An diesem Montag entscheidet das LG Berlin über Suizidhilfe für eine depressive Frau. Ampel und Union beraten wieder über den Schutz des BVerfG. Am IGH beginnt die Verhandlung gegen Deutschland wegen des Vorwurfs der Genozid-Beteiligung.
Thema des Tages
LG Berlin I – Suizidhilfe für psychisch Kranke: Das Berliner Landgericht I verkündet an diesem Montag sein Urteil im Prozess gegen den Berliner Arzt Christoph Turowski, der einer 37-jährigen Studentin, die seit vielen Jahren an Depressionen litt, beim Suizid geholfen hat. Die Staatsanwaltschaft hat den Mediziner wegen vollendeten Totschlags in mittelbarer Täterschaft und (weil erst der zweite Suizidversuch erfolgreich war) auch wegen versuchten Totschlags angeklagt und eine Freiheitsstrafe von insgesamt drei Jahren und 9 Monaten gefordert. In der zehntätigen Verhandlung ging es im Wesentlichen um die Frage, ob die Studentin trotz ihrer psychischen Erkrankung eine eigenverantwortliche Entscheidung für eine Selbsttötung getroffen hat. Es berichten Sa-taz (Barbara Dribbusch) und der Stern (Jonas Fedders).
Rechtspolitik
Resilienz des BVerfG: Ab diesem Montag wollen Ampel- und Unionspolitiker wieder darüber beraten, wie das Bundesverfassungsgericht besser geschützt werden kann. Inhaltliche Grundlage für die Gespräche wird ein Arbeitsentwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sein, mit dem die Aufnahme bestimmter Regelungen aus dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz in das Grundgesetz vorgeschlagen wird. Marlene Grunert (Mo-FAZ) begrüßt, dass die Gespräche nun wieder aufgenommen werden, selbst wenn man von einer Änderung des Grundgesetzes keine Allheilwirkung erwarten dürfe. Sie warnt aber auch vor einer "Lex AfD". Es gehe um etwas Grundsätzlicheres: Um den Schutz einer Institution, die die Bedingungen unserer Rechtsordnung gewährleiste. Die Unterhändler müssten deshalb konkret benennen, welche Gefahren jetzt und in Zukunft drohten und wie man meint, sie mit Mitteln des Rechts einhegen zu können. Solche Prognosen seien nicht trivial.
Kinderehen: taz.de (Christian Rath) stellt den Gesetzentwurf von Justizminister Marco Buschmann (FDP) "zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen" vor. Danach sollen im Ausland geschlossene Ehen, bei denen mindestens ein Partner unter 16 Jahre alt ist, weiterhin automatisch unwirksam sein. Eine gerichtliche Prüfung im Einzelfall soll (anders als von Buschmann zunächst geplant) nicht erforderlich sein. Das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang 2023 festgestellt, dass die bisherige Regelung verfassungswidrig war. Wie vom BVerfG gefordert, soll das Mädchen künftig einen Unterhaltsanspruch gegen den Mann, der nun nicht ihr Ehemann ist, erhalten. Außerdem soll die junge Frau, nachdem sie volljährig wurde, vor dem Standesamt erklären können, dass sie die Ehe "aufgrund eines selbstbestimmten Entschlusses fortführen will".
Verantwortungsgemeinschaft: Die FAS (Sara Wagener) beleuchtet die von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) geplante Einführung der so genannten Verantwortungsgemeinschaft und fasst die Kritik daran zusammen. Die Autorin hat mit Menschen aus den Zielgruppen gesprochen, die aber weitgehend keinen Bedarf für ein solches neues Rechtsinstitut sehen.
Lieferketten und Menschenrechte: Wertungskonflikte zwischen den deutschen und europäischen Lieferkettenregelungen und dem WTO-Recht beleuchten Rechtsprofessor Jörn Griebel und Doktorand Felix Bergold im Verfassungsblog. So seien die Schutzgüter der Lieferkettenregulierung nicht durchgängig auch im WTO-Recht anerkannt. Die Autoren warnen deshalb vor potenziellen Verstößen gegen das Völkerrecht.
Justiz
BVerfG zu Meinungsäußerung von Klimaaktivisten: Das Bundesverfassungsgericht hat die Verurteilung des Klimaaktivisten Samuel Bosch wegen übler Nachrede aufgehoben und eine neue Verhandlung am Amtsgericht Augsburg angeordnet. Bosch hatte dem früheren Regierungspräsidenten von Schwaben, Erwin Lohner, Korruption vorgeworfen. Das Gericht bemängelte, dass bei der Verurteilung das Recht auf Meinungsfreiheit vom Augsburger Gericht unzureichend geprüft wurde, berichtet LTO (Charlotte Hoppen). Insbesondere habe das Gericht keine Einordnung in den Kontext – es ging um den Protest gegen eine Wald-Rodung – vorgenommen.
BVerfG zu drittem Geschlecht: Rechtsprofessor Arnd Diringer erinnert in seiner WamS-Kolumne angesichts der Debatte um ein non-binäres Geschlechterbild daran, dass sich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum dritten Geschlecht 2017 nur auf Menschen mit "Varianten der Geschlechtsentwicklung", mithin also biologischen Abweichungen, bezog. Es gehe nicht um Transpersonen, die sich ohne jede biologische Besonderheit einem anderen als ihrem tatsächlichen Geschlecht zugehörig fühlten.
BGH – unerlaubte Sportwetten: Spieler, die ihre Einsätze bei unerlaubten Wetten verloren haben, können auf einen Rückerstattungsanspruch hoffen. Das gehe aus einem Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofs für eine im Mai geplante Verhandlung hervor, schreiben spiegel.de und beck-aktuell. Im konkreten Fall hatte der Anbieter gegen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags in der Fassung von 2012 verstoßen, zum Beispiel indem er den Höchsteinsatz je Spieler nicht auf 1.000 Euro pro Monat begrenzt hatte. Die Verträge zwischen Anbieter und Spieler dürften deshalb nichtig sein. Anwälte rechnen mit einer Ausweitung der Klagewelle.
BGH zum Zeitpunkt der Schöffenbestimmung: Auch wenn später Verhandlungstermine verschoben werden, gelten die mit dem Aufruf der Sache gemäß § 243 Abs. 1 Satz 1 StPO bestimmten Schöffe:innn als zur Verhandlung und Entscheidung in der Sache berufen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden, wie beck-aktuell (Joachim Jahn) berichtet. In dem Ausgangsverfahren vor dem LG Köln gab es coronabedingt gleich zu Beginn Verschiebungen. Der Hauptangeklagte bemängelte in der Revision erfolglos, dass ihm dadurch der gesetzliche Richter vorenthalten wurde.
BGH zum notariellen Nachlassverzeichnis: Laut BGH muss ein Notar, wenn es keine konkreten Anhaltpunkte gibt, nicht in alle Richtungen ermitteln, ob es weiteres Nachlassvermögen gibt. beck-aktuell berichtet.
OLG Celle zu den Grenzen richterlichen Sachverstandes: Selbst seit mehreren Jahrzehnten zu reiten, reiche nicht aus, um als Richterin die baulichen Details einer Reitanlage beurteilen zu können, hat das Oberlandesgericht Celle festgestellt und dabei daran erinnert, dass die Begründung für das Abweichen von einem Sachverständigengutachten erkennen lassen müsse, "dass die abweichende Beurteilung nicht durch einen Mangel von Sachkunde beeinflusst ist". beck-aktuell (Maximilian Amos) berichtet.
LG Berlin – Ordnungsgeld gegen AfD-Politiker: Weil er eine einstweilige Verfügung nicht beachtet hat, muss der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner nach einen ersten Ordnungsgeld von 5.000 Euro nun weitere 15.000 Euro zahlen. Brandner hatte die Spiegel-Journalistin Ann-Katrin Müller als "Faschistin", "Oberfaschistin" bzw. "Spiegel-Faschistin" beschimpft und die entsprechenden Social-Media-Posts auch nach einer gerichtlichen Untersagung nicht vollständig gelöscht. LTO berichtet.
LG Nürnberg – Mordprozess ohne Leiche: Im Interview mit der FAS (Eva Schläfer) berichtet Rechtsanwalt Matthias Waldraff von einem Indizienprozess vor 17 Jahren, in dem er die Nebenklage eines Ehepaars, dessen Tochter und Enkeltochter getötet worden war, vertreten hatte. Die Leiche wurde nie gefunden, der Fall ist insoweit einem am Dienstag beginnenden Prozess vor dem Landgericht Nürnberg um den mutmaßlichen Mord an einer hochschwangeren Frau vergleichbar – auch ihr Leichnam wurde bisher nicht gefunden.
LG Braunschweig – Christian B.: Vom Fortgang des Prozesses gegen Christian B., der sich u.a. wegen drei Vergewaltigungen in Portugal 2005 verantworten muss, berichtet die WamS (Per Hinrichs). Am vergangenen Mittwoch und Freitag sagten zwei Bekannte von Christian B., aus. Helge B. hatte einst ein Video Christian B.s gestohlen, auf dem zwei Vergewaltigungen zu sehen waren. Michael T. hatte in Christian B.s Zimmer einen Pfahl mit Eisenring gesehen, der auch auf dem Video zu sehen war. Der Bericht kritisiert zudem, dass die Vorsitzende Richterin das Verfahren unsouverän leite.
VG Berlin – Waffenexporte nach Israel: Mit einem Eilantrag wollen die propalästinensischen Organisationen European Legal Support Center, Palestine Institute for Public Diplomacy und Law for Palestine vor dem Verwaltungsgericht Berlin die Waffenexporte der Bundesrepublik nach Israel stoppen. Dabei geht es materiell um die Frage, ob gemäß Kriegswaffenkontrollgesetz "Grund zu der Annahme besteht, daß die Erteilung der Genehmigung völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik verletzen oder deren Erfüllung gefährden würde". Deutschland wird hier vorgeworfen, es unterstütze einen Genozid und Kriegsverbrechen in Gaza. Prozessual ist fraglich ob die drei Antragsteller (Palästinenser, die in Gaza leben) aus dem KWKG subjektive Ansprüche ableiten können. LTO (Max Kolter) berichtet.
AG Berlin-Tiergarten – Strafprozesse: nd (Niels Seibert) hat sich über mehrere Wochen hinweg hundert Strafverhandlungen bei der Außenstelle Tempelhofer Damm des Amtsgerichtes Tiergarten angeschaut, wo über strafrechtlich relevante Sachverhalte mit einfacher Beweislage entschieden wird. Die Angeklagten würden wie am Fließband abgearbeitet und verurteilt, schreibt der Autor, nahezu alle Menschen, seien auf staatliche Leistungen angewiesen. Ernüchtert stellt er fest: "Die Richterinnen und Richter interessieren die Menschen einfach nicht".
AG Verden – Daniela Klette: Ein Richter des Amtsgerichtes Verden hat laut zeit.de und beck-aktuell die strengen Haftbedingungen der Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette bestätigt. Demnach muss Klette im Gefängnis weiterhin streng abgeschieden von anderen Gefangenen bleiben. Auch eine Videoaufzeichnung im Haftraum sei zulässig.
GBA – Daniela Klette: Gegen die Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette ist bis Ende des Jahres mit einer Anklage des Generalbundesanwalts zu rechnen, schreibt der Spiegel (Jörg Diehl/Hubert Gude u.a.). Sie steht bisher - neben den jüngeren Raubtaten - im Verdacht der Beteiligung an drei Terrortaten der RAF. Dutzende Ermittler:innen des BKA sollen sich auf Geheiß von Generalbundesanwalt Jens Rommel nun aber auch alle offenen Fälle der dritten RAF-Generation noch einmal vornehmen. Vor fünf Jahren hatte der damalige Generalbundesanwalt Peter Frank festgestellt, es gebe in Sachen RAF noch immer 20 offene Verfahren.
StA Berlin – Rüdiger vs. Reichelt: Ex-Bundesrichter Thomas Fischer widmet sich in seiner spiegel.de-Kolumne der von Julian Reichelt initiierten Debatte um die Tauhid-Geste des Profifussballers Antonio Rüdiger, die durch Strafanzeigen u.a. von Rüdiger auch die Berliner Staatsanwaltschaft erreicht hat. Nach einem langen Exkurs über die Strafbarkeit von Symbolen kommt Fischer zum Schluss, dass Rüdigers Geste genausowenig ein Bekenntnis zum Islamismus ist, wie eine Bekreuzigung des Papstes ein Aufruf zum Kampf gegen Muslime. Fischer meint allerdings auch, dass die gegen Reichelt gestellte Strafanzeige unter anderem wegen Volksverhetzung wenig Aussicht auf Erfolg habe, weil man auch straflos hetzen dürfe.
StA Berlin – propalästinensische Demonstrationen: Ein halbes Jahr nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel liegen der Berliner Staatsanwaltschaft rund 680 Verfahren im Zusammenhang mit dem Gazakrieg vor, informiert die Mo-taz. Davon gehe es in etwa 130 Fällen um Straftaten bei Demonstrationen zu dem Nahostkonflikt. Anklage erhoben hat die Staatsanwaltschaft bislang nach eigenen Angaben achtmal, in 16 Fällen soll es durch einen Strafbefehl zur Verurteilung kommen.
StA Siegen – Pflegediebstahl: Der Spiegel (Dietmar Hipp) berichtet ausführlich über einen Fall, in dem die Staatsanwaltschaft Siegen gegen eine private Pflegekraft ermittelt, die eine pflegebedürftige Frau bestohlen haben soll. Mehrere Tausend Euro soll sie auf ihr eigenes Konto überwiesen und einen Verkaufsauftrag für Wertpapiere in sechsstelliger Höhe erteilt haben. Zudem habe die Pflegekraft, sagt die geschädigte Frau, drei Computer, ein iPad, dazu mehrere Koffer voller Schuhe und Kleider sowie verschiedene Elektrogeräte mitgenommen.
Massenverfahren: Gegen Vorwürfe an Anwaltschaft und Legal-Tech-Unternehmen, sie würden "Kläger aufstacheln und zu Gericht treiben" mit "Schadensersatzansprüchen, denen kein Schaden, und Schmerzensgeldansprüchen, denen keine Schmerzen zugrunde lägen" argumentiert Rechtsanwalt Markus Hartung auf beck-aktuell. Grundsätzlich gelte: Wenn Verbraucher:innen Schadensersatzansprüche hätten, dann handele es sich naturgemäß um massenhaft auftretende Streu- und Bagatellschäden und wenn die "Schädigerindustrie" sich weigere, das vernünftig zu regulieren, Verfahren nach der ZPO dazu nicht passten und dadurch Gerichte sauer gefahren würden, dann sei es nicht fair, für diese Versäumnisse Verbraucher:innen und ihre Anwält:innen verantwortlich zu machen.
Sprache in Gerichtsurteilen: Die Ministerialbeamtin Charlotte Rau und die Richterin Christine Schröder unterstreichen im FAZ-Einspruch die Verknüpfung von Recht und Sprache und beziehen sich dabei insbesondere auf zivilrechtliche Urteile. Die sprachliche Schönheit von Urteilen stehe im gerichtlichen Kontext mangels Entscheidungsrelevanz zwar nicht im Vordergrund, ein ausgeprägtes Bewusstsein für Sprache und sprachliche Möglichkeiten sei aber unabdingbar, um die Qualität der Rechtsprechung als dritter Gewalt im Staat zu sichern und dauerhaft die Handlungsfähigkeit des Rechtsstaats sicherzustellen.
Untersuchungshaft: Dass die Untersuchungshaft weniger mit Schuld oder Unschuld und mehr mit der Erreichbarkeit von Verdächtigen zu tun hat und daher Obdachlose eher in Untersuchungshaft landeten als beispielsweise "sozial gut integrierte" Steuerhinterzieher, erläutert Ronen Steinke (Sa-SZ) in seiner Kolumne "Vor Gericht".
Recht in der Welt
IGH/Deutschland – Krieg in Gaza: Am heutigen Montag beginnt am Internationalen Gerichtshof die Verhandlung über den Eilantrag Nicaraguas gegen Deutschland. Weil Deutschland Israel mit Waffen beliefere, unterstütze es einen Genozid und Kriegsverbrechen Israels in Gaza, so im Kern die Argumentation Nicaraguas. An diesem Montag werden am IGH zunächst Vertreter Nicaraguas auftreten, am Dienstag dann folgt die Erwiderung Deutschlands. Mo-SZ (Ronen Steinke/Paul-Anton Krüger), beck-aktuell (Maximilian Amos) und LTO (Franziska Kring) bringen Vorberichte.
Im Interview mit der Mo-SZ (Ronen Steinke) erläutert Rechtsprofessor Stefan Talmon, dass Israel wohl keine Vernichtungsabsicht und damit kein Genozid an den Palästinenser:innen in Gaza nachgewiesen werden kann. Allerdings begehe Israel im Gaza-Krieg Kriegsverbrechen. Da sich Israel im Gaza-Krieg aber auch legal verteidige, sei nicht eindeutig, dass sich die deutsche Unterstützung für Israel auf Kriegsverbrechen beziehe.
Israel – Besatzung palästinensischer Gebiete: Ronen Steinke (SZ) hat das aktuelle Buch von Kai Ambos rezensiert, in dem der Rechtsprofessor untersucht, ob Israel in den besetzten Gebieten ein Apartheid-Regime betreibt. Ambos beginne mit einer differenzierten und gut lesbaren Beschreibung der Rechtslage, wobei er feststellt, dass der Begriff der Apartheid schwammig sei und viel Interpretationsspielraum lase. Ambos bleibe mit seiner Antwort auf die selbst gestellte Frage nach einem Apartheitssystem in Gaza aber "überraschend vage", stellt Steinke fest. Er wolle nicht weiter gehen, als dass es "sich auf der Grundlage der vorliegenden Informationen gut nachvollziehbar vertreten" lasse, dass Israel ein Apartheid-Regime installiert habe.
Großbritannien – Club ohne Frauen: Dagegen, dass in dem traditionsreichen Londoner Garrick-Club weiterhin nur Männer zugelassen werden sollen, gibt es Protest von Seiten feministischer Jurist:innen. Argumentiert wird dabei mit der Mitgliedschaft zahlreicher Richter. "Wir glauben, dass ein Richter, der Mitglied eines Clubs ist, welcher Frauen ohne besonderen Grund ausschließt, nicht im Einklang mit den Prinzipien von Gleichheit und Fairness handeln kann", heißt es in einem offenen Brief, den mittlerweile Hunderte Juristinnen und Juristen – unter ihnen mehr als hundert Kronanwält:innen – und zehn Parlamentsabgeordnete unterschrieben haben. Die Mo-FAZ (Johannes Leithäuser) schreibt über die Debatte und die bisherigen Konsequenzen. So sei u.a. bereits der Auslandsgeheimdienstchef ausgetreten.
Frankreich – Weihnachtsmarktattentat: Ein Pariser Gericht hat einen Mittäter des Attentats auf den Straßburger Weihnachtsmarkt 2018 zu einer 30-jährigen Haftstrafe verurteilt. Dem 42 Jahre alte Audrey Mondjehi wurde vorgeworfen, dass er als Mittelsmann an der Beschaffung der Tatwaffe beteiligt war. Er wurde wegen seiner "großen Nähe" zu dem von der Polizei erschossenen Täter schuldig gesprochen, schreibt die Sa-FAZ. Ein 29-jähriger Islamist hatte auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt fünf Menschen durch Schüsse getötet.
USA – Bezahlte Zeugen: Im Interview mit der Mo-FAZ (Christiane Heil) berichtet die US-amerikanische Juristin Rojo Bushnell über die verheerenden Auswirkungen der Aussagen von Zeug:innen, denen eine Gegenleistung wie Geld oder, falls sie selbst straffällig geworden sind, eine Verkürzung der Haft in Aussicht gestellt wurde. Dies fördere falsche Aussagen und dadurch Fehlurteile, sagt Bushnell. Bei Mordprozessen könne diese Praktik für einen Angeklagten tödlich enden.
Schweden – Prostitution: Wie in Schweden das seit 25 Jahren geltende Sexkaufverbot wirkt, beschreibt die Mo-SZ (Alex Rühle) in einer Seite 3-Reportage. Zu Wort kommen die Betreiberinnen einer Initiative, die Frauen nach dem Ausstieg aus der Prostitution unterstützt, eine ausgestiegene Prostituierte und ein Polizist, der Freier verfolgt. Sie halten das Gesetz für erfolgreich.
Spanien – Exzessiver Tourismus: Die Stadt Palma de Mallorca will stärker gegen Feiernde, die über die Stränge schlagen vorgehen, berichtet LTO (Xenia Piperidou). Besonders schwerwiegende Verstöße, wie zum Beispiel das Sprühen von Graffiti und Wildpinkeln, sollen danach mit Geldbußen von bis zu 3.000 Euro geahndet werden. Auch das Verbot von Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit soll jetzt auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet werden.
Juristische Ausbildung
Schwerpunktprüfung: In welchen Bundesländern die Studierenden im Schwerpunktbereich die besten Noten erzielen, hat LTO-Karriere zusammengefasst. 2021 und 2022 lag dabei Thüringen mit der Universität in Jena mit Abstand an der Spitze, gefolgt von Hamburg und Sachsen-Anhalt.
Sonstiges
Sitzblockaden: Rechtsreferendar Florian Slogsnat erläutert im Verfassungsblog, warum er im Zusammenhang mit Blockaden der "Letzten Generation" die Anwendung des vom Bundesgerichtshof in der "Zweiten-Reihe-Rechtsprechung" entwickelten Gewaltbegriffes für richtig hält. Er wendet sich gegen die Kritik, dass der so verstandene Gewaltbegriff "vergeistigt" sei. Weil nicht ein aktiver und aggressiver Angriff im Mittelpunkt des Gewaltbegriffs stehe, sondern die Ausübung von körperlich wirkender Macht über einen anderen, sei die Unterscheidung zwischen aktiv und passiv unerheblich, so Slogsnat.
Flüchtlingskinder in der Schule: Dass Berliner Schulen seit Februar geflüchtet Kinder und nicht geflüchtete Kinder trenne, sei verfassungs-, europa- und völkerrechtswidrig, meint der frühere Berliner Justizstaatssekretär Ibrahim Kanalan im Verfassungsblog. Durch Sonderregelungen wie sie die Berliner Schulverwaltung jetzt wieder stärker forciere, würden Geflüchtete zwar in das Rechtssystem eingeschlossen, aber von der gleichberechtigten Inanspruchnahme von Rechten ausgeschlossen. Berlin setze damit auf Inklusion durch Exklusion, so Kanalan.
Maulwürfe: Martin Rath (LTO) nimmt die Äußerung von Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang, die "Grundfesten" der Demokratie seien "erschüttert", zum Anlass, über den Begriff des "Untergrabens" in der Gesetzessprache und die Metapher der "Wühlarbeit" in der antikommunistischen Kommunikation der 1950er und 1960er-Jahre zu assoziieren.
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LTO/pf/chr
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Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. April 2024: . In: Legal Tribune Online, 08.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54269 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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