Der Tagesspiegel will in Straßburg die Reichweite von Presseauskunftsrechten gegenüber Parlamenten klären lassen. Wie kann Thüringens Verfassung "wetterest" gemacht werden? Der Bundestag hat die Dokumentation von Strafprozessen beschlossen.
Thema des Tages
EGMR – Auskunft zu Parlamentarier:innen: tagesspiegel.de (Jost Müller-Neuhoff) berichtet in eigener Sache über eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der Tagesspiegel hatte bei der Bundestagsverwaltung vergeblich statistische Informationen über Immunitätsverfahren gegen Parlamentarier:innen erfragt. Anlass war der Fall des früheren SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy, gegen den wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften und Videos ermittelt wurde. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte der Tagesspiegel-Klage auf Informationen zu Immunitätsverfahren 2015 noch in vollem Umfang stattgegeben, die nachfolgenden Instanzen hatten dann aber die Klage abgelehnt und parlamentarische Angelegenheiten grundsätzlich vom Auskunftsanspruch der Presse ausgenommen. Der EGMR soll jetzt klären, wieweit das Auskunftsrecht der Presse in parlamentarischen Angelegenheiten reicht. Der EGMR hat die Beschwerde der Bundesregierung zugestellt und um Stellungnahme gebeten.
Rechtspolitik
Resiliente Demokratie in Thüringen: Angesichts der Umfragen, die für die nächste Thüringer Landtagswahl eine Mehrheit für die AfD vorhersagen, warnen Maximilian Steinbeis und die Rechtsprofessoren Herrmann Heußner und Arne Pautsch auf dem Verfassungsblog davor, dass die Partei, wenn sie über ein Drittel oder mehr der Sitze im Landtag verfügt Verfassungsänderungen blockieren kann. Die Autoren beschreiben, welche Vorkehrungen deshalb noch in dieser Legislaturperiode getroffen werden müssten. Noch sei es möglich, die Landesverfassung für die kommenden stürmischen Zeiten einigermaßen wetterfest zu machen. Die demokratischen Parteien im Thüringer Landtag müssten sich dazu entschließen, wenigstens einige der "klaffendsten Lücken" zu schließen – darunter die Regelung zur Ministerpräsidentenwahl, die weiterhin auf fatale Weise offenlasse, ob und wie sich ein Kandidat ohne Mehrheit im Landtag an die Spitze einer Minderheitsregierung wählen lassen könne.
Dokumentation der Hauptverhandlung: In der vergangenen Woche hat der Bundestag die Neuregelung für die audiovisuelle Aufzeichnung der strafrechtlichen Hauptverhandlung in erstinstanzlichen Verfahren vor den Land- und Oberlandesgerichten beschlossen. Künftig soll mindestens der Ton der Verhandlung aufgezeichnet und per Software anschließend transkribiert werden. Außerdem sollen die Länder die Möglichkeit erhalten, durch Rechtsverordnung auch eine Videoaufzeichnung teilweise oder flächendeckend einzuführen. Die Neuerungen sollen bis 2030 bundesweit schrittweise eingeführt werden. Ausnahmen von Aufzeichnungen sollen weiterhin möglich bleiben – etwa bei Sexualstraftaten oder wenn Kinder vor Gericht auftreten. Sa-FAZ und LTO berichten.
Video-Verhandlungen: Streitigkeiten in Zivilsachen sollen häufiger als bisher per Videokonferenz verhandelt werden. Der Bundestag hat eine entsprechende Neuregelung in der vergangenen Woche verabschiedet, wie die Sa-FAZ (Corinna Budras) berichtet. Bereits der Antrag eines Verfahrensbeteiligten auf eine Videoübertragung soll danach ausreichen; diesen Wunsch sollen die Vorsitzenden Richter:innen künftig nur noch in Ausnahmefällen ablehnen dürfen.
Schuldenbremse: Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verletzung der Schuldenbremse, brauche das Grundgesetz eine "Renovierung", schreibt die Sa-taz (Hannes Koch). Die Schuldenbremse sollte danach so geändert werden, dass sie für Konsumausgaben wie Rente, Gehälter, soziale Sicherung zwar weiter gelten würde, Ausgaben aber, die Werte für künftige Generationen schaffen, solle der Staat in größerem Umfang mit Krediten finanzieren können.
Die Forderung, die Schuldenbremse umzugestalten oder gar abzuschaffen, bringe gegen die aktuelle Haushaltskrise gar nichts, meint Christian Rath (Mo-taz). Eine Verfassungsänderung benötige eine Zweidrittelmehrheit und die sei bis auf Weiteres nicht zu sehen. Entscheidend sei, dass die Ampel-Koalition sich jetzt darauf verständige, die Möglichkeiten zu nutzen, die das BVerfG-Urteil dem Bundestag belasse, etwa "jährlich wiederholte Feststellungen der Notlagensituation".
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um zu prüfen, ob der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF, "Doppel-Wumms") den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts gerecht wird. Das Gutachten soll spätestens Anfang der kommenden Woche vorliegen. Danach werde entschieden, ob die CDU/CSU-Abgeordneten auch dagegen klagen werden. spiegel.de berichtet.
Verfassungsschutz und BND: Der Bundestag hat laut Sa-FAZ (Helene Bubrowski) und LTO kurz vor der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist eine Reform der Bundesgesetze für den Verfassungsschutz und den Bundesnachrichtendienst erabschiedet. Kernpunkte sind dabei die vom BVerfG angemahnten Vorgaben zur Datenübermittlung an Polizei und Behörden. Dem BND und dem Verfassungsschutz ist danach die Weitergabe von Daten und Informationen künftig nur noch unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt - etwa wenn es um besonders schwere Straftaten geht. Außerdem sollen sich die Nachrichtendienste durch die neuen Regelungen besser gegen Spionage aus den eigenen Reihen absichern können.
Kritik am neuen Gesetz kommt laut beck-aktuell vom Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber. Neben teilweise nicht ausreichenden Rechtsgrundlagen beklagt Kelber, dass datenschutzrechtliche Anforderungen nicht erfüllt werden.
Alexander Haneke (Sa-FAZ) kritisiert, dass die Gesetzgebung wieder einmal "im Eiltempo" erfolgte. Dabei wären "größtmögliche Ruhe und Akkuratesse" bei der Neuregelung angebracht gewesen. Haneke mahnt, dass jede unnötige bürokratische Fessel, die den Sicherheitsbehörden angelegt werde, die Bürger:innen teuer zu stehen kommen könne.
BVerfG-Richterwahl: LTO (Christian Rath) hat erfahren, dass der frühere bayerische CSU-Justizminister Winfried Bausback die Nachfolge des scheidenden Bundesverfassungsrichters Peter Müller im Zweiten Senat antreten soll. Darauf hätten sich CDU und CSU geeinigt. Die Wahl soll am Freitag im Bundesrat stattfinden. In seiner Dissertation hatte Bausback einst Grundmandatsklauseln für verfassungswidrig erklärt. Da die CSU gerade beim BVerfG gegen die Abschaffung der Grundmandatsklausel im Bundestags-Wahlrecht klagt, sei der Personalvorschlag uneigennützig.
Aktionen vor Abtreibungskliniken: Bundesjustiz- und Bundesfamilienministerium haben sich nach langem Ringen auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der sogenannte "Gehsteigbelästigungen" verbieten soll, bei denen selbsternannte Lebensschützer:innen vor Beratungsstellen und Praxen versuchen, schwangere Frauen vom Schwangerschaftsabbruch abzuhalten. Wie der Spiegel berichtet, sollen künftig keine Hindernisse vor einer Beratungsstelle oder Praxis errichtet werden dürfen und Schwangere in Hör- und Sichtweite nicht gegen ihren Willen angesprochen, bedrängt oder eingeschüchtert werden. Verboten werden solle auch, Darstellungen zu Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch zu verteilen, die unwahr sind oder auf eine starke emotionale Beunruhigung der Schwangeren abzielten. Verstöße sollen als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden.
Kinderpornografie: Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat jetzt seinen Gesetzentwurf zur Absenkung der Mindeststrafandrohung für die Verbreitung, den Erwerb und den Besitz kinderpornografischer Inhalte veröffentlicht. Den Staatsanwaltschaften und Gerichten soll so nach der Strafverschärfung aus dem Jahr 2021 die Möglichkeit zurückgegeben werden, Strafverfahren einzustellen, wenn die Tat nicht strafwürdig war. beck-aktuell berichtet.
Der Schritt sei überfällig, meint Jost Müller-Neuhoff (tagesspiegel.de). Warnungen, dass es die Falschen treffe, habe es zuhauf gegeben, sie seien schlicht ignoriert worden.
Prostitution: Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Teresa Katharina Harrer analysiert im Verfassungsblog das Positionspapier der CDU-Fraktion im Bundestag, in dem das so genannte Nordische Modell gefordert wird, wonach die Inanspruchnahme, nicht aber das Anbieten sexueller Dienstleistungen unter Strafe gestellt werden soll. Die Autorin kritisiert u.a. dass die "Reduktion auf ein reines Opfernarrativ" eine Hilf- und Willenlosigkeit von Frauen suggeriere. Die stark vereinfachte Beschreibung der Realitäten in der Prostitution blende Facetten der Sexarbeit und sexuellen Selbstbestimmung aus, die komplexere Problemlösungsansätze erfordern.
Auch Anna-Lena Ripperger (FAS) hält ein "Sexkaufverbot", für den falschen Weg und eine "Mogelpackung" und verweist auf Erfahrungen aus anderen Ländern. So hätten in Frankreich Prostituierte berichten, dass Freier dann oft risikoreichere Praktiken verlangten oder niedrigere Preise. Das ohnehin asymmetrische Machtverhältnis habe sich zu Ungunsten der Prostituierten verschoben.
Künstliche Intelligenz: Über die Hürden im EU-Gesetzgebungsprozess zum KI-Act schreibt die FAS (Alexander Wulfers). Eigentlich hätte in wenigen Monaten ein fertiger Entwurf der neuen KI-Verordnung zur Abstimmung vorliegen sollen. Ob es tatsächlich so komme, sei allerdings so unsicher wie lange nicht. Das liege auch an Mitgliedstaaten wie Deutschland, die zuletzt die Interessen ihrer eigenen KI-Hoffnungsträger vor alles andere gestellt hätten.
Versammlungsrecht und Staatsangehörigkeit: Dass die verfassungsrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit nach dem Grundgesetz nur deutschen Staatsbürgern zusteht, findet Rechtsprofessor Arnd Diringer in seiner Kolumne "Recht behalten" in der WamS richtig und fordert in diesem Zusammenhang, dass an den Erwerb der Staatsangehörigkeit, die dann den Schutz dieses Grundrecht eröffnet, strenge Anforderungen gestellt werden sollten.
Justiz
BVerfG – Bundestagswahl in Berlin: Mehr als zwei Jahre nach der vergangenen Bundestagswahl will das Bundesverfassungsgericht am 19. Dezember seine Entscheidung verkünden, in welchem Umfang die Bundestagwahl in Berlin wiederholt werden muss. Die Wiederholungswahl selbst soll dann wohl am 11. Februar stattfinden, schreiben tagesspiegel.de (Julius Betschka/Christian Latz) und Mo-taz. Das Verfahren beruht u.a. auf einer Wahlprüfungsbeschwerde der Bundestags-Unionsfraktion, der der Bundestagsbeschluss, wonach die Wahl wegen der Unregelmäßigkeiten 2021 nur in 327 der 2256 Wahlbezirke wiederholt werden sollte, nicht ausreichte.
BVerfG zu EU-Corona-Aufbaufonds: Die AfD-Bundestagsfraktion ist laut beck-aktuell mit einer Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, mit der die Beteiligung der Bundesrepublik an dem Wiederaufbaufonds "Next Generation EU" gestoppt werden sollte. Die Klage war bereits unzulässig, weil die AfD-Fraktion ihre Antragsbefugnis nicht ausreichend dargelegt habe. Im Übrigen habe das BVerfG die aufgeworfenen Rechtsfragen bereits im Dezember 2022 umfassend entschieden.
BVerfG zu Schuldenbremse: Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Ester Schukajlow analysiert im Juwiss-Blog meint, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von vorigem Mittwoch die Stellung klimapolitischer Belange im Haushaltswesen des Bundes gestärkt habe, da sie betone, dass die Klimakrise nicht überraschend komme.
In der Sa-FAZ (Katja Gelinsky) wird die federführende Richterin des Verfahrens, Sibylle Kessal-Wulf, vorgestellt, die "keine Dramaqueen" sei. Aufgefallen sei die Richterin vor allem durch Qualitäten und Tugenden, die zum klassischen Repertoire einer Verfassungsrichterin zählten: als Juristin mit herausragenden fachlichen Leistungen, Fleiß, Disziplin und Umsichtigkeit.
BVerfG zur Wiederaufnahme: In seiner Kolumne auf spiegel.de unterstützt Ex-Bundesrichter Thomas Fischer das Sondervotum der Verfassungsrichter:innen Christine Langenfeld und Peter Müller, die eine Vorschrift wie § 362 Nr. 5 StPO nicht für generell verfassungswidrig hielten. Es sei nicht überzeugend, so Fischer, bei § 362 Nr. 4 StPO (Wiederaufnahme nach einem Geständnis) auf das Rechtsempfinden der Bevölkerung abzustellen, dies aber beim Auffinden neuer Beweismittel für unzulässig zu halten.
BGH zu Standgebühren für abgeschleppte Kfz: Abschleppunternehmen dürfen nicht unbegrenzt Standgebühren für abgeschleppte Fahrzeuge erheben, hat der Bundesgerichtshof am Freitag entschieden. Im konkreten Fall aus Sachsen hatte eine Abschleppfirma 4935 Euro verlangt, weil das Fahrzeug während eines Rechtsstreits zunächst auf dem Gelände stehenblieb – und sich die Summe so Tag für Tag erhöhte. Das Oberverwaltungsgericht hatte – jetzt bestätigt durch den BGH – dem Unternehmen nur 75 Euro zugestanden, weil der Halter bereits nach wenigen Tagen die Herausgabe verlangte, das Unternehmen darauf aber nicht reagiert hatte. Sa-SZ, zeit.de, spiegel.de, beck-aktuell (Joachim Jahn) und LTO berichten über die Entscheidung.
LG Düsseldorf zu Impfschäden: Das Landgericht Düsseldorf hat die Klagen mehrerer Männer und Frauen abgewiesen, die Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen vermeintlicher Impfschäden (u.a. Erschöpfungszustände, Autoimmunreaktionen, Sehverlust) gegen die Hersteller Biontech und Moderna geltend machten. Laut Gericht haben die Kläger:innen nicht ausreichend dargelegt, dass die Impfstoffe eine negative Nutzen-Risiko-Bilanz aufweisen und dass die Hersteller unzutreffende Angaben machten. Das Gericht stellte dabei vor allem auf die Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA ab. Sa-FAZ (Reiner Burger) und beck-aktuell berichten.
LG Leipzig – Gil Ofarim: Die FAS (Stefan Locke) schildert ausführlich den bisherigen Prozessverlauf vor dem Landgericht Leipzig gegen den Sänger Gil Ofarim wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung.
GenStA Berlin – Abu-Chaker: Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft ermittelt laut Sa-FAZ (Sebastian Eder) gegen Arafat Abou-Chaker wegen des Tatvorwurfs der Volksverhetzung. Er hatte Ende Oktober in einem Livestream mit dem salafistischen Prediger Pierre Vogel auf Tiktok die israelische Regierung mit dem NS-Regime verglichen. "Für mich ist Adolf Hitler besser als Netanjahu", sagte Abou-Chaker damals.
Schöff:innen beim Deal: Rechtsprofessor Jörg Kinzig und der wissenschaftliche Mitarbeiter Benedikt Iberl fassen auf LTO eine Umfrage der Universität Tübingen zusammen, in der 9.000 Schöffinnen und Schöffen nach ihren Erfahrungen bei strafrechtlichen Verständigungen gefragt wurden. Sie seien bei "Deals" meist "außen vor, so die Hauptaussage der Untersuchung, obwohl ihre Mitwirkung eigentlich gesetzlich vorgeschrieben sei. Bedenklich stimme auch, dass offenbar über die Hälfte der Schöff:innen mindestens einmal eine Absprache erlebt habe, in der verbotene Inhalte, z.B. Absprachen über den Schuldspruch oder über die Vereinbarung von Punktstrafen, thematisiert wurden.
Zeug:innen: In seiner Kolumne "Vor Gericht" widmet sich Ronen Steinke (Sa-SZ) den Zeugen in Strafverfahren und schildert seine Erfahrungen, wie mit ihnen durch das Gericht umgegangen wird. Auch wenn Richterinnen und Richter aus guten Gründen zugeknöpft bleiben müssten und es sich für sie nicht gehöre, Zeug:innen ihr Mitleid auszusprechen (weil man die Jurist:innen sonst für befangen halten könnte), spreche doch nichts dagegen, sich zugewandt zu zeigen.
Hans-Jürgen Papier: Das Bundesverfassungsgericht widmete am Freitag dem achtzigsten Geburtstag seines früheren Präsidenten Hans-Jürgen Papier eine Feierstunde, über die LTO (Christian Rath) berichtet. Ex-Verfassungsrichter Udo Di Fabio würdigte Papier in seiner Festrede als "liberalen Konservativen", der durch die Tätigkeit im Grundrechtssenat des Gerichts "weiter liberalisiert" wurde. In seiner Dankesrede warnte Papier vor der "autoritären Versuchung", der in der Corona-Zeit auch Intellektuelle wie Jürgen Habermas nachgegeben hätten.
Recht in der Welt
USA – Trump/Wahlausschluss: Ein Bezirksgericht in Colorado hat Donald Trump zu den Vorwahlen für die Präsidentschaftswahl zugelassen. Die Kläger hatten mit einem Verfassungszusatz argumentiert, wonach Teilnehmer an einem Aufstand kein öffentliches Amt mehr bekleiden dürfen. Laut Gericht gilt diese Verfassungsnorm aber nicht für das Präsidentenamt. Zuvor hatten auch Gerichte in Minnesota und Michigan so entschieden. spiegel.de berichtet
Ukraine - korrupte Gerichte: Die Sa-SZ (Florian Hassel) gibt einen Überblick über die zähen Versuche in der Ukraine, korrupte Richter:innen aus ihrem Amt zu entfernen. Dies sei deshalb so schwierig, weil mit der Aufgabe teilweise zweifelhafte Richter:innen betraut wurden. Auch das Verfassungsgericht sei korrupt und behindere die Anti-Korruptionsermittlungen. Nur das Hohe Anti-Korruptionsgericht wird als zuverlässig (wenn auch überfordert) dargestellt.
Israel/Krieg in Gaza: Die Sa-SZ (Ronen Steinke) hat mit Rechtsprofessor Christoph Safferling über den rechtlichen Rahmen gesprochen, in dem Israel bei seiner Verteidigung handelt. Mit Bezug auf das Al-Schifa-Hospital weist Safferling darauf hin, dass es noch nie eine strafrechtliche Verurteilung wegen übermäßiger Kollateralschäden gab. Der Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" gelte auch bei der Beurteilung, ob ein ziviles Objekt, das auch militärisch genutzt wird, attackiert werden darf. Er wundere sich, dass der Internationale Strafgerichtshof nicht schon längst Ermittlungen aufgenommen habe. Zwar lehne Israel den Gerichtshof ab, Palästina habe jedoch das Römische Statut ratifiziert.
Auch die Sa-taz (Felix Wellisch) widmet sich in einem FAQ der völkerrechtlichen Lage in Gaza und insbesondere dem Al-Schifa-Hospital.
Großbritannien – Asylverfahren in Ruanda: Die Rechtswissenschaftler Alice Donald und Joelle Grogan erläutern im Verfassungsblog (in englischer Sprache) die Entscheidung des britischen Supreme Courts zum Ruanda-Pakt und die Reaktion der Regierung darauf.
Sonstiges
Föderalismus: Henrike Roßbach und Wolfgang Janisch (Sa-SZ) diskutieren in einem Pro und Contra die Frage, ob der Föderalismus eine Zukunft hat. Der deutsche Föderalismus in der heutigen Version sei vor allem ein gewaltiges Hindernis, meint Roßbach und verweist auf Bürokratie, die Bürger:innen und Unternehmen verzweifeln lasse, epische Genehmigungsverfahren, den nicht vorhandene Datenaustausch zwischen Behörden und in Teilen dysfunktionale Verwaltungsstrukturen. All das werde nicht besser dadurch, dass es vieles in 16-facher Ausführung gibt, so Roßbach. Wolfgang Janisch dagegen meint, dass in der Demokratie Politik immer Kompromiss heiße und verweist auf die Coronazeit, die Deutschland besser überstanden habe, als andere – zentralisierte – Staaten.
Staatsräson: Die einst von Bundeskanzlerin Angela Merkel beschworene "Staatsräson", dass Deutschland für die Sicherheit Israels einstehe, ist rechtlich nicht verbindlich, erläutert Ronen Steinke (Sa-SZ). Die Forderung des hessischen Justizministers Roman Poseck (CDU), der das "öffentliche Leugnen des Existenzrechts Israels" mit Verweis auf die "Staatsräson" unter Strafe stellen will, sei daher auch auf wenig Unterstützung bei den übrigen Landesjustizminister:innen gestoßen. Und wenn jetzt bei Verboten pro-palästinensischer Demonstrationen die Staatsräson als Argument angeführt werde, sei das rechtswidrig.
Rechtsgeschichte – Auschwitz-Prozess: Die Doktorandin Katharina Reisch hat sich für LTO die ersten beiden Folgen der Disney-Plus-Serie "Deutsches Haus", in der es um den ersten Auschwitzprozess in Frankfurt geht, angeschaut und war beeindruckt. Die Serie sei schonungslos und ehrlich und anklagend, ohne anzuklagen. Sie sei ein wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur in Deutschland.
Rechtsgeschichte – Provinz und Recht: Dass sich Rechtsfragen in Stadt und Land unterschiedlich stellen können, beschreibt Martin Rath auf LTO am Beispiel der Provinz Westfalen.
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