Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. März 2024: Kom­pro­miss zur EU-Lie­fer­ket­ten­richt­linie / Grund­recht auf ver­ständ­li­ches Recht? / Anwältin wegen Fäl­schung von Tes­ta­menten ver­ur­teilt

18.03.2024

Die EU-Mitgliedstaaten haben sich doch noch auf eine EU-Lieferketten-Richtlinie geeinigt. Andritzky/Keller wollen mit einem neuen Grundrecht Bürokratie verhindern. LG Frankfurt/M. verurteilte Anwältin, die mehrere Testamente gefälscht hatte. 

Thema des Tages

Lieferketten und Menschenrechte: Trotz der Stimmenthaltung Deutschlands hat sich im EU-Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) nun doch eine Mehrheit für eine – wenn auch abgeschwächte – Lieferkettenrichtlinie gefunden. Sie soll gewährleisten, das europäische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards entlang ihrer Lieferketten prüfen. Um die erforderliche Zustimmung zu erreichen, wurde u.a. der Geltungsbereich der Richtlinie stark eingeschränkt. Sie soll nur noch für Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeiter:innen (bisher 500 Mitarbeiter:innen) und mit mehr als 450 Millionen Euro Jahresumsatz (bisher 150 Millionen) gelten. Das EU-Parlament muss dem Kompromiss der EU-Staaten noch zustimmen. Sa-FAZ (Hendrik Kafsack), Sa-SZ (Jan Diesteldorf/Roland Preuß), Mo-taz (Kai Schöneberg), Mo-Welt (Stefan Beutelsbacher) und beck-aktuell berichten.

Leider sei die Richtlinie nur noch ein Schatten ihrer selbst, beklagt Jan Diesteldorf (Sa-SZ). Um die Blockade im EU-Ministerrat aufzulösen, sei ihr Geltungsbereich derart beschnitten worden, dass nur noch große Unternehmen ihre Lieferketten überwachen müssten. Hannes Koch (Mo-taz) ist zuversichtlich, dass die Lieferkettenrichtlinie trotz der Abschwächungen weltweite Standards setzen könnte. Hendrik Kafsack (Sa-FAZ) dagegen lehnt die neue Richtlinie auch nach den Änderungen ab – es bleibe ein Bürokratie- und Haftungsmonster. Schon der Ansatz sei falsch, schreibt Kafsack. Der Schutz von Menschenrechten und der Umwelt sei eine zwischenstaatliche Angelegenheit, die die EU nicht auf ihre Unternehmen verlagern dürfe.

Rechtspolitik

Gesetzgebung/Bürokratieabbau: Im FAZ-Einspruch fordern der Ökonom Jochen Andritzky und der Jurist Markus Keller ein "Grundrecht auf verständliches und überschaubares Recht, hochrangig verankert in einem neuen Absatz von Art. 2 GG". Der Charme eines solches Grundrechtes liege in seiner eigenen Schlichtheit: Regeln seien nur dann gut, wenn sie verstanden und befolgt werden könnten.

Cannabis: Am kommenden Freitag wird der Bundesrat entscheiden, ob er bei der vom Bundestag beschlossenen Cannabis-Teil-Legalisierung den Vermittlungsausschuss anruft. Der anhaltenden Debatte widmen sich Sa-SZ, Mo-taz (Konrad Litschko), beck-aktuell und spiegel.de.

Ex-Bundesrichter Thomas Fischer bezweifelt auf spiegel.de die Argumente der Gegner einer Legalisierung. Weder gäbe es Korrelationen zwischen THC-Gebrauch und Kriminalität und anders als bei anderen Rauschmitteln gebe es auch keine Anzeichen für eine körperliche Abhängigkeit. Und auch dem Einwand, dass nicht geklärt sei, wer mit welchen personellen Ressourcen die Überwachung des demnächst legalen Bereichs (insbesondere etwa die Zählung der privat gezogenen Cannabispflanzen) durchführen soll, widerspricht Fischer: Es handele sich hier schließlich um eine Gesetzesregelung, die erhebliche Teile eines bisher strafbaren Verhaltens für die Zukunft für straffrei erklärt. Und die Aufgabe der Kontrolle, ob 83 Millionen Bundesbürger:innen tatsächlich nur drei Pflanzen oder nicht etwa vier Pflanzen auf dem Balkon stehen haben, sei exakt genauso schwierig wie die Prüfung, ob sie null oder eine Pflanze betreuen.

Bundespolizei: LTO fasst den Gesetzentwurf zur Neustrukturierung des Bundespolizeigesetzes zusammen, über den der Bundestag in der vergangenen Woche in erster Lesung beraten hat. Es sind dabei neue Eingriffsbefugnisse zum Beispiel bei der Telekommunikationsüberwachung und der Verhängung von Aufenthaltsverboten vorgesehen. Um polizeiliches Handeln für alle Bürger transparenter zu machen, soll die pseudonyme Kennzeichnung von Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei durch eine jeweils zuordenbare Ziffernfolge eingeführt werden.

V-Leute: V-Leute haben ein Grundrechtsproblem, schreibt Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de): Menschen, die mit ihnen zu tun bekämen, hätten keine Ahnung, dass sie staatliche Spitzel vor sich hätten. Angesichts der deutschen Stasi-Vergangenheit wundert sich der Kommentator über die Unempfindlichkeit, mit der dieser Konflikt lange hingenommen wurde. Das "V" sei hier das Vertrauen der Bürger:innen, dass sich der Rechtsstaat an die Regeln halte, betont Müller-Neuhof und begrüßt, dass das Kabinett jetzt einen Gesetzentwurf beschlossen hat, der V-Leute "an die kürzere Leine" nehme.

Streik: Gegenüber der BamS (Burkhard Uhlenbroich) hat sich FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai für umfassende Reformen im Streikrecht, insbesondere für den Bereich der kritischen Infrastruktur, ausgesprochen. Dazu gehörten, so Djir-Sarai, "Instrumente wie verpflichtende Schlichtungen, klare Streikfristen und die Möglichkeit, Verhandlungsführer auszutauschen". Auch müsse man über eine generelle Einschränkung des Streikrechts in sensiblen Bereichen sprechen. "Eine Einschränkung des Streikrechts wäre eine Beschneidung der Tarifautonomie", meint dagegen die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi im Interview mit web.de (Joshua Schultheis/Fabian Hartmann). Das Streikrecht sei ein in der Verfassung verankertes Grundrecht.

In einem Pro und Kontra befassen sich Benedikt Peters und Nikolaus Piper (Sa-SZ) mit Forderungen nach einer Änderung des Streikrechts. Peters befürchtet, dass ein Streikgesetz vielen Arbeitnehmer:innen die Möglichkeit nehme, für ihre Interessen einzustehen. Nikolaus Piper meint dagegen angesichts des GDL-Streiks, dass heute offenbar ein Maßstab für die Verhältnismäßigkeit fehle und dass diesen der Gesetzgeber liefern müsse. Arndt Diringer (Expertenforum Arbeitsrecht) bescheinigt dem Gesetzgeber gar "Arbeitsverweigerung" und weist darauf hin, dass zahlreiche Anregungen aus der Wissenschaft bereits vorlägen. Der Gesetzgeber können nun mal seine Aufgaben nicht einfach auf die Gerichte abladen – egal aus welchen Gründen.

Resilienz des BVerfG: Christian Rath (anwaltsblatt.de) unterscheidet zwei Szenarien. Nur wenn die AfD im Bundestag die Mehrheit erziele, habe sie ein Interesse, das Bundesverfassungsgericht lahmzulegen. Wenn die AfD "lediglich" eine Sperrminorität von mehr als einem Drittel der Sitze erreichte, könne sie dies nutzen, um selbst Verfassungsrichter:innen zu benennen. Man könne ihr dann anbieten, Kandidat:innen mitzuwählen, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Verfassungsgerichtsbarkeit akzeptieren. Nur für den Fall, dass die Partei solche Vorschläge verweigere, brauche man Konfliktlösungsmechanismen.

Resilienz des VerfGH Thü: Die Mo-SZ (Wolfgang Janisch/Iris Mayer) wirft beispielhaft für die Landesverfassungsgerichte den Blick auf den Verfassungsgerichtshof Thüringen. Um zu verhindern, dass die AfD nach der Landtagswahl das Gericht sukzessive lahmlegt, weil sie mit einer Sperrminorität verhindert, dass Richterposten neu besetzt werden, genüge es, sicherzustellen, dass Richter:innen nach Ende ihrer Amtszeit auch dann geschäftsführend im Amt bleiben, wenn sie die Altersgrenze von 68 Jahren erreicht haben. Derzeit allerdings sei die rot-rot-grüne Minderheitsregierung kaum in der Lage, auch nur mit einfacher Mehrheit das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof zu ändern. Während bisher in manchen Bundesländern auch AfD-Vorschläge in Landesverfassungsgerichte gewählt wurden, gehe der Trend inzwischen dahin, dies zu verhindern. 

Beamtenbesoldung: Die Umsetzung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zur Höhe der Beamtenbezüge lasse weiter auf sich warten, weil die Bundesregierung sich nicht auf einen Gesetzentwurf einigen könne, schreibt die Mo-FAZ (Stephan Klenner). Es gebe zwar einen Referentenentwurf aus dem Bundesinnenministerium, dieser werde aber durch das FDP-geführte Finanzministerium blockiert. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2020 in zwei Beschlüssen die Besoldung von Richter:innen und Staatsanwält:innen in Berlin und Nordrhein-Westfalen als zu niedrig beanstandet. Die Entscheidungen betrafen zwar unmittelbar nur die Landesgesetzgeber, hätten aber Auswirkung auf die Beamtenbesoldung in ganz Deutschland, heißt es in der FAZ.

Arbeitsverhältnisse an Hochschulen: Im Verfassungsblog analysiert Staatsanwalt Simon Pschorr kritisch den Gesetzentwurf zur Reform des Wissenschaftszeitgesetzes, der Ende März vom Kabinett beschlossen werden soll. Der Entwurf sei nicht geeignet, das Wissenschaftsbefristungsrecht auf verfassungs- und europarechtlich tragfähige Beine zu stellen und lasse dabei die Gelegenheit aus, die Tarifparteien für eine zukunftsfähige Wissenschaftslandschaft in die Pflicht zu nehmen. Insbesondere geht es dabei um die vorgesehene Höchstbefristungsdauer der Post-doc-Phase.

Künstliche Intelligenz: In einem ganzseitigen Beitrag in der Mo-FAZ erläutern die Richterin Kristin Benedikt, der Doktorand Moritz Köhler, der Referent Markus Wünschelbaum und Rechtsprofessor Rolf Schwartmann, was die Regelungen des neuen KI Acts der EU für die Einführung von KI-Systemen in der öffentlichen Verwaltung bedeuten. Der Einsatz solcher Technologien bedürfe einer gründlichen Abwägung und Expertise, mahnen die Autor:innen. Einerseits müsse erwogen werden, ob bei einschneidenden Lebensereignissen ein gewisser Grad an Nichtwissen über die Entscheidungsursache akzeptabel ist, andererseits müsse sichergestellt sein, dass die KI ein Werkzeug bleibt und nicht die Entscheidung ersetzt. 

Justiz

LG Frankfurt/M. zu Testamentsfälschung: Weil sie als Berufsbetreuerin mehrere ältere und pflegebedürftige Menschen durch nicht autorisierte Bestellungen von Küchengeräten und Elektronikartikeln geschädigt und Testamente gefälscht hat, wurde eine Rechtsanwältin vom Landgericht Frankfurt/M. wegen Untreue, Urkundenfälschung und Betrugs zu einer fünfeinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt. Außerdem setzte die Strafkammer ein lebenslanges Berufsverbot fest. Weil an den gefälschten Testamenten schnell Zweifel aufgetaucht waren, kam es nicht zur Auszahlung der entsprechenden Erbschaften. LTO berichtet.

BVerfG – AfD-Klagen: Die Sa-FR (Ursula Knapp) gibt einen Überblick über beim Bundesverfassungsgericht anhängige Klagen der AfD. So verhandelt das Karlsruher Gericht an diesem Mittwoch über die Besetzung von Vorsitzpositionen von Bundestagsausschüssen, u.a. des Vorsitzes im Rechtsausschuss. In drei weiteren Klagen ruft die AfD das Gericht an, weil der Bundeskanzler, die Bundesfamilienministerin und ein Staatssekretär des Familienministeriums sich jeweils negativ über sie geäußert und dadurch als Regierungsmitglieder ihre Neutralitätspflicht und die Chancengleichheit der Parteien verletzt hätten.

BVerfG zu Richter-Ruhestand: Vor dem Bundesverfassungsgericht ist ein Bundesrichter mit seinem Antrag, in dem er sich gegen seine bevorstehende Alterspensionierung wendet, gescheitert. Der Richter sieht in der starren Altersgrenze eine Altersdiskriminierung. Sein Antrag auf einstweilige Anordnung einer Verlängerung seines aktiven Dienstverhältnisses sei jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen für den Erlass der Anordnung nicht substantiiert genug dargelegt worden seien, so das Gericht. Für beck-aktuell (Maximilian Amos) stellt sich dabei die Frage, ob die Begründungsanforderungen des BVerfG möglicherweise überzogen sind.

BVerfG zu Foto von Unfallopfer: In der Auseinandersetzung um die Veröffentlichung von Fotos eines Unfallopfers hat sich eine Zeitungsverlegerin gegen die Untersagungsverfügung der Witwe vor dem Bundesverfassungsgericht vorläufig durchgesetzt. Weil über die Untersagung der Veröffentlichung durch das LG ohne mündliche Verhandlung entschieden worden war, sei die prozessuale Waffengleichheit verletzt, so jetzt das Karlsruher Gericht, das die vorläufige Weiterverwendung der Bilder erlaubte, wie beck-aktuell vermeldet.

BVerfG zu Ex-OB Peter Feldmann: Der frühere Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (Ex-SPD) ist beim Bundesverfassungsgericht mit einer Verfassungsbeschwerde gegen seine Verurteilung und die Ablehnung der dagegen eingelegten Revision gescheitert. Feldmanns Beschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie den gesetzlichen Darlegungs- und Substantiierungserfordernissen offensichtlich nicht genüge, so das Gericht. Feldmann war 2022 in zwei Fällen wegen Vorteilsnahme zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 175 Euro verurteilt worden. Sa-SZ, spiegel.de und LTO berichten.

BGH zu bauvertraglicher Vertragsstrafenklausel: Der Bundesgerichtshof hat laut beck-aktuell festgestellt, dass bei einer Vertragsstrafenvereinbarung über 5 Prozent in einem Bauvertrag nicht an die zu Beginn vereinbarte Auftragssumme angeknüpft werden darf, weil sonst der Auftragnehmer übermäßig an Vergütung einbüßen könnte.

OLG Oldenburg zu Testament auf Zettel: Auch die Sa-SZ (Saskia Aleythe) berichtet jetzt über die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Oldenburg, wonach auch ein Testament, dass auf einem Kneipenblock geschrieben wurde, den Anforderungen an ein wirksames Testament genügen kann. 

AGH Berlin zu Teilzeit-Syndikus: Dass der Bestand der Syndikuszulassung nicht davon abhängt, dass der Anwalt für seinen Arbeitgeber noch aktiv tätig ist und deshalb auch in der Freistellungsphase der Altersteilzeit erhalten bleibt, hat der Berliner Anwaltsgerichtshof entschieden. Zur Begründung meinte das Gericht, dass auch während dieser Zeit das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten weiter bestehe und der Syndikus auch nicht woanders arbeiten dürfe. beck-aktuell berichtet.

OVG NRW – Verdachtsfall AfD: Einen zusammenfassenden Bericht über die ersten beiden Verhandlungstage vor dem Oberverwaltungsgericht Münster im Verfahren um die Einstufung der AfD als "rechtsextremistischer Verdachtsfall" durch den Bundesverfassungsschutz gibt die FAS (Friederike Haupt) und widmet sich dabei insbesondere den drei migrantischen AfD-Mitgliedern, die am Ende des zweiten Prozesstages auf Wunsch der AfD zu Wort kamen.

VGH BaWü zu "Demokratie-Party" ohne AfD: Weil die AfD als einzige Partei nicht eingeladen war, darf das Stadtamt Karlsruhe-Durlach eine geplante "Demokratie-Party" nicht wie angekündigt unterstützen. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof hat auf einen entsprechenden Eilantrag der AfD festgestellt, dass die AfD durch das Stadtamt in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb gem. Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 21 Abs. 1 GG verletzt worden sei. LTO berichtet über die Entscheidung.

LG Braunschweig – Ex-VW-Chef Winterkorn: Die Hauptverhandlung gegen Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn wegen des Dieselskandals soll laut Mo-SZ (Klaus Ott) und LTO im September beginnen. Die zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Vorwürfe lauten: Betrug, Falschaussage und Manipulation des Börsenkurses von Volkswagen. Eigentlich sollte Winterkorn schon im Herbst 2021 vor Gericht kommen, krankheitsbedingt wurde der Prozess verschoben.

LG Aachen zu Mord an Ehefrau: Das Landgericht Aachen hat in der vergangenen Woche einen 42-Jährigen wegen des Mordes an seiner Ehefrau zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Die Frau galt seit 2016 als vermisst, ihre Leiche wurde erst im vergangenen Jahr gefunden. Im Oktober 2016 hatte der Mann seine Frau bei einem häuslichen Streit die Treppe hinuntergestoßen. spiegel.de berichtet.

LG Traunstein – Tod von Hanna Wörndl: Die Sa-SZ (Benedikt Warmbrunn) fasst in einer Seite-3-Reportage die bisherigen Erkenntnisse im Prozess um den Tod von Hanna Wörndl, die im Herbst 2022 zu Tode kam, zusammen. Die 23-jährige Studentin war nach einem Clubbesuch nicht mehr nach Hause gekommen, ihre Leiche wurde am nächsten Tag in einem nahen Flüsschen gefunden. Der Angeklagte Sebastian T. soll die Tötung einem Mithäftling gestanden haben, vor Gericht wurde aber auch die Möglichkeit eines Unfalls diskutiert. Die Staatsanwaltschaft forderte neuneinhalb Jahre Haft, die Verteidigung Freispruch. Am Dienstag soll das Urteil verkündet werden.

LG München I – Jérome Boateng: Nachdem das Bayerische Oberste Landesgericht im vergangenen Jahr die Verurteilung des Profifußballers Jérôme Boateng, dem Körperverletzung und Beleidigung an seiner früheren Lebensgefährtin vorgeworfen worden war, wegen Verfahrensfehlern aufgehoben hatte, soll der neue Prozess vor dem Landgericht München I nun am 14. Juni beginnen. zeit.de berichtet.

LG München I zu Andrea Tandler: Der Spiegel hat sich die schriftlichen Gründe der auf einer Verfahrensabsprache beruhenden Verurteilung von Andrea Tandler und ihres Partners wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit so genannten Maskendeals angeschaut. Danach haben die beiden Angeklagten eine Konstruktion aufgesetzt, die den Eindruck erweckte, von Beginn an seien alle Maskendeals über eine Firma und nicht über sie als Privatpersonen abgewickelt worden. Gegen die Entscheidung haben Tandler und ihr Partner Revision eingelegt.

LG Berlin zu versuchten Auftragsmorden an Ehefrau: Über einen Mann, der nicht nur einmal, sondern gleich mehrmals versucht hatte, sich nach 33-jähriger Ehe seiner Frau zu entledigen und damit unterschiedliche Männer beauftragen wollte, schreibt Verena Mayer (Sa-SZ) in ihrer Kolumne "Vor Gericht". Die Männer nahmen aber nur zum Schein an und erpressten stattdessen den Auftraggeber beziehungsweise informierten die Polizei.

VG Mainz zu Kitaplatz und Masernimpfung: Das Verwaltungsgericht Mainz hat laut spiegel.de festgestellt, dass Kinder keinen Anspruch auf einen Kitaplatz haben, wenn sie nicht gegen Masern geimpft sind. Dem Rechtsanspruch auf einen Platz stehe ohne einen Masernschutz ein gesetzliches Betreuungsverbot entgegen, so das Gericht.

AG Dortmund zu Angriff auf Oliver Pocher: Der Rapper Fat Comedy wurde vom Amtsgericht Dortmund wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt, weil er den Entertainer Oliver Pocher im Frühjahr 2022 während eines Boxkampfs in der Dortmunder Westfalenhalle angegriffen hatte, indem er ihm unvermittelt ins Gesicht schlug, die Attacke filmte und die Aufnahme später verbreitete und kommentierte. Nachdem er Pocher dafür bereits Schmerzensgeld und Entschädigung zahlen musst, hat ihn das AG Dortmund nun auch strafrechtlich verurteilt. Fat Comedy muss 120 Tagessätze à 15 Euro (insgesamt 1.800 Euro) zahlen, so LTO.

BVerfG-Präsident Harbarth im Interview: RND (Kristina Dunz) spricht mit dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Stephan Harbarth über die Schuldenbremse, ein AfD-Verbotsverfahren, wehrhafte Demokratie, 75 Jahre Grundgesetz und Taurus-Lieferungen an die Ukraine.

Richterin als Influenzerin: LTO-Karriere (Vanessa M. Rolke) stellt im Interview die Richterin Martina Flade vor, die neben ihrer Tätigkeit vor Gericht strafrechtliche Themen auf Instagram erklärt und zwei juristische Podcasts betreibt. Sie sehe ihre Social-Media-Aktivitäten als "Chance, aus Sicht einer Richterin heraus die Rechtslage und die verschiedenen Verfahren zu vermitteln", sagt Flade.

Recht in der Welt

IGH/Deutschland – Krieg in Gaza: Die Klage Nicaraguas, in der der Bundesrepublik u.a. wegen Waffenlieferungen an Israel ein Verstoß gegen die Völkermordkonvention vorgeworfen wird, soll laut LTO am 8. und 9. April vor dem Internationalen Gerichtshof verhandelt werden. Dabei wird es zunächst nur um das Eilverfahren gehen, das Nicaragua angestrengt hat.

IGH/Israel – Besatzung palästinensischer Gebiete: Das Gutachtenverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof, in dem gegen Israel u.a. der Apartheidsvorwurf erhoben wird, erläutert Rechtsprofessor Kai Ambos im FAZ-Einspruch. Er plädiert für eine sachliche Auseinandersetzung mit Vorwürfen gegenüber Israel und seiner Politik, was – so Ambos – mittel- und langfristig zum Erhalt des Staates Israel als liberalem und demokratischem Rechtsstaat beitrage. Die jüngsten Verfahren vor dem IGH machten deutlich, dass die Lösung der Palästinafrage in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht existenziell für Israel sei.

USA – Trump/Wahlbeeinflussung in Georgia: Die Mo-SZ (Peter Burghardt) stellt den amerikanischen Richter Scott McAfee vor, der beim Fulton County Superior Court in Atlanta/Georgia für den Prozess gegen Ex-Präsident Trump wegen des Vorwurfs der Wahlfälschung zuständig ist. Er ist seit 2023 der jüngste Richter an diesem Gericht und gelte als "tendenziell konservativ, entschlossen und besonnen".

Juristische Ausbildung

Examensergebnisse: LTO (Helena Schroeter) befasst sich mit der Statistik der Examensergebnisse des Jahres 2022. Danach haben in diesem Jahr bundesweit insgesamt 22.872 Studierende und Referendar:innen an den Prüfungen des ersten bzw. zweiten Staatsexamens teilgenommen. In den meisten Bundesländern lagen die Durchfallquoten 2022 im ersten Examen zwischen 25 und 30 Prozent, besonders viele Durchfaller:innen im ersten Examen gab es in Brandenburg mit 41,79 Prozent. Bei der zweiten Staatsprüfung bewegten sich die Durchfallquoten in den meisten Bundesländern zwischen 14 und 16 Prozent.

Sonstiges

Demokratie: Wolfgang Janisch (SZ) hat das Buch des Historikers Friedrich Kießling und des Rechtsprofessors Christoph Safferling "Der Streitfall", das sich der Entwicklung der Demokratie in Deutschland seit den frühen Formen des Parlamentarismus ab 1815 bis widmet, gelesen. Auch wenn die Autoren "kein Happy End versprechen" und Gründe für das Scheitern der Demokratie auch in diesem Buch dutzendweise zu finden seien – am Ende sei es doch ein Ermutigungsbuch geworden, schreibt Janisch.

Digitale Überwachung: Martin Rath stellt auf LTO ein neues Buch über die Entwicklung des chinesischen Sozialkreditsystem vor und erinnert daran, dass es auch hierzulande bereits vor einigen Jahrzehnten Überlegungen zu einer als soziale Steuerungstechnik verstandenen Kybernetik gab.

 

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LTO/pf/chr

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. März 2024: . In: Legal Tribune Online, 18.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54134 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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