Trotz Einigung zu Quick Freeze – Hessen fordert im Bundesrat Vorratsdatenspeicherung. Landgericht Bamberg beanstandet Preiserhöhungs-Praxis von McFit. Strafgericht auf Sizilien stellt Verfahren gegen Seenotretter des Schiffs Iuventa ein.
Thema des Tages
Vorratsdatenspeicherung: Die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung ist trotz der Einigung der Koalition auf das von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vorgeschlagene Quick-Freeze-Verfahren nicht beendet. Das Land Hessen hat angekündigt, über den Bundesrat einen Gesetzentwurf einzubringen, der eine einmonatige Speicherpflicht für Internetdaten vorsieht. Die hessische SPD, deren Spitzenkandidatin in der vergangenen Landtagswahl Bundesinnenministerin Nancy Faeser war, unterstützt den Vorstoß. Die Sa-FAZ (Lukas Fuhr) berichtet.
Die Mo-SZ (Christoph Koopmann/Wolfgang Janisch) gibt einen Überblick über die Debatte, welche Speicherfrist für welche Delikte gefordert wird und wie die Notwendigkeit begründet wird. Die Berliner Justizsenatorin und frühere Verfassungsschützerin Felor Badenberg meint im Interview mit dem Spiegel (Wolf Wiedmann-Schmidt), dass Ermittler dringend die IP-Adressen bräuchten, um Straftaten im Internet verfolgen zu können. Ohne Speicherpflicht bleibe es mehr oder weniger dem Zufall überlassen, ob und wie lange Telekommunikationsanbieter die Daten aufbewahrten.
Dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Mitglied der Bundesregierung mit Zuständigkeit für die Sicherheit und die Wahrung der verfassungsgemäßen Rechte der Bürger:innen sich am Kabinettstisch nicht durchsetzen konnte und das Ziel nun auf dem Umweg über den Bundesrat zu erreichen versuche, sei "wenig Ausweis von Regierungskunst", kritisiert Daniel Deckers (Sa-FAZ). Wolfgang Janisch (Mo-SZ) erinnert daran, dass der Konflikt zwischen Vorratsdatenspeicherung und Quick-Freeze nicht neu ist, sondern bereits unter früheren Minister:innen geführt wurde. Allerdings habe die Debatte über die Vorratsdaten seit jeher darunter gelitten, dass ihr Nutzen stets anekdotisch behauptet, aber selten wissenschaftlich untermauert worden sei.
Rechtspolitik
Buschmann im Interview: Gegen ein Parteiverbotsverfahren spricht sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) im Interview mit der FAS (Livia Gerster/Friederike Haupt) aus. Man sollte ein solches Verfahren nur anstrengen, wenn man sich sicher sei, dass es erfolgreich sein wird. Sonst würde man riskieren, der AfD einen gewaltigen Propagandaerfolg zu bescheren, so Buschmann. Zur Diskussion um eine Verankerung der Strukturen des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz meinte der Minister, dass er optimistisch sei, dass die Gespräche zu einem guten Ergebnis führen werden. Man sollte diese Debatte aber nicht so führen, als ob es ein rechtliches Patentrezept gegen alle Gefahren gäbe. Es brauche liberale Institutionen, aber eben auch demokratische Mehrheiten. Außerdem geht es um Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang und Brandmauern zur AfD.
Schwangerschaftsabbruch: Ex-Bundesrichter Thomas Fischer setzt sich in seiner spiegel.de-Kolumne kritisch mit dem in der vergangenen Woche veröffentlichten Bericht der "Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung" und den Reaktionen darauf auseinander. Die teilweise in der Presse geäußerte Einschätzung des Gutachtens als "Angriff auf die Verfassung" sei fernliegend, meint Fischer, bezweifelt aber, dass die "breite Stoffsammlung und Überblicke über vertretbare Begründungslinien", die das Gutachten biete, ausreichten, "um das Kompromisspaket von 1995 wieder aufzuschnüren".
Auch Wibke Becker (FAS) meint, dass die derzeitige Praxis zwar paradox und unbefriedigend sein mag, aber die beste aller möglichen Antworten sei, weil sie zeige, dass die Frauen nicht allein seien, dabei aber auch der Embryo berücksichtigt werde.
Eizellspende: Für eine Freigabe der Eizellspende plädiert die Juristin Maren Klein im Verfassungsblog. Das Verbot sei verfassungsrechtlich nicht nur, wie die "Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung" festgestellt hatte, nicht geboten, sondern das bestehende Verbot sei verfassungsrechtlich – auch unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber zustehenden Spielraums – nicht haltbar. Es bleibe daher zu hoffen, so Klein, dass der Gesetzgeber die Gunst der Stunde nutze und die Eizellspende endlich regele.
Cannabis: Laut spiegel.de soll das gerade verabschiedete Cannabisgesetz nachgeschärft werden. Um Konflikte mit EU-Recht zu vermeiden, soll das Entstehen gewerblicher Strukturen beim Anbau verhindert werden. So sollen nicht mehrere Anbauvereine Plantagen in einem Gebäude unterhalten dürfen. Außerdem soll verhindert werden, dass es Dienstleister gibt, die Anbauvereinen umfassende Leistungspakete anbieten.
Über die unterschiedlichen Maßstäbe, die die Länder bei der Bemessung der Bußgelder bei Verstößen gegen das Cannabisgesetz anlegen, informiert LTO.
Geschlechtliche Selbstbestimmung: Es sei bislang kaum beachtet worden, was das kürzlich verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz für Kinder bedeute, kritisiert Rechtsprofessor Arnd Diringer in seiner WamS-Kolumne. Kinder- und Elternrechte würden hier "auf dem Altar der Trans-Ideologie" geopfert, meint er. Man könne nur hoffen, "dass das Bundesverfassungsgericht diesem Irrsinn ein Ende setzt".
Dokumentation der Hauptverhandlung: Nachdem die Verteidigung im Prozess gegen den AfD-Politiker Bernd Höcke eine Aufzeichnung des Verfahrens forderte, meint Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de), dass der prinzipielle Widerstand insbesondere der Richterschaft gegen eine Dokumentationspflicht "unbegreiflich" sei. Es gehe um fundamentale Rechte der Bürger gegen den Staat und es sollten nicht allein Politiker "der Sorte Höcke" sein, die dies erkennen.
Zivilrechtliche Zuständigkeiten: Angesichts der Pläne des Bundesjustizministeriums für eine Erhöhung der Streitwertgrenze am Amtsgericht fordern Rechtsanwalt Peter Bert und Richter Benedikt Windau im ZPO-Blog, dass die Streitwertgrenze insgesamt auf den Prüfstand gestellt werden sollte. Dass auch an Amtsgerichten Streitigkeiten mit hohen Streitwerten nach Ansicht des Gesetzgebers zweckmäßig verhandelt werden können, zeige die streitwertunabhängige Zuständigkeit für Familienstreitsachen: Wenn der Gesetzgeber den Zugewinnausgleich der Ehegatten mit einem Streitwert von ggf. mehreren Millionen Euro den Richterinnen und Richtern am Amtsgericht zutraue, dann sollte das Vertrauen auch für andere zivilrechtliche Streitigkeiten mit Streitwerten über 5.000 Euro gelten.
Rechte der Natur: Im Interview mit dem Spiegel (Frauke Hunfeld) erläutert die Leipziger Rechtswissenschaftlerin Jula Zenetti den aktuellen Stand der Debatte um subjektive Rechte für Naturentitäten. Subjektive Rechte seien ein juristisches Werkzeug, um Interessen von Rechtspersonen gegenüber dem Allgemeininteresse zu stärken. Zenetti fragt, warum dieses Werkzeug für Kapitalgesellschaften, nicht aber für die Natur einsetzbar sein sollte.
Justiz
LG Bamberg zu Preiserhöhung im Fitnessstudio: Das Landgericht Bamberg hat die Preiserhöhungspraxis der Fitnessstudio-Kette McFit untersagt. Danach sollte es als Zustimmung zur Erhöhung gelten, wenn die Kunden das Drehkreuz der Studios passierten. Das Gericht stufte auf Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes dies nun als aggressive Geschäftspraxis ein, mit der die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher unzulässig beeinflusst worden sei. spiegel.de berichtet.
EuGH zu Kartellabsprachen: Der Europäische Gerichtshof hat die Position von Kläger:innen gegen Kartellabsprachen gestärkt. Wie die FAZ (Marcus Jung) berichtet, hat der Luxemburger Gerichtshof entschieden, dass die Verjährungsfrist für einen Schadenersatzanspruch erst beginnen kann, wenn der Wettbewerbsverstoß beendet ist.
EuG – Marke "Russian Warship": Der ukrainische Grenzschutz klagt vor dem Gericht der EU gegen die Ablehnung der Markeneintragung für den ukrainischen anti-russischen Slogan "Russian Warship, go fuck yourself". Mit Entscheidung vom Dezember 2022 hatte das Europäische Markenamt EUIPO die Anmeldung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten zurückgewiesen, schon die Verwendung des Begriffs "fuck" sei vulgär. In der Beschwerdeinstanz hat das EUIPO dann damit argumentiert, dass der Slogan keine Unterscheidungskraft für die kommerzielle Herkunft von Waren habe. Der Anwalt Nico Kuhlmann und der wissenschaftliche Mitarbeiter Robert Taeger berichten auf LTO. Sie halten die Erfolgsaussicht der Klage für gering.
BVerfG – Bundestags-Wahlrecht: Am Dienstag und Mittwoch dieser Woche verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die 2023 verabschiedete Reform des Bundestags-Wahlrechts. Geklagt hatten u.a. die bayerische Staatsregierung, knapp 200 Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU sowie CSU und die Linke. Die WamS (Ricarda Breyton) und spiegel.de (Milena Hassenkamp) erläutern, worum es in den Verfahren geht. Im Zentrum steht die während der Reform gestrichene Grundmandats-Klausel, auf deren Grundlage bisher eine Partei bei genügend Wahlkreissiegern auch dann in den Bundestag einziehen konnte, wenn sie an der bundesweiten Fünf-Prozent-Hürde scheiterte.
BVerfG zu Reichelt vs. Schulze: Jochen Buchsteiner (FAS) kommentiert die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit eines Tweets des Journalisten Julian Reichelt zu "Entwicklungshilfe an die Taliban". Die Verfassungsrichter hätten die Grenzen zurechtgerückt und Entwicklungs-Ministerin Svenja Schulze (SPD) sowie dem Berliner Kammergericht Demokratie-Nachhilfe gegeben. Sie hätten daran erinnert, dass das für die freiheitlich-demokratische Ordnung schlechthin konstitutive Grundrecht der Meinungsfreiheit aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen sei.
BGH – unerlaubte Sportwetten: In dem Bundesgerichtshofs-Verfahren um mögliche Rückerstattungsansprüche von Spieleinsätzen bei illegalen Online-Glücksspielen sind die außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen gescheitert, so dass wohl doch der BGH entscheiden muss. LTO berichtet.
BVerwG zu Dienstvergehen außerhalb des Dienstes: Wie beck-aktuell (Maximilian Amos) berichtet, hat das Bundesverwaltungsgericht im Februar einen BND-Beamten zurückgestuft, nachdem dieser eine Praktikantin belästigt und bedrängt hatte. Obwohl das entsprechende Gespräch nach Dienstschluss stattgefunden hatte, habe der Beamte seine beamtenrechtliche Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt. Das BVerwG stellte dabei klar, dass die Unterscheidung von inner- und außerdienstlichem Verhalten nicht bloß formal betrachtet werden könne und nicht dadurch geklärt sei, dass die Beteiligten sich offiziell einigen, den Dienst für den Tag zu beenden. Es komme auch darauf an, ob das Vergehen mit dem Amt verknüpft sei.
BSG zu Anrechnung von Kindererziehungszeiten: Nun berichtet auch LTO über die Entscheidung des Bundessozialgerichts, dass Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung im Zweifel der Mutter zugeordnet werden. Darin liege keine verfassungswidrige Benachteiligung von Männern.
OLG Stuttgart– Umsturzpläne/Reuß: Der erste von drei Prozessen gegen die Prinz-Reuß-Gruppe beginnt am 29. April vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Dort geht es zunächst um eine Schießerei in Reutlingen, bei der ein Verdächtiger die Durchsuchung seiner Wohnung verhindern wollte. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht dann der militärische Arm der Prinz-Reuß-Gruppe. Neben den Tatbeiträgen der neun Angeklagten müsse auch am OLG Stuttgart (wie in den Parallelverfahren am OLG Frankfurt/M. und am OLG München) das Bestehen einer terroristischen Vereinigung und eines hochverräterischen Unternehmens festgestellt werden. LTO (Christian Rath) berichtet.
OLG Frankfurt/M. zu Spielerberater vs. Böhmermann: Im Verfahren des Profifussball-Beraters Roger Wittmann gegen Jan Böhmermann hat das Oberlandesgericht Frankfurt/M. zugunsten des Satirikers entschieden. Hintergrund der Auseinandersetzung ist eine Sendung des "ZDF Magazine Royale" aus dem November 2022. Unter dem Titel "Geschäftsmodell Spielerberater" hatte sich die Redaktion seinerzeit mit den fragwürdigen Geschäftspraktiken von Beratern und Vermittlern im Profifußball im Allgemeinen und von Wittmann im Besonderen befasst. Im Anschluss an die Ausstrahlung wollte Wittmann mehrere Textpassagen verbieten lassen, scheiterte aber nun auch in zweiter Instanz. Es handele sich um zulässige Meinungsäußerungen. spiegel.de berichtet.
VG Köln zu Verdachtsfall AfD: In seiner Kolumne "Vor Gericht" erinnert Ronen Steinke (Sa-SZ) an die Verhandlung des Verwaltungsgerichts Köln zur AfD-Einstufung als extremistischer Verdachtsfall vor zwei Jahren und wundert sich über die Geschwindigkeit, in der seinerzeit die entsprechende Presseerklärung des Gerichtes veröffentlicht wurde. Offenbar sei diese Pressemitteilung schon vorab geschrieben worden und das Urteil in all seinen Details von den Richtern offenbar schon zu einer Zeit getroffen worden, als im Saal offiziell noch die Verhandlung lief. Damit sei eindrucksvoll offengelegt worden, dass die mündliche Verhandlung vor Gericht an diesem Tag nichts weiter als "Theater" gewesen sei.
StA Koblenz – Hochwasser: Der Spiegel (Matthias Bartsch) erläutert nun auch die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Koblenz, auf eine Anklage gegen den Ex-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) im Zusammenhang mit der Ahrflut zu verzichten. Gutachten hätten gezeigt, dass der genaue Verlauf und das Ausmaß der Flutwelle kaum vorhersehbar gewesen seien, so die Staatsanwaltschaft.
Rechte Richter am VG Gera? Die Mo-taz (Joachim Wagner) gibt einen Überblick über Vorwürfe, dass das Verwaltungsgericht Gera rechtslastig urteile und erläutert dies an Beispielen. Im Asylrecht seien die Erfolgsquoten für afrikanische Kläger:innen deutlich niedriger als im Bundesschnitt. Im Versammlungsrecht glaube man extremistischen Anmeldern, dass sie sich an die angemeldeten Themen halten. Im Waffenrecht stellte das Gericht die Einstufung der Thüringer AfD als extremistisch durch den Thüringer Verfassungsschutz in Frage.
Recht in der Welt
Italien – Iuventa-Seenotrettung: Ein Strafgericht in Trapani auf Sizilien hat jetzt die Vorwürfe gegen Besatzungsmitglieder des Seenotrettungsschiffes Iuventa fallen gelassen. Ihnen war Beihilfe zur illegalen Einreise vorgeworfen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte nach zweijährigem Verfahren die Einstellung beantragt. Die Hauptbelastungszeugen - drei Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma - konnten sich bei einer Anhörung im Februar nicht mehr richtig erinnern. Sa-FAZ (Jonas Wagner/Matthias Rüb), Sa-taz (Christian Jacob), zeit.de (Almut Siefert), beck-aktuell und LTO berichten.
Femizide: Die ersten EU-Staaten haben den "Femizid" als eigenständigen Straftatbestand eingeführt, berichtet die Sa-taz (Yannik Achternbosch). Begonnen hatte 2021 Zypern, es folgten 2022 Malta und im März 2024 Kroatien. Ziel sei eine bessere statistische Erfassung und die Möglichkeit zur Strafschärfung.
USA – Trump/Stormy Daniels: Die Mo-SZ (Christian Zaschke) porträtiert den US-Richter Juan Merchan, der in den kommenden Monaten das Stormy-Daniels-Verfahren gegen den ehemaligen Präsidenten Donald Trump in Manhattan leiten wird. Die Verteidiger des Ex-Präsidenten hatten bereits versucht, ihn absetzen zu lassen.
Sonstiges
Airport-Fast Lane und Bestechung: Rechtsanwalt Patrick Heinemann prüft auf LTO, wie Fluggäste gegen die (möglicherweise als Korruption strafbare) Praxis sogenannter "Fast Lanes" vorgehen können, die Passagieren gegen Bezahlung ermöglichen, am Flughafen schneller durch die Sicherheitskontrollen zu kommen. Maßgeblich auch für die Erfolgsaussichten sei dabei, wer für die Organisation der Schlangen vor der Sicherheitskontrolle zuständig ist und ob dementsprechend der Verwaltungs- oder der Zivilrechtsweg eröffnet ist.
Ziviler Ungehorsam: Die Jurastudentin Deborah Zeh untersucht im FAZ-Einspruch am Beispiel der Klimaproteste die Frage, was genau ziviler Ungehorsam ist und ob er Straftaten rechtfertigen kann. Ziviler Ungehorsam müsse in der Schwebe zwischen Legalität und Legitimität bleiben, so die Autorin in ihrem Resümee. Dabei werde sich aber das Konfliktpotenzial zwischen Demokratie und Bewahrung der Lebensgrundlagen in den kommenden Jahren kontinuierlich erhöhen.
Weltverbesserung: Es seien vor allem "das Storytelling und der Sinn für das feine – hochrelevante, aber wenig bekannte – Detail, die eine absolute Leseempfehlung rechtfertigen", schreibt Max Kolter (LTO) in seiner Rezension des von Nora Markard und Ronen Steinke vorgelegten Buches "Jura not alone". Allerdings fragt sich der Rezensent nach der Lektüre, wozu die 12 Kapitel – wie es im Buchuntertitel heißt – ermutigen wollen. "Nach dem Ende ohne Schluss" stehe man, "anders als der Buchtitel es will, doch ein wenig allein da".
Rechtsgeschichte – Erfolgshonorar: Über einen Fall, in dem der Bundesgerichtshof 1956 über die Wirksamkeit einer Erfolgshonorarvereinbarung zu entscheiden hatte, berichtet Martin Rath auf LTO. Es ging um den Umrechnungssatz von Entschädigungszahlungen für NS-Opfer, über den der amerikanische Rechtsanwalt George Eric Rosden verhandelt hatte. Vereinbart hatte das Erfolgshonorar der bayerische Staatskommissar für rassisch, religiös und politisch Verfolgte Philipp Auerbach, an dessen Schicksal der Text ebenfalls erinnert.
Rechtsgeschichte – NS-Justizverbrechen: tagesspiegel.de (Jochen Staadt) erinnert an den Berliner Studenten Reinhard Strecker, der vor 65 Jahren die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Justizverbrechen zum öffentlichen Thema gemacht hatte. Auf seine Initiative hin bereitete der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) eine Ausstellung vor, die unter dem Titel "Ungesühnte Nazijustiz" erstmals dokumentieren sollte, welche Richter und Staatsanwälte, die an Todesurteilen der Nazi-Justiz mitgewirkt hatten, nun als Beamte im bundesdeutschen Justizdienst unbehelligt weiter beschäftigt waren.
Kant und die Grundrechte: Der Grundsatz der allgemeinen Handlungsfreiheit verbinde Kants Rechtslehre mit dem Grundgesetz, erklärt Rechtsanwalt Fiete Kalscheuer im FAZ-Einspruch anlässlich des sich am Montag zum 300. Mal jährenden Geburtstags des Philosophen.
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LTO/pf/chr
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