Die juristische Presseschau vom 28. bis 30. September 2024: Thüringer VerfGH zur Par­la­ment­s­au­to­nomie / Neuer Vor­stoß für AfD-Verbot / VDStRL-Antrag zu Vos­gerau

30.09.2024

Thüringer Landesverfassungsgericht ebnete den Weg zur Wahl eines Landtagspräsidenten. Bundestagsabgeordnete arbeiten an einem Antrag für ein AfD-Verbotsverfahren. Die Staatsrechtslehrervereinigung soll sich von Ulrich Vosgerau distanzieren.

Thema des Tages

VerfGH Thü zu Wahl der Landtagspräsident:in: Das Thüringer Landesverfassungsgericht hat am Freitagabend auf Eilantrag der CDU-Fraktion entschieden, dass die Geschäftsordnung des Landtags vor der Wahl der Landtagspräsident:in geändert werden kann und dass der Alterspräsident des Landtags Jürgen Treutler (AfD), der dies am Donnerstag verhindert hatte, dabei die Rechte der Abgeordneten verletzte. Treutler hatte in der konstituierenden Sitzung des Landtags die Auffassung vertreten, dass der Landtag erst dann über Geschäftsordnungsanträge abstimmen könne, wenn er vollständig konstituiert sei, also erst nachdem die Parlamentspräsident:in gewählt wurde. CDU und BSW wollten jedoch die Geschäftsordnung ändern, weil diese das Vorschlagsrecht für die Wahl der Landtagspräsident:in nur der "stärksten Fraktion" (hier also der AfD) zuordnete; künftig sollten alle Fraktionen Vorschläge machen können, so dass auch eine mehrheitsfähige Kandidat:in zur Wahl gestellt werden könne. Der Verfassungsgerichtshof stellte fest, dass die Abgeordneten aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten Parlaments- und Geschäftsordnungsautonomie das Recht haben, auch in der konstituierenden Sitzung über die Tagesordnung zu bestimmen und dabei sowohl die Gegenstände als auch die Reihenfolge der Tagesordnung festzulegen. Der GO-Änderungsantrag sei auch inhaltlich zulässig, so die Richter:innen. Weder aus der Landesverfassung noch aus verfassungsrechtlichem Gewohnheitsrecht ergebe sich ein Anspruch der stärksten Fraktion auf das Amt der Landtagspräsident:in. Über die Entscheidung berichten Sa-SZ (Kassian Stroh), taz.de (Christian Rath), spiegel.de (Dietmar Hipp), tagesschau (Kolja Schwartz), zdf.de (Daniel Heymann/Alexandra Tadey) und LTO.  

Die Sa-FAZ (Markus Wehner) porträtiert den Präsidenten des Thüringer Verfassungsgerichtes Klaus-Dieter von der Weiden. Der aus Bad Kreuznach stammende Verwaltungsrichter gehört seit 2015 dem Landesverfassungsgericht an und wurde 2022 mit 79 von 85 Stimmen, darunter wohl auch Stimmen von AfD-Abgeordneten, zum Präsidenten gewählt. Noch vor dem Richterspruch hatte der Thüringer AfD-Parteivorsitzende Björn Höcke die Rechtmäßigkeit des Beschlusses in Frage gestellt, schreibt die Mo-Welt (Claus Christian Malzahn). Höcke habe "raunend die Frage gestellt, ob die Thüringer Verfassungsrichter die Kraft haben, gegen den polit-medialen Druck zu bestehen".

Wahl der Landtagspräsident:in Thü: Die Sa-SZ (Wolfgang Janisch) beschreibt ausführlich, wie die AfD in Thüringen bei der konstituierenden Landtagssitzung am Donnerstag die Regeln der Demokratie eingesetzt hat, um demokratische Institutionen vorzuführen und zu beschädigen. Alterspräsident Treutler habe Anträge von Abgeordneten ignoriert und versucht, seine eigene Agenda durchzuziehen. Der Vertreter einer Partei, die sich so gern auf den Willen des Volkes beruft, habe so mit offener Willkür versucht, diesen als parlamentarische Mehrheit manifestierten Willen des Volkes auszubremsen. Der Verfassungsblog (Jannik Jaschinski u.a.) schildert und analysiert den Ablauf der Landtagssitzung vom Donnerstag detailliert.

Am Samstag wurde die konstituierende Sitzung fortgesetzt. Alterspräsident Treutler akzeptierte den Beschluss des Thüringer Verfassungsgerichtshofs. Der Landtag änderte daraufhin zunächst die Geschäftsordnung und wählte dann den CDU-Kandidaten Thadäus König zum Landtagspräsidenten. LTO berichtet.

Reinhard Müller (Sa-FAZ) kommentiert: "Der Auftritt des Alterspräsidenten der AfD war nun nicht gerade, wie seine Anhänger meinen, wie aus dem Lehrbuch. Andererseits ist auch der Vorwurf der ‘Machtergreifung’ ein ziemlich großes Kaliber für das Verhalten in der konstituierenden Sitzung des Landtags, auch wenn man es für rechtswidrig hält." Christian Rath (Mo-taz) hält es für übertrieben, mit dem Verhalten Treutlers die Forderung nach einem AfD-Verbot zu begründen. Die AfD habe zwar am Donnerstag mit wenig überzeugenden juristischen Argumenten versucht, die Änderung der Geschäftsordnung zu blockieren. Entscheidend sei aber, dass sie den Beschluss des Thüringer Verfassungsgerichtshofs am Samstag akzeptierte. 

Rechtspolitik

AfD-Verbot: Nach Informationen der Welt (Frederik Schindler), spiegel.de und Mo-taz haben mehrere Dutzend Abgeordnete aus den Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Grünen und Linken einen Gruppenantrag erarbeitet, um ein Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anzustoßen. In dem Antrag soll hilfsweise auch die Forderung nach einem Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung für die AfD enthalten sein. 

tagesschau.de (Christoph Kehlbach) erläutert die Voraussetzungen und das Verfahren für ein Parteiverbot. 

Die AfD würde ein Verbotsverfahren dazu nutzen, um sich in der Opferrolle, in der Rolle der verfolgten Unschuld einzurichten, gibt Thomas Schmid (Welt) zu bedenken. Besser wäre der Versuch, die AfD endlich politisch zu stellen. 

Resilienz des BVerfG: Der Bundesrat hat am Freitag in einer Entschließung gefordert, dass Änderungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes künftig nur noch mit Zustimmung des Bundesrats möglich sein sollen. Das Grundgesetz solle entsprechend geändert werden. Damit will die Länderkammer die Initiative von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU ergänzen, die im Juli vorgestellt und vom Bundesrat nun begrüßt wurde. Wichtige Strukturmerkmale des Bundesverfassungsgerichts sollen danach im Grundgesetz verankert werden, zudem soll ein Ersatzwahlmechanismus eingeführt werden, um Blockaden der Richterwahl zu verhindern. Sa-FAZ (Marlene Grunert) und taz.de (Christian Rath) berichten.

Sperrminorität: Maximilian Steinbeis warnt in einem Gastkommentar in der Sa-SZ davor, dass die AfD ihre Sperrminorität in Thüringen und Brandenburg nutzen werde, auch Einfluss auf die Gesetzgebung zu fordern. Blockadedrohungen, etwa bei der Richterwahl, solle man aber nur nachgeben, wenn es um die Besetzung relativ unbedeutender Posten wie Landtagsvizepräsidenten gehe. Ansonsten müsse gelten: "Mit Erpressern verhandelt man nicht". Die Politik der Mehrheit müsse sich jetzt an den Interessen derer orientieren, die von einer autoritären Herrschaft am meisten betroffen wären: Muslime, trans Personen, Frauen im gebärfähigen Alter, Menschen mit Behinderung.

Sicherheitspaket: Im Bundestags-Digitalausschuss hat es erhebliche Einwände aus allen drei Regierungsfraktionen gegen die in den Ampel-Gesetzentwürfen vorgesehene Befugnis zur Nutzung von Fotos aus dem Internet zur biometrischen Gesichtserkennung gegeben, schreibt sz.de (Constanze von Bullion). Zuvor entsprechende Kritik auch in einer Sachverständigen-Anhörung des Innenausschusses geäußert worden. Dort sei auch die Streichung von Sozialleistungen für Asylbewerber:innen, die in den zuständigen EU-Staat überstellt werden können, auf scharfe Kritik gestoßen. So habe Philipp Wittmann, Richter am VGH BaWü, argumentiert, dass Sozialleistungen nicht zur Steuerung der Migration gestrichen werden dürften. Über die Anhörung berichtet auch die Welt (Ricarda Breyton).

Grenzkontrollen: Im Interview mit dem Verfassungsblog (Eva Maria Bredler) erläutert Rechtsprofessorin Lilian Tsourdi, warum sie die Wiedereinführung von Grenzkontrollen nicht nur für rechtlich bedenklich, sondern auch für ineffektiv hält. Das gegenseitige Vertrauen innerhalb der EU werde untergraben und ein Dominoeffekt angestoßen.

Migration: Im Interview mit der Welt (Nikolaus Doll/Alexander Casper) fordert der CDU-Politiker Jens Spahn, dass hinsichtlich der Migrationspolitik die Balance zwischen den Gerichten und der Politik neu austariert werden müsse. Zu oft müsse die Politik heute den Bürger:innen sagen, da könne man nichts machen, man sei durch Gerichtsurteile gebunden. Es löse Frust aus, wenn der gewählte Souverän so offensichtlich in seinen Handlungsmöglichkeiten beschnitten werde, so Spahn.

Jugendstrafrecht: Der CDU-Parteichef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat sich für eine Verschärfung in der Anwendung des Jugendstrafrechts ausgesprochen. Merz hatte im Interview mit der BamS (Marion Horn) kritisiert, dass Heranwachsende ab 18 Jahren "fast regelmäßig nach Jugendstrafrecht und nicht nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt" werden. Das wolle er ändern.

Dirk Wiese, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, kritisierte dies. Es sei "absurd, dass die CDU jungen Menschen permanent die Fähigkeit zum Wählen ab 16 abspricht, sie jetzt aber beim Strafrecht durch die Hintertür in Haftung nehmen möchte", zitiert ihn die Mo-SZ (Roland Preuß). Auch der FDP-Politiker Konstantin Kuhle äußerte sich ablehnend. 

BGH-Leitentscheidungsverfahren: Der Bundestag hat in der vergangenen Woche die Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim BGH beschlossen. Danach soll das Karlsruher Gericht rechtliche Grundfragen früher klären können, um so Massenverfahren vor Gericht mit Tausenden Kläger:innen zu beschleunigen. beck-aktuell und LTO berichten.

Aktionen vor Abtreibungseinrichtungen: Der Bundesrat hat am Freitag das Gesetz gegen so genannte Gehsteigbelästigungen passieren lassen, bei denen Schwangere vor Beratungsstellen oder Abtreibungskliniken behelligt werden. Untersagt wird u.a., Schwangeren entgegen ihrem erkennbaren Willen die eigene Meinung zu einem möglichen Schwangerschaftsabbruch aufzudrängen, sie erheblich unter Druck zu setzen oder sie mit falschen Behauptungen zu beeinflussen. spiegel.de berichtet.

DJT: LTO fasst die Beratungen und die Ergebnisse des diesjährigen Juristentages zusammen, auf dem es um aktuelle Herausforderungen in krisengeplagten Zeiten ging. Während die Abteilungen Wirtschaftsrecht und Öffentliches Recht die großen Krisen wie die Klimakrise, Hochwasser und Pandemien in den Blick nahmen, widmeten sich die Zivil- und Strafrechtler den Herausforderungen der Digitalisierung. Die Abteilungen zeigten einen unterschiedlichen Grad an Bereitschaft zu großen Reformen, heißt es im Text. Insbesondere im Straf- und Wirtschaftsrecht hätten die Abstimmungsergebnisse eine starke Zurückhaltung gegenüber systematischen Veränderungen signalisiert. Den von der Rechtspraxis angestoßenen Wandel der zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung dagegen wolle der DJT regulierend begleiten, in Massenverfahren hätten die Experten auf weitere grundlegende Veränderungen gedrängt. Auch beck-aktuell (Denise Dahmen) berichtet ausführlich über den Juristentag. 

Suizidhilfe: Nachdem sich in der Schweiz kürzlich eine Frau mithilfe der umstrittenen Suizidkapsel "Sarco" selbst getötet hat, beleuchtet der Doktorand Josua Zimmermann auf LTO die Rechtslage zur Suizidhilfe und fordert eine Statuierung von verbindlichen und verfassungskonformen Kriterien für die Freiverantwortlichkeit einer Freitodentscheidung,  die für die strafrechtliche Beurteilung maßgeblich ist. Ohne klare gesetzliche Regelung bestehe weiterhin eine erhebliche Rechtsunsicherheit für alle Personen, die Suizidhilfe leisten, um Sterbewilligen ein selbstbestimmtes Sterben zu ermöglichen.

Justiz

BSG zu Arbeitsunfall beim Fußballspiel: Die Verletzung bei einem Firmen-Fußball-Turnier gilt nicht als Arbeitsunfall hat das Bundessozialgericht entschieden. Veranstalte eine Firma eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, um den Zusammenhalt aller Beschäftigten zu fördern, könne dies zwar einen Unfallversicherungsschutz begründen, aber eine solche Veranstaltung müsse sich dann an alle Beschäftigten richten. Im konkreten Fall sei das Turnier von vornherein nur auf den fußballinteressierten Teil der Belegschaft ausgerichtet gewesen. spiegel.de und beck-aktuell berichten. 

OVG Berlin-BB zu Verfassungstreue/Compact: Nun berichten auch beck-aktuell und LTO über eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, das die Entlassung einer Lehramtsreferendarin bestätigte, die verschwiegen hatte, dass sie für das rechtsextreme Compact-Magazin arbeitete. 

LG Hamburg zu Urheberrecht und KI: Das Landgericht Hamburg hat am Freitag erstmals eine Entscheidung zur Nutzung von fremdem geistigen Eigentum zu KI-Trainingszwecken verkündet. Geklagt hatte ein Fotograf, der verhindern wollte, dass ein Verein sein Bild nebst Beschreibung in einer Daten-Tabelle öffentlich anbot, die andere zum Training künstlicher Intelligenz verwenden konnten. Das LG Hamburg hat die Klage jetzt abgewiesen. Sa-FAZ (Marcus Jung) und beck-aktuell (Maximilian Amos) berichten. 

LG Dresden – vorgetäuschte Straftat: Das Landgericht Dresden will am heutigen Montag das Urteil gegen Chokri A. verkünden, der einen Brandanschlag gegen sich selbst vorgetäuscht und die drogenabhängige Mutter seiner Tochter falsch beschuldigt haben soll. Über den Prozess berichtet nun auch die Sa-FAZ (Kim Maurus).

LG Mannheim – Angriffe unter Schuldunfähigkeit: Das Landgericht Mannheim verhandelt derzeit gegen einen Angeklagten, der nacheinander mehrere seiner Nachbarn in einem Hochhaus mit Hämmern und Messern angegriffen und teilweise tödlich verletzt hat. Der 42-jährige Angeklagte soll unter paranoider Schizophrenie gelitten und im Drogenrausch gehandelt haben. Der Spiegel (Christine Keck und Philipp Kollenbroich) widmet sich in diesem Zusammenhang der in den letzten Jahren gestiegenen Zahl von schuldunfähigen Straftätern, insbesondere bei Straftaten gegen das Leben. Von 2002 bis 2012 habe der Anteil der schuldunfähigen Angeklagten bei diesen Delikten relativ konstant um die 8 Prozent gelegen, seitdem sei die Zahl fast kontinuierlich angestiegen, auf rund 16 Prozent im Jahr 2022.

Softwareumstellung am LG Berlin: Weil die Software des Landgerichtes Berlin umgestellt wird, werde dort vom 21. Oktober bis 1. November nur wenig verhandelt, teilt der Spiegel mit. Man habe die Richterinnen und Richter gebeten, in dieser Zeit ausschließlich nicht aufschiebbare Sitzungen zu terminieren, wird die Sprecherin des Gerichtes zitiert.

Nebenverdienste von Bundesrichter:innen: Ex-Bundesrichter Thomas Fischer reagiert in seiner spiegel.de-Kolumne auf einen SZ-Artikel zu den Nebenverdiensten von Richter:innen. Man könne keinem Menschen und daher auch keinem Richter verbieten, in seiner Freizeit Bücher zu schreiben, Klavier zu spielen oder Wissenschaft zu betreiben, schreibt Fischer. Der wirtschaftliche Erfolg, den er damit unter Umständen erziele, habe keinen negativen Einfluss auf seine richterliche Tätigkeit.

Recht in der Welt

Frankreich – Vergewaltigung als Angebot: Leo Klimm (spiegel.de) hat beobachtet, dass den Vergewaltigungsprozess von Avignon fast nur Frauen im Gerichtssaal verfolgen. Dabei wäre der Prozess, sieben Jahre nach Beginn der #MeToo-Bewegung, für Männer eine Chance, endlich hinzusehen und sich bewusst zu werden, welche patriarchalischen Machtmechanismen selbst in modernen, vermeintlich gleichberechtigten Gesellschaften Sexualstraftaten begünstigen, kommentiert Klimm.

Sonstiges

VDStRL/Vosgerau: Die Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehre soll sich von einem ihrer Mitglieder - dem Kölner Rechtsanwalt und Privatdozenten Ulrich Vosgerau, der unter anderem als Gutachter und Prozessvertreter für die AfD tätig war - "distanzieren". Wie faz.net (Jochen Zenthöfer) erfahren hat, haben acht Professor:innen – Gabriele Britz, Pascale Cancik, Klaus Ferdinand Gärditz, Matthias Jestaedt, Florian Meinel, Christoph Möllers, Christoph Schönberger und Jelena von Achenbach – einen entsprechenden Antrag gestellt, über den auf der kommenden Mitgliederversammlung am 9. Oktober abgestimmt werden soll. Vosgerau habe sich in den letzten Jahren zunehmend als Begleiter rechtsextremer Kräfte in Verfassungsfragen gezeigt, heißt es zur Begründung des Antrags. Man distanziere sich davon, "dass ein Mitglied der Staatsrechtslehrervereinigung seine Expertise jenen Kräften zur Verfügung stellt, die dieses Wissen dazu nutzen, die freiheitlich-demokratische Verfassungsordnung im rechtsextremen Sinne zu unterminieren". Der Antrag werde von rund 120 Mitgliedern unterstützt. Ein Ausschlussantrag war zunächst geplant, galt jedoch als rechtlich nicht haltbar.

Kündigung von Azubi/JA: Im Interview mit spiegel.de (Markus Sutera) argumentiert der Rechtsanwalt Alexander Bredereck, dass die Kündigung eines Auszubildenden möglich sei, wenn er sich in der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) engagiert, da diese vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft ist. Dies sei keine unzulässige Diskriminierung wegen der politischen Einstellung. 

Untersuchungshaft für Ausländer: Warum ausländische Beschuldigte auch bei weniger schweren Straftaten häufiger in Untersuchungshaft kommen, erläutert die Sa-taz (Hannah Jagemast/Josefine Rein). 60 Prozent der 12.000 Untersuchungshäftlinge in deutschen Gefängnissen seien laut Strafverfolgungsstatistik Ausländer:innen, obwohl sie nur 30 Prozent aller Beschuldigten ausmachten. 

Vaterschaft und IPR: Über einen Fall, in dem internationales Familienrecht und bundesdeutsche Bürokratie unglücklich aufeinandertrafen, berichtet die Sa-SZ (Elisa Britzelmeier/Pia Ratzesberger) in einer Reportage. Obwohl die Mutter bei der Geburt bereits von ihrem mexikanischen Ehemann geschieden war, wurde er zunächst dennoch als Vater in die Geburtsurkunde eingetragen. Die Betroffenen machen eine Falschberatung durch Münchener Behörden dafür verantwortlich, dass der biologische Vater, der neue Lebenspartner der Mutter, nicht bereits vor der Geburt die Vaterschaft des Kindes anerkannte.

Bürokratie: Was "Verwaltung" und "Bürokratie" mit einem Rechtsstaat zu tun hat, erklärt ausführlich in einem ganzseitigen Gastbetrag in der Mo-FAZ die Rechtsprofessorin Pascale Cancik. Eine kluge, nicht allzu polit-rhetorisch aufgeladene Verwaltungsrechtspolitik sei sinnvoll, heißt es am Ende ihres Textes. "Sie verlangt von allen Akteuren mehr als einen Besuch im Entbürokratisierungskasperletheater", so die Autorin.

Weinstein-Prozess/Prozessfehler: Ob auch in Deutschland ein Prozessfehler vorliegen könnte, wenn – wie im Prozess gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein – Zeug:innen auch zu nicht angeklagten Taten aussagen, untersuchen die Rechtsanwältinnen Simone Kämpfer, Jennifer Loeb und Lea Babucke auf LTO. In Deutschland gebe es die Molineux-Regel nicht, erläutern die Autorinnen, Beweise zu "Nebengeschehen" dürften erhoben werden, manchmal sei dies sogar obligatorisch.

Jurist im Auktionshaus: In der Reihe zu außerjuristischen Karrieren von Juristen hat sich FAZ-Einspruch (Finn Hohenschwert) mit Dirk Boll, Kulturmanager bei Christie’s, unterhalten. Er erzählt, wie er zu dem Auktionshaus gekommen ist und warum aus seiner Sicht der "Trierer Weinversteigerungsfall" konstruiert ist. 

Harry Potter und das Recht: Für seine Kolumne "Vor Gericht" hat jetzt auch Ronen Steinke (SZ) die Dissertation von Jannina Schäfer "Harry Potter und die Gesetze der Macht" gelesen und mit dem texanischen Rechtsprofessor Marke Burge festgestellt, dass Recht "ja auch so eine Art von Magie" sei. 

 

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LTO/pf/chr

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. bis 30. September 2024: . In: Legal Tribune Online, 30.09.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55524 (abgerufen am: 08.10.2024 )

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