Die juristische Presseschau vom 3. bis 5. Dezember 2022: Wire­card-Pro­zess vor Beginn / BAG-Begrün­dung zur Arbeits­zei­t­er­fas­sung / bel­gi­scher Ter­r­or­pro­zess beginnt

05.12.2022

Am Donnerstag beginnt in München die Hauptverhandlung gegen den Ex-Wirecard-Chef Markus Braun. Das BAG veröffentlichte die Gründe zur Entscheidung zur Arbeitszeiterfassung. In Belgien stehen ab heute islamistische Attentäter vor Gericht.

Thema des Tages

LG München I – Ex-Wirecard-Chef Braun: Ab Donnerstag muss sich der ehemalige Chef von Wirecard Markus Braun gemeinsam mit zwei Mitangeklagten vor dem Landgericht München I verantworten. Es gehe um gewerbsmäßigen Bandenbetrug in Milliardenhöhe, Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Untreue, schreiben Sa-FAZ (Marcus Jung/Henning Peitsmeier) und WamS (Steffen Fründt). Nach Darstellung der Verteidigung ist Braun selbst zum Opfer einer Bande geworden, die von ihm unbemerkt im Konzern schalten und walten konnte. Die Staatsanwaltschaft ist dagegen der Ansicht, dass die angeblich mit Drittpartnern erwirtschafteten und auf Treuhandkonten verbuchten Milliardenumsätze einem ausgeklügelten gemeinsamen System der Täuschung entstammen, mit Braun als Bandenführer.

In der Sa-SZ (Nils Wischmeyer/Jan Diesteldorf) werden die wichtigsten Personen des Verfahrens vorgestellt: Neben Markus Braun gehören dazu die Mitangeklagten Stephan E. und Oliver Bellenhaus, aber auch die Münchener Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl und der Insolvenzverwalter von Wirecard Michael Jaffé und der untergetauchte Jan Marsalek. Der Spiegel (Tim Bartz/Martin Hesse) widmet sich insbesondere Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm, der "in den vergangenen Jahren fast immer dabei und mittendrin gewesen war", wenn die großen Wirtschaftsskandale verhandelt wurden: Ob Schlecker-Pleite, Dieselskandal, Cum-Ex-Affäre – Dierlamm habe Angeklagte, Kronzeugen, Unternehmen oder Wirtschaftsprüfer vertreten.

Rechtspolitik

§ 218 StGB: Die Einsetzung der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin, die laut Koalitionsvertrag auch eine Regulierung des Schwangerschaftsabbruches außerhalb des Strafgesetzbuches prüfen soll, verzögert sich, wie die Mo-taz (Nicole Opitz) berichtet. Die Bundesregierung begründete dies in einer parlamentarischen Antwort damit, dass innerhalb der Bundesregierung der Austausch über die Kommission noch nicht abgeschlossen sei.

Video-Verhandlungen: Benedikt Windau (ZPO-Blog) befürchtet, dass ein von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vorgelegter Gesetzentwurf nicht, wie eigentlich angestrebt, Videoverhandlungen fördert, sondern sie vielmehr verhindern könnte. Es werde zu wenig berücksichtigt, dass das größte Hindernis die nach wie vor sehr unterschiedliche und teils völlig unzureichende Ausstattung der Gerichte sei. Außerdem kritisiert er die vorgesehene "Türsteherfunktion" des Gerichts: Nach bisherigen Erfahrungen werde hier das eingeräumte Ermessen nicht immer fehlerfrei ausgeübt. Die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde werde den Prozess nicht nur verzögern, auch bleibe der Prüfungsmaßstab des Beschwerdegerichts unklar.

Chancen-Aufenthalt: LTO stellt das neue Chancen-Aufenthaltsrecht vor, das der Bundestag am Freitag beschlossen hat und das mehreren zehntausenden Menschen mit einer bisherigen Duldung eine längerfristige Aufenthaltsperspektive bieten soll.

Im Verfassungsblog beschreiben die beiden Doktorandinnen Isabel Kienzle und Rhea Nachtigall den in den Bundesländern unterschiedlichen Umgang mit geduldeten Ausländer:innen im Hinblick auf die erwartete Neuregelung. Während in zahlreichen Bundesländern die Ausländerbehörden angewiesen wurden, bei voraussichtlichen Adressat:innen des Chancenaufenthaltsrechts von Abschiebungen abzusehen, wurden sie in Bayern gerade gegenüber Personen ergriffen, die voraussichtlich von der Neuregelung profitieren würden. Die Autorinnen vertreten die Auffassung, dass sich eine Vorwirkung des Gesetzententwurfes, die entsprechende Abschiebungen verhindert, aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Bundestreue ableiten lasse. 

IMK - Vorratsdatenspeicherung: Die Landesinnenminister:innen haben auf ihrer Herbstkonferenz die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung für IP-Adressen gefordert. Aus Sicht der ebenfalls anwesenden Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) stelle das von Bundesjustizminister Buschmann vorgeschlagene Quick-freeze-Verfahren nur eine "Methodik" dar, die jedoch notwendigerweise auf die Speicherung von IP-Adressen angewiesen sei, um Täter:innen schwerer Verbrechen zu ermitteln, schreibt netzpolitik.org (Daniel Leisegang). Faeser sei nach eigenen Angaben optimistisch, dass sich die Bundesregierung "bald" einigen werde. Wie ein Kompromiss aussehen könnte, habe sie allerdings offengelassen.

BVerfG-Richterwahl: Angesichts der bereits beendeten Amtszeit der Verfassungsrichter:innen Monika Hermanns und Peter Huber beschreibt zdf.de (Christoph Schneider) das Prozedere der Richter:innenwahl in Bundestag und Bundesrat. Die Nachfolge sei noch nicht geklärt, weshalb die beiden Richter:innen noch im Amt sind. Die nächste Sitzung des Wahlausschusses des Bundestags sei für den 12. Dezember vorgesehen. Dann soll es neben der Nachfolge von Hermanns und Huber auch um die Nachfolge von Verfassungsrichterin Susanne Baer gehen, deren Amtszeit am 1. Februar 2023 endet. 

Sanktionen: Die EU-Kommission hat einen Vorschlag zur Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Strafandrohungen bei Verstößen gegen EU-Sanktionen vorgelegt. Unter anderem ist vorgesehen, dass bei schwersten Verstößen von Einzelpersonen die Höchststrafe nicht unter fünf Jahren Haft liegt. Außerdem seien auch Maßnahmen gegen juristische Personen wie Firmen oder Vereine vorgesehen, schreibt spiegel.de.

Digitales Bundesgesetzblatt: Entsprechend einer vom Bundestag in der vergangenen Woche verabschiedeten Grundgesetzänderung werden künftig Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes auf einer digitalen Plattform verkündet. Durch den Verzicht auf die Papierfassung werde "eine große Menge an Papier eingespart und das Verkündungswesen beschleunigt", erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann laut spiegel.de.

Syndikusanwält:innen und DRV-Befreiung: Rechtsanwalt Martin W. Huff informiert auf LTO über eine gesetzliche Neuregelung, die ab 2023 die Beantragung einer Rentenversicherungsbefreiung für Syndikusanwält:innen ausschließlich auf elektronischem Weg vorsieht. Hintergrund für die Umstellung auf das elektronische Verfahren sei der Wille des Gesetzgebers, mittelfristig alle Verfahren im Bereich der sozialen Sicherung vollständig elektronisch abzubilden, man erhoffe sich davon unter anderem eine spürbare Beschleunigung der Verfahren.

Justiz

BAG zur Arbeitszeiterfassung: Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt die Begründung für seinen Beschluss zur Arbeitszeiterfassung aus dem September veröffentlicht. Danach müssen Arbeitgeber die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten erfassen, schreibt die Sa-SZ (Benedikt Peters/Roland Preuß). Zu Detailfragen der Arbeitszeiterfassungspflicht gibt es allerdings noch Klärungsbedarf, hier müsse der Gesetzgeber tätig werden. Es sei wichtig für die Beschäftigten und für die Unternehmen, dass schnell eine Neuregelung geschaffen werde, die für Betriebe und Unternehmen klar und verständlich und in der Anwendung so einfach wie möglich sei, wird Bernd Rützel (SPD), Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, zitiert.

Es sei eine zumindest kleine Entwarnung für Firmenchefs, meint Benedikt Peters (Mo-SZ). Die BAG-Richter:innen ließen ihnen und den Betriebsräten Spielräume bei der konkreten Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung. Florian Gontek (spiegel.de) erinnert an die Entscheidung des EuGH von 2019, der bereits die Arbeitgeber zu einer "objektiven, verlässlichen und zugänglichen Arbeitszeiterfassung" verpflichtet hatte. Darauf hatte der deutsche Gesetzgeber aber nicht reagiert und keine Regeln zur Ausgestaltung beschlossen. "Die Uhr tickt" jetzt, so Gontek.

BVerfG zu Indizierung von Bushido-Album: Der Rapper Bushido ist vor dem Bundesverfassungsgericht mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Indizierung seines 2014 erschienen Albums "Sonny Black" gescheitert. Die 2. Kammer des Ersten Senats nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, berichtet LTO. Die Verfassungsbeschwerde habe keine Aussicht auf Erfolg. Zwar werde auch Gangster-Rap von der Kunstfreiheit geschützt, es sei aber nicht ohne Weiteres erkennbar, dass die Texte keinen Realitätsbezug aufweisen und lediglich genretypische Wortspiele seien. Deshalb besteht die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche die beschriebenen Straftaten nachahmen.

VerfG Hamburg – Bürgerschaftswahl: Das Hamburger Verfassungsgericht hat über eine Wahlbeschwerde des FDP-Politiker Carl Cevin-Key Coste gegen die Bürgerschaftswahl 2020 verhandelt. Insbesondere kritisierte er die Einteilung in Mehrmandatskreise. Coste hatte kein Mandat errungen, weil die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war. Das Gericht will laut LTO am 3. Februar entscheiden.

LG Oldenburg zu Fake-Impfung: Im Spiegel (Julia Jüttner) wird noch einmal ausführlich der Hintergrund zum Strafprozess gegen eine Krankenschwester zusammengefasst, die in einem Impfzentrum Spritzen mit Kochsalzlösung statt mit Corona-Impfstopf verabreicht hatte und die deshalb in der vergangenen Woche zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde. Im Verfahren wurde auch eine mögliche politische Motivation thematisiert, weil die Angeklagte in einschlägigen Foren verschwörungsideologische Inhalte weitergeleitet hatte.

LG Trier zu Drogenhandel im Darknet: Wie die Sa-FAZ vermeldet, hat das Landgericht Trier ein australisches Ehepaar wegen der bewaffneten Einfuhr von Betäubungsmitteln und Beihilfe zum Drogenhandel zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sie mit weiteren Tätern den Handelsplatz Darkmarket betrieben hatten.

VG Schleswig zur Schulpflicht: Dass die Schulpflicht notfalls auch mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann, hat jetzt das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein im Fall eines Elternpaares entschieden, das sich auf Grund der Coronamaßnahmen geweigert hatte, ihr Kind zur Schule zu schicken. Wenn Probleme mit einer konkreten Schule nicht anders gelöst werden können, stehe es den Eltern frei, eine andere staatliche oder private Schule für ihren Sohn zu wählen. Keine Schule zu wählen, sei keine rechtlich zu duldende Option. LTO berichtet.

RiDG Sachsen zu Jens Maier: Die Entscheidung des Richterdienstgerichtes Sachsen, den Richter und früheren AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen, sei richtig, meint Jost-Müller-Neuhof (tagesspiegel.de). Maier sei nicht wegen seiner inneren Einstellungen untragbar geworden, sondern weil deren äußeres Bekunden die Justiz als solche beschädige. Die Justiz selbst sei es, die vor ihm geschützt gehöre. Der Fall Maier sei dennoch kein Musterfall für Forderungen, Beamte stärker auf ihre Verfassungstreue hin zu überprüfen, so Neuhof weiter. Maier sei, soweit bekannt, ein Sonder- und Extremfall.

Unverteidigt vor Gericht: in seiner Kolumne "Vor Gericht" beschreibt Ronen Steinke (Sa-SZ) an zwei Fällen, wie verheerend es sein kann, wenn Angeklagte ohne anwaltlichen Beistand sich selbst verteidigen müssen.

EuGH: Der Einfluss des Europäischen Gerichtshofes wachse zwar, stellt zdf.de (Jan Henrich) anlässlich des 70. Gründungstages des EuGHs fest, allerdings werde an dem Grundsatz, dass der Gerichtshof das letzte Wort habe, "aktuell kräftig gerüttelt". Den Anstoß dazu habe ausgerechnet das Bundesverfassungsgericht 2020 mit seiner Entscheidung zu den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank gegeben. Endgültig zugespitzt habe sich die Debatte allerdings im Oktober vergangenen Jahres, als der polnische Verfassungsgerichtshof sogar den Vorrang des EU-Rechts generell in Frage stellte.

Recht in der Welt

Belgien – Zaventem-Terrorprozess: In Brüssel beginnt am heutigen Montag der "größte und teuerste Strafprozess Belgiens". Angeklagt sind zehn Männer überwiegend marokkanischer Herkunft wegen des Terroranschlages 2016 auf den Flughafen Zaventem. Ihnen werden 32 Morde, 687 Mordversuche und die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Auf der Anklagebank sitze aber auch der belgische Staat, schreibt die Mo-SZ (Josef Kelnberger), denn die islamistische Terrorzelle, die im Namen des IS bereits ein halbes Jahr zuvor in Paris 130 Menschen tötete, sei mitten in Brüssel vor den Augen der Sicherheitsbehörden herangewachsen. Die FAZ (Thomas Gutschker) berichtet auch von Pannen im Vorfeld des Prozesses, die den Beginn verzögerten. So mussten zunächst die ursprünglich vorgesehenen Einzelboxen für die Angeklagten nach erfolgreichen Einsprüchen der Verteidigung aufwendig umgebaut werden.

Ukraine – Kriegsverbrechen: Am Rande des G-7-Justizministertreffen in der vergangenen Woche hat die Sa-taz (Barbara Oertel/Gemma Teres Arilla) mit dem ukrainischen Justizminister Denys Maljuska ein Interview dazu geführt, wie sein Land mit Kriegsverbrechen und mit Kollaborateur:innen umgeht. Bisher seien zwar bereits mehr als 40.000 Strafverfahren im Bereich Kriegsverbrechen von den Strafvollzugsbehörden eingeleitet und mehrere Fälle vor ukrainische Gerichte gebracht worden, es sei allerdings schwer bis fast unmöglich, Urteile zu vollstrecken, weil russische Kriegsgefangene stets gegen ukrainische Soldaten ausgetauscht würden. Maljuska sagte zudem: "Wir erkennen die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs an, auch wenn sich ukrainische Soldaten dort für Kriegsverbrechen verantworten sollten müssen."

Ukraine – Völkermord/Verbrechen gegen die Menschlichkeit: spiegel.de (Dietmar Hipp) hat Völkerrechtler nach ihrer Einschätzung befragt, ob Russland in der Ukraine Völkermord begeht. Relevant dafür könnte die Deportation von Kindern in den von Russland besetzten Gebieten sein. "Wenn es hier quasi zu einem Austausch der lokalen Bevölkerung kommt, dann wäre ein Element des Völkermordes erfüllt", so der frühere Verfassungsrichter Andreas Paulus. Voraussetzung wäre aber auch, dass dies in der Absicht geschieht, die Ukrainer:innen als nationale Gruppe zu zerstören. Die systematischen Morde, Vergewaltigungen und Deportationen der russischen Seite seien aber als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" anzusehen, wird Rechtsprofessor Daniel-Erasmus Khan zitiert. Der Strafverteidiger Nikolaos Gazeas regt an, dass der Generalbundesanwalt nicht mehr nur wie bisher Beweise sammelt, aber nicht ermittelt, sondern "konkrete Beschuldigte zu einer konkreten Tat" benennen und wenn möglich auch Haftbefehle beantragen und die Betreffenden "über Interpol weltweit zur Festnahme ausschreiben lassen" sollte.

Schweden - Klima-Klage: Greta Thunberg hat gemeinsam mit der Jugendinitiative Aurora den schwedischen Staat wegen unzureichender Maßnahmen in der Klimapolitik verklagt, meldet der Spiegel (Carola Padtberg). Dies verletze die Menschenrechte.

Österreich – Mord an 13-Jähriger: Das Wiener Straflandesgericht hat in der vergangenen Woche drei junge afghanische Männer verurteilt, weil sie der 13-jährigen Leonie Drogen eingeflößt, sie dann vergewaltigt und nicht vor dem Tod wegen einer Drogenüberdosis retteten. Der Hauptangeklagte wurde wegen vorsätzlichen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, die beiden anderen Angeklagten, die zur Tatzeit noch Jugendliche waren, wurden wegen Mordes durch Unterlassung und Vergewaltigung verurteilt, das Strafmaß dafür liegt bei 20 Jahren. Sa-SZ (Cathrin Kahlweit) und spiegel.de berichten.

Juristische Ausbildung

Studiendauer: LTO-Karriere stellt die neue Ausbildungsstatistik des Bundsamtes für Justiz zur Dauer des juristischen Studiums vor. Danach dauerte das Studium durchschnittlich 10,8 Semester, wobei Studierende aus Nordrhein-Westfalen mit 8,9 am schnellsten studierten.

Sonstiges

Recht auf Wärme: Angesichts der politisch propagierten Energiesparmaßnahmen hat die Mo-SZ (Wolfgang Janisch) festgestellt, dass es weder im Grundgesetz noch im Arbeitsrecht ein einklagbares "Recht auf Wärme" gebe. Fündig wurde der Autor aber im Sozialrecht und im Mietrecht.

IMK - Klimaproteste: Die Innenminister:innen der Länder haben auf ihrer Herbsttagung über den Umgang mit den Klimaaktivist:innen der "Letzten Generation" diskutiert. Der bayerische CSU-Innenminister Joachim Herrmann sagte laut Sa-SZ (Jan Heidtmann/Christoph Koopmann) man müsse "alle Mittel des Rechtsstaats ausschöpfen" – und meinte damit auch die umstrittene Präventivhaft. Sein Kollege aus Hessen Peter Beuth (CDU) kündigte an, dass die CDU-geführten Länder prüfen werden, "inwieweit es sich nicht sogar um eine kriminelle Vereinigung handelt", worauf der niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) entgegnete, das diese Prüfung durch Gerichte, nicht durch Innenminister erfolge. Auch die Sa-taz (Konrad Litschko/Susanne Schwarz) berichtet über die Sitzung der Innenminister, stellt allerdings die bisherige, insbesondere Berliner, Rechtsprechung dagegen, die gerade nicht von einer kriminellen Vereinigung ausgeht.

Reinhard Müller (Sa-FAZ) findet es richtig, dass der Tatbestand der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in den Blick genommen wird. Er betont erneut, wie wichtig es sei, die Klimaaktivisten nicht gewähren zu lassen. Wer klein beigebe, überlasse das Regieren der Straße und habe nichts aus der Geschichte gelernt, warnt Müller.

Klimaproteste/Nötigung und Notwehr: In seiner Kolumne "Recht behalten" sieht Rechtsprofessor Arnd Diringer in der WamS eine bedenkliche Tendenz in der Diskussion um die Strafbarkeit der Protestaktionen und um eine mögliches Notwehrrecht: "Teilweise kann man sich kaum des Eindrucks erwehren, dass rechtliche Erwägungen ideologischen untergeordnet werden", so Diringer. Wenn der Eindruck entstehe, dass die Rechtswissenschaft und sogar die Rechtsprechung politisch agiere, sei das katastrophal. Sei es im Einzelfall tatsächlich so, werde die Axt an den Rechtsstaat gelegt. Auch Thomas Fischer sieht in seiner Kolumne auf LTO ein doppeltes Maß bei der Diskussion: Es sei erstaunlich, dass das Vorliegen von "Gewalt" von Beteiligten und Unterstützern der Blockierer lebhaft bestritten werde, während zugleich von denselben Personen und in der Gesellschaft eine extensive Ausweitung des "Gewalt"-Begriffs selbst in Bereiche allgemeinster psychischer Beeinträchtigung und Beeinflussung befürwortet werde. Für Fischer dürfte bei den Protesten durch Straßen- bzw. Autobahnblockaden in der Regel, wenn auch nicht immer, der Tatbestand der Nötigung erfüllt und Notwehrhandlungen, sofern sie geboten sind, zulässig sein.

Honorarkonsul: Der Honorarkonsul der Republik Côte d'Ivoire, Christopher Hahn, erklärt auf LTO-Karriere, wie ehrenamtliche Konsuln ernannt werden und welche Privilegien sie genießen. Eine internationale Recherche hatte kürzlich aufgedeckt, dass Hunderte Honorarkonsuln im Ausland in Kriminalfälle und Skandale verwickelt gewesen sein sollen und dabei ihre "diplomatischen" Privilegien missbraucht hätten. Der Autor warnt jedoch davor, das Ehrenamt an sich in Frage zu stellen. Die "schwarzen Schafe" unter den Honorarkonsuln könnten jederzeit zur persona non grata, also zur unerwünschten Person, erklärt werden. So könne man der Gefahr des Missbrauchs konsularischer Privilegien vorbeugen und auf entsprechende Vorkommnisse reagieren.

Rechtsgeschichte – Nürnberger Juristenprozess: Nun erinnert auch Sebastian Felz vom Forum Justizgeschichte auf LTO an den Nürnberger Juristenprozess, der im Dezember 1947 mit 14 Verurteilungen endete. Den Anklägern sei es nicht um einzelne Gräueltaten gegangen, sondern um die Justiz als verbrecherisches System. Es sei das "drakonische, korrupte und verderbte nationalsozialistische Rechtssystem" als solches angeklagt worden.

Rechtsgeschichte – BGH zu Standgericht: Martin Rath erinnert auf LTO an eine BGH-Entscheidung aus dem Dezember 1952 zu einem Standgerichtsurteil, durch das in den letzten Kriegstagen fünf Männer, die die kampflose Übergabe der Stadt Düsseldorf an die Alliierten organisieren wollten, wegen Kriegsverrats zum Tod verurteilt und anschließend erschossen wurden. Die Beteiligten wurden seinerzeit freigesprochen, weil die "auch bei Standgerichtsverfahren unter allen Umständen zu beachtenden Vorschriften" am 16. April 1945 eingehalten worden seien, so der BGH.

"Gefallene" und "gefällte" Urteile: Dass zu oft von einem Urteil, das "gefallen ist" und nicht, wie es richtigerweise wohl heißen müsste, "gefällt wurde" die Rede ist, thematisiert die Sa-SZ (Hermann Unterstöger) in ihrem Sprachlabor.

 

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LTO/pf/chr

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. bis 5. Dezember 2022: . In: Legal Tribune Online, 05.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50364 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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