme planmäßig am Montag abgeschlossen werden, sei ein Urteil am selben Tag möglich.

OVG NRW zu Alarmbereitschaft: Im Fall von zwei Feuerwehrmännern hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass eine Alarmbereitschaft als Arbeitszeit gilt und die Männer deshalb einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung wegen des Überschreitens der Höchstarbeitszeit haben. LTO berichtet.

LG Berlin I zu Stasi-Mord am Tränenpalast: Die Sa-SZ (Verena Mayer) bilanziert den in der vergangenen Woche beendeten Prozess gegen einen heute 80-Jährigen, der als damaliger Stasi-Mitarbeiter vor 50 Jahren einen polnischen Staatsbürger an der DDR-Grenze zu Westberlin erschossen hatte. Das Landgericht Berlin verurteilte den Mann wegen Mordes zu einer zehnjährigen Haftstrafe. Der entscheidende Hinweis für die Strafverfolgung des Verurteilten kam erst 2016 aus dem Stasi-Unterlagen-Archiv. Der Fall zeige, dass es manchmal nur ein Stück Papier braucht, um einen Mörder zu überführen, schreibt die Autorin. 

Wie beck-aktuell mitteilt, hat der Verurteilte Revision gegen die Entscheidung eingelegt. 

LG Berlin zu Angriff auf Franziska Giffey: Im Prozess wegen eines Angriffs auf die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) hat das Landgericht Berlin I angeordnet, den Täter dauerhaft in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen. Der 75-Jährige hatte vor Gericht eingeräumt, Giffey mit einem Beutel, in dem sich allerdings nur Zeitungen befanden, geschlagen zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, allerdings die Unterbringung beantragt, weil er unter einer wahnhaften Störung leide. spiegel.de berichtet.

AG Dortmund zu Schreien vor Gerichtsgebäude: Die Ingewahrsamsnahme eines Mannes, der regelmäßig vor dem Gebäude des Amtsgerichts schrie, sei rechtswidrig, hat ein Richter ebenjenes Amtsgerichts Dortmund entscheiden. Wen das Schreien und Rufen störe, müsse halt das Fenster schließen, so laut wdr.de (Philip Raillon) das Argument des Richters. Das gelte auch bei laufenden Gerichtsverhandlungen. Stattdessen den Mann wegzusperren, sei hingegen nicht verhältnismäßig.

Großelternumgang vor Gericht: Dass Großeltern zunehmend ihr Umgangsrecht vor Gericht durchsetzen, schreibt die Mo-Welt (Ulma Sostmann). Berichtet wird ein konkreter Fall aus der Perspektive der Eltern, gegen die ein Umgang klageweise durchgesetzt wurde.

Genugtuung durch Prozess: Dass auch die gerichtliche Aufklärung lange zurückliegender Straftaten den Opfern beziehungsweise deren Angehörigen Genugtuung bringen kann, erläutert Verena Mayer (Sa-SZ) in ihrer Kolumne "Vor Gericht" am Beispiel der 2006 geschehenen Entführung und Ermordung eines Mädchens.

Übergriffe auf Justiz: Zwar werde behauptet, dass die Zahl von Beleidigungen, Bedrohungen oder gar Angriffen gegen Gerichtsvollzieher:innen und andere Bedienstete der Justiz steige, es fehle aber an belastbaren Zahlen, schreibt tagesschau.de (Philip Raillon). Nur acht Bundesländer erfassen, was Richter:innen, Staatsanwält:innen, Wachtmeister:innen und Gerichtsvollzieher:innen erleben. Drei Bundesländer erheben dies unregelmäßig oder beginnen damit gerade, darunter Bayern und Nordrhein-Westfalen. In fünf Justizministerien gibt es gar keine statistischen Erkenntnisse - darunter Bremen, Hessen und Thüringen.

Recht in der Welt

Italien - Asylverfahren in Albanien: Ein Gericht in Rom hat am Freitag entschieden, dass im Mittelmee

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r aufgegriffene asylsuchende Migranten aus Bangladesh und Ägypten nicht in das italienische Auffanglager in Albanien gebracht werden dürfen, sondern nach Italien gebracht werden müssen. Nach einer Entscheidung des EuGH von Anfang Oktober dürften nur Staaten als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, die im gesamten Staatsgebiet und für alle Personen sicher sind. Dies treffe auf Ägypten und Bangladesh nicht zu. Mo-FAZ (Matthias Rüb) und Mo-SZ (Marc Beise) berichten.

Israel – Besetzung palästinensischer Gebiete: In einem Rechtsgutachten der "Unabhängigen Internationalen Untersuchungskommission der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete, einschließlich Ost-Jerusalem" wird Israel aufgefordert, die Besetzung von Palästinensergebieten zu beenden. Israel müsse alle Siedler abziehen, Land zurückgeben und diskriminierende Gesetze zurücknehmen. Andere Länder dürften die Besatzung weder finanziell noch militärisch oder politisch unterstützen. Die Untersuchungskommission war 2021 vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzt worden, um mögliche Verletzungen des internationalen Rechts zu prüfen. LTO berichtet. 

Israel – Krieg in Gaza: Der Verfassungsblog (Maxim Bönnemann) hat die Professorin für Globale Sicherheit Janina Dill zu völkerrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza befragt. Sie beschreibt, wie die intensive öffentliche Debatte des Völkerrechts Israel unter Druck setzt und beleuchtet die Konsequenzen, die aus der vorläufigen Anordnungen des IGH im von Südafrika angestoßenen Verfahren zu ziehen wären. Israel wurde darin verpflichtet, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um einen Völkermord an den Palästinensern in Gaza zu verhindern. Für die Bundesrepublik gebe es nur eine "moralische, rechtlich richtige und strategische Antwort", wenn sie ein Risiko für einen Verstoß gegen die Völkermordkonventionen sehe: "ein Waffenembargo".

USA – Hinrichtungsstopp in Texas: In Texas ist die geplante Hinrichtung eines autistischen Mannes in letzter Minute vom dortigen Obersten Gerichtshof gestoppt worden. Die Vollstreckung des Todesurteils gegen den 57-jährigen Robert Roberson werde aufgeschoben, damit er vor einem Parlamentsausschuss aussagen könne, entschied der Gerichtshof am Donnerstagabend. Ursprünglich war die Hinrichtung für diesen Tag geplant gewesen. Roberson war im Zusammenhang mit dem Tod seiner zweijährigen Tochter im Jahr 2002 verurteilt worden, er soll sein Kind totgeschüttelt haben. Es berichten Sa-FAZ, Sa-SZ (Peter Burghardt) und spiegel.de.

Frankreich – Vergewaltigungen von Gisèle Pelicot: Ex-Bundesrichter Thomas Fischer findet es in seiner spiegel.de-Kolumne zwar menschlich verständlich, aber dennoch falsch, dass in der öffentlichen Berichterstattung über den Prozess um die Vergewaltigungen von Gisèle Pelicot die Schuld der (d.h. aller) Angeklagten weithin als feststehend vorausgesetzt wird. Er verweist auf das notwendige Vorsatzelement: "Wenn Mitangeklagte des Verfahrens in Avignon, warum auch immer, subjektiv davon überzeugt waren, das Tatopfer habe in seine Betäubung eingewilligt, waren sie möglicherweise sexuell deviant, unmoralisch, unsympathisch oder verachtenswert, aber nicht strafbar", so Fischer. Außerdem kritisiert er die zunächst vom Gericht abgelehnte, später dann aber zugelassene öffentliche Vorführung der aufgenommenen Videos. Es gehe hier nicht um Erkenntnisgewinn, sondern "um eine ganz neue Form des gemeinsamen Gruselns". Eine "Bewegung" habe das Verfahren gekapert und führe einen Stellvertreterprozess. 

USA – Glyphosat: Rechtsanwalt Jürgen Ostertag analysiert auf LTO ein aktuelles Urteil in den seit vielen Jahren währenden Auseinandersetzungen um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Das US-Berufungsgericht des dritten Bezirks (US Federal Court of Appeals for the 3rd Circuit) hatte im August im Fall Schaffner einstimmig entschieden, dass Klagen wegen unterlassener Warnung auf Ebene der US-Bundesstaaten durch Bundesrecht ausgeschlossen seien. Damit sei kein schnelles Ende der Schadensersatzprozesse absehbar, allerdings stärke dieses Urteil die Position des Unternehmens Bayer in Vergleichsverhandlungen.

Sonstiges

VDStRL/Ulrich Vosgerau: Die Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer (VDStRL) beschloss auf ihrer Mitgliederversammlung in Luzern am 9. Oktober in Bezug auf den AfD-nahen ehemaligen Privatdozenten Ulrich Vosgerau: "Wir distanzieren uns davon, dass ein Mitglied der Staatsrechtslehrervereinigung seine Expertise jenen Kräften zur Verfügung stellt, die dieses Wissen dazu nutzen, die freiheitlich-demokratische Verfassungsordnung im rechtsextremen Sinne zu unterminieren." Christian Rath beschreibt auf LTO ausführlich, wie es zu diesem Beschluss kam. Die Anwälte Vosgeraus machen geltend, dass es in der VDStRL-Satzung keine Grundlage für eine derartige Sanktion gebe und dass die Vorwürfe viel zu vage seien.

Schuldenbremse und Klimagerechtigkeit: Die Einhaltung der Schuldenbremse durch Deutschland untergrabe seine internationalen Klimaschutzverpflichtungen, verschärfe aber auch die globalen Ungleichheiten, die insbesondere gefährdete Nationen im globalen Süden beträfen, meint Jurastudent Jean-Aristid Banyurwahe im Verfassungsblog (in englischer Sprache). 

Ethikrat: FAZ-Einspruch (Stephan Klenner) porträtiert die vier Jurist:innen im neu besetzten Ethikrat: Von der FDP wurden die Strafrechtsprofessorin Frauke Rostalski, von der Bundesregierung der emeritierte Strafrechtsprofessor Helmut Frister wieder- und neu der Passauer Staatsrechtslehrer Hans-Georg Dederer benannt. Der Bonner Rechtsprofessor Gregor Thüsing wurde von der CDU/CSU-Opposition für den Ethikrat vorgeschlagen.

RAin Anne Graue: In der Reihe "Most Wantes" stellt LTO (Stefan Schmidbauer) die Anwältin Anne Graue vor, die die Not fehlender Kinderbetreuung zur Tugend gemacht hat. Heute arbeitet sie als Fractional General Counsel und Interim-Counsel, betreut tagsüber ihren 2,5-jährigen Sohn und beginnt ihren Arbeitstag, sobald er schläft.

Wunder etc.: Wie mit "Wundern", an die ja immerhin ein beachtlicher Teil der Bevölkerung glaubt, vor Gericht grundsätzlich oder salomonisch umgegangen wurde, beschreibt Martin Rath auf LTO.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen Internet-Angebot des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

LTO/pf/chr

(Hinweis für Journalistinnen und Journalisten)

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. bis 21. Oktober 2024: . In: Legal Tribune Online, 21.10.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55674 (abgerufen am: 24.10.2024 )

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