Ex-BVerfG-Präsident Papier hat das verfassungsrechtliche Müssen und Dürfen des Genderns untersucht. Im Mordfall Ayleen A. werden etwaige Versäumnisse der Justiz diskutiert. Das BVerfG weist eA-Antrag zur vorläufigen Finanzierung der AfD-nahen Stiftung zurück.
Thema des Tages
Gendern: Eine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache wäre unverhältnismäßig und würde gegen die Verfassung verstoßen, stellt der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Hans-Jürgen Papier in einem neuen Gutachten zum Gendern fest, über das die WamS (Thorsten Jungholt) berichtet. Den Bürgern stehe es "grundsätzlich frei, ihre Sprache im privaten und öffentlichen Gebrauch nach eigenem Belieben zu wählen", so Papier. Etwas anderes gelte allerdings für die Amts- und Rechtssprache. Zwar ergebe sich aus dem Verfassungsrecht keine generelle Verpflichtung des Staates zur Verwendung von gegenderter Sprache und die Nicht-Verwendung geschlechtergerechter Sprache lasse die Verfassungskonformität staatlichen Handelns unberührt. Doch die Verwendung geschlechtergerechter Amts- und Rechtssprache stelle auch keinen Verstoß gegen das Grundgesetz dar.
Rechtspolitik
Triage: Der Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein Triage-Gesetz werde "den Vorgaben des Verfassungsgerichts nicht gerecht", meint Heribert Prantl (Sa-SZ), weil "das Kriterium der aktuellen, kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit zum Dreh- und Angelpunkt der Triage gemacht werde. Der Autor plädiert dagegen für eine Los-Entscheidung. Nur so könne ein wirksamer Diskriminierungsschutz für behinderte und alte Menschen sichergestellt werden
In der Diskussion um eine "ex-post-Triage", die aus dem aktuellen Entwurf gestrichen wurde, plädiert der wissenschaftliche Mitarbeiter Tim Reiß im Verfassungsblog für "mehr argumentative Transparenz". Eine Zulassung der ex-post-Triage, wie sie kürzlich von einer Gruppe von Straf- und Verfassungsrechtlern um Tatjana Hörnle gefordert wurde, würde "keine bloße Fortschreibung bisher weithin akzeptierter verfassungsrechtlicher, rechts- und medizinischer Prinzipien" bedeuteten, sondern einen Paradigmenwechsel, der auch benannt werden sollte.
Geschlechtliche Selbstbestimmung: Die Mo-SZ (Wolfgang Janisch) fasst die Vorgeschichte und den Diskussionsstand zum Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz zusammen. Einige Fragen seien noch offen, zum Beispiel die Konsequenzen für das Dritte Geschlecht. Auch in der Frage, wer nach dem verfassungsrechtlichen Gleichstellungsauftrag benachteiligt und damit förderungswürdig ist, werde man nacharbeiten müssen.
Energiesicherheit: In Deutschland könne das Einsparen von Energie gesetzlich vorgeschrieben werden, schreibt die Sa-taz (Christian Rath) unter Verweis auf das Energiesicherungsgesetz, das aus der Zeit der Ölkrise in den 1970er-Jahren stammt. Mit diesem und anderen Gesetzen könne der Bundestag in diesem Herbst und Winter noch viele Einschränkungen im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und privaten Leben einführen. Dabei müsse dann nur der Verhältnismäßigkeits- und der Gleichheitsgrundsatz beachtet werden, wobei der Gesetzgeber große Spielräume habe.
Wiederaufnahme: Ex-Bundesrichter Thomas Fischer kritisiert auf LTO die Neuregelung zur Wiederaufnahme von Strafverfahren zu Lasten des Verdächtigen. Die Durchbrechung des hohen Gutes der Rechtssicherheit sei durch die wenigen Einzelfälle, die bisher überhaupt diskutiert wurden und sich durchweg auf spezifische Konstellationen bezogen, nicht gerechtfertigt. Es treffe den von der Anklage schwerster Straftaten rechtskräftig Freigesprochenen "keine Pflicht des Sonderopfers, lebenslang unter der Drohung der Verfahrenswiederholung zu stehen".
Justiz
Mord an Ayleen A./Führungsaufsicht: Im Fall der ermordeten 14-jährigen Ayleen A. wird jetzt diskutiert, ob die Tat durch falsche Entscheidungen zur Führungsaufsicht für den tatverdächtigen 29-jährigen Jan P. mitverursacht wurde. P. wurde bereits als 14-Jähriger nach der versuchten Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens strafgerichtlich in die Psychiatrie eingewiesen. Zwischen 2017 und 2022 bestand Führungsaufsicht. Umstritten ist eine Entscheidung des Landgerichts Limburg von 2020, das zwar eine Verlängerung der Führungsaufsicht um zwei Jahre anordnete, aber eine unbefristete Führungsaufsicht ablehnte. Sa-FAZ (Rüdiger Soldt) und Sa-BadZ (Christian Rath) berichten.
BVerfG zu AfD-naher Stiftung: Erneut hat die AfD beim Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag zu Förderung der parteinahen Desiderius-Erasmus-Stiftung gestellt, der wiederum abgelehnt wurde. Wie das Gericht laut taz.de (Christian Rath), spiegel.de und LTO mitteilte, sei in dem Antrag nicht ausreichend dargelegt worden, dass das geltend gemachte Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien auch vorläufige Zahlungspflichten an die Stiftung umfasse und dass ohne eine sofortige Finanzierung die Existenz der AfD-nahen Stiftung bedroht ist. Mit einem ersten Antrag war die Partei bereits 2020 gescheitert. In der Hauptsache will das Gericht am 25. Oktober verhandeln, dann werde es vor allem um die Fragen gehen, ob das Grundgesetz den Parteien einen Anspruch auf Gleichbehandlung ihrer parteinahen Stiftungen gebe, ob die Stiftungsfinanzierung gesetzlich geregelt werden müsse und ob mangelhafte Verfassungstreue ein zulässiger Grund für den Ausschluss aus der Finanzierung sein könne.
Das abermalige klägliche Scheitern der AfD könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass es um ein grundsätzliches Problem gehe, meint Reinhard Müller (Sa-FAZ): Es müsse präzise und gleichheitsgerecht gesetzlich geregelt werden, wer und unter welchen Voraussetzungen Geld wofür bekommen soll – und wer eben nicht. Gefragt seien gute Maßstäbe für alle, das Übrige solle dann der politische Wettbewerb regeln. Auch Jost Müller-Neuhof (tagesspielge.de) beklagt das Fehlen materieller Kriterien. Es brauche klare Grundlagen, sprich: ein Gesetz. Nur wolle in der Politik kaum jemand diese Diskussion forcieren, denn mit ihr würde die Frage aufgeworfen, ob die Stiftungen wert sind, was sie kosten.
EGMR – Cum-Ex/Warburg: Die Gesellschafter der Warburg-Bank haben laut beck-aktuell Deutschland beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagt. Max Warburg und Christian Olearius fühlten sich angesichts mehrerer Gerichtsverfahren im Cum-Ex-Skandal in ihren Menschenrechten verletzt. Es seien darin mehrmals Schuldvorwürfe im Zusammenhang mit Cum-Ex-Transaktionen der Jahre 2007 bis 2011 erhoben worden, obwohl beide zu keinem Zeitpunkt durch ein deutsches Gericht auch nur gehört wurden, so der Rechtsanwalt Peter Gauweiler.
BVerfG zur Herausgabe eines Kindes: Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Eilverfahren die Herausgabe eines in Deutschland bei der Mutter lebenden und aufgewachsenen Kindes an seinen spanischen Vater gestoppt. Der Achtjährige wurde in Spanien geboren, kurz danach trennten sich die unverheirateten Eltern und die Mutter nahm das Kind ohne Zustimmung des Partners nach Deutschland mit. Ein spanisches Gericht hatte auf Antrag des Vaters die Herausgabe angeordnet. Weil der Junge in dem Verfahren selbst nicht gefragt wurde, hatten die Karlsruher Richter:innen Zweifel, ob die spanischen Richter:innen die Belastung des Kindes richtig erfassen konnten. In diesem Fall könne es das Kind nachhaltig schädigen, wenn es aus seinem Umfeld gerissen und von seiner Hauptbezugsperson getrennt werde, um zu einem ihm völlig fremden Mann ins Ausland gebracht zu werden. LTO berichtet.
OVG Hamburg zu Klimacamp: Auch Übernachtungszelte können Teil einer Versammlung sein, hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg festgestellt. Damit ist die geplante Aufstellung von Schlafzelten beim Protestcamp, in dem ab dieser Woche mehrere Tage lang für Klimaschutz und gegen die Nutzung fossiler Energien protestiert werden soll, zulässig. Die Zelte unterfielen der Versammlungsfreiheit, so das Gericht laut LTO, weil die Teilnahme am Klimacamp, welches als mehrtägige Veranstaltung konzipiert sei, von einer zeitweise einzurichtenden Infrastruktur abhänge.
OLG Dresden – militante Antifa/Lina E.: Über die weitere Aussage des Kronzeugen Johannes D. im Prozess gegen u.a. Lina E. berichtet spiegel.de (Wiebke Ramm). Lina E. soll mit ihrem untergetauchten Verlobten, Johann G., eine Vereinigung angeführt haben, die in den Jahren 2018 bis 2020 in Leipzig, Wurzen und Eisenach Neonazis brutal verprügelt haben soll. Der Kronzeuge habe jetzt ausgesagt, dass Lina E., Johann G. und weitere Personen über Jahre regelmäßig Blitz-Angriffe auf Neonazis trainiert hätten. Dabei sollte es stets eine "Übersichtsperson" geben, die nicht selbst zuschlägt, alles im Auge behält und das Kommando zum Rückzug gibt.
LG Bonn – Cum-Ex/Hanno Berger: Das Verfahren gegen den Steueranwalt Hanno Berger stehe an einem Scheideweg, schreibt die Sa-FAZ (Marcus Jung). Nachdem bei einem Treffen zwischen dem Vorsitzenden Richter Roland Zickler, der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern Richard Beyer und Martin Kretschmer über eine "geständnisgleiche Einlassung" gesprochen wurde, komme es jetzt zentral auf die Überzeugungskraft der Strafverteidiger an. Ob ihnen das erforderliche Kunststück im Fall ihres sturen Mandanten Berger gelingen kann, werde sich an den kommenden Verhandlungstagen zeigen.
LG Hamburg zu "Pimmelgate": Eine Wohnungsdurchsuchung im Zuge der sogenannten Pimmelgate-Affäre in Hamburg war rechtswidrig, hat laut Mo-taz (Lotta Drügemöller) und spiegel.de das Landgericht Hamburg entschieden. Ein Mann hatte im vergangenen Jahr bei Twitter an den Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD) gerichtet geschrieben: "Du bist so 1 Pimmel". Grote stellte daraufhin einen Strafantrag und in der Folgezeit wurde die Wohnung des mutmaßlichen Urhebers des Tweets durchsucht. Diese Maßnahme sei "unter Berücksichtigung der geringen Schwere der dem Beschuldigten vorgeworfenen Beleidigung unverhältnismäßig gewesen", so das Landgericht.
VG Düsseldorf zum Verstoß gegen Schulpflicht: Wie spiegel.de und LTO berichtet, hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Androhung eines Zwangsgeldes gegen eine Mutter, deren 15-jähriger Sohn aus Angst vor Corona nicht mehr die Schule besucht hatte, bestätigt. Das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus sei kein Grund, den Sohn nicht regelmäßig zur Schule zu schicken, weil es sich mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auf ein hinnehmbares Maß reduzieren lasse, so das Gericht.
VG Köln zu Nutri-Score-Forschungsbericht: Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat zu Unrecht eine Studie zur Lebensmittelkennzeichnung zurückgehalten, hat laut WamS (Anette Dowideit) das Verwaltungsgericht Köln festgestellt. In der Studie ging es um die Lebensmittelampel Nutri-Score, die mittlerweile auf vielen Lebensmittel-Verpackungen anzeigt, ob diese eher gesund oder eher ungesund sind. In einer ersten Version wurde der Nutri-Score positiv bewertet, in einer späteren Überarbeitung wurde dann aber keines der untersuchten Kennzeichnungssystem "uneingeschränkt empfohlen". Das Gericht bestätigte nun die Auffassung des klagenden Vereins Foodwatch, laut der das Ministerium die Originalversion zeitnah hätte veröffentlichen müssen. Die geltenden Regeln für Forschung in öffentlichem Auftrag schützten Behörden nicht "vor politisch unliebsamen Ergebnissen von eingeholten Fachstudien".
Truppendienstgericht Süd - Corona-Impftauglichkeit: LTO (Katharina Uharek) stellt eine Entscheidung des Truppendienstgerichtes Süd vor, wonach es ein Soldat nicht dulden muss, dass er auf seine Impftauglichkeit hinsichtlich eines Corona-Impfstoffes untersucht wird. Der klagende Soldat hatte den Verdacht, dass die Begutachtung nicht vorrangig der Feststellung der Verwendungsfähigkeit diene, sondern allein darauf abziele, ihn disziplinarisch verfolgen zu können, sofern er nicht gegen Covid-19 geimpft sein sollte. Nach Ansicht des Gerichtes muss der Soldat die Begutachtung nicht dulden. Die Begutachtung der Impftauglichkeit sei zur Feststellung der Verwendungsfähigkeit nicht vorgesehen und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Begutachtung der Impftauglichkeit und der Verwendungsfähigkeit somit nicht ersichtlich.
AG Garmisch-Partenkirchen zu falschen Masken-Attesten: Das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen hat laut spiegel.de und LTO eine Ärztin zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil sie Hunderte falsche Maskenatteste ausgestellt hatte. Mittlerweile wurde sowohl von Seiten der Staatsanwaltschaft als auch der Verteidigung Berufung gegen die Entscheidung eingelegt.
AG Idar-Oberstein – Mordaufruf gegen Polizisten: Vor dem Amtsgericht Idar-Oberstein muss sich ein 55-Jähriger verantworten, weil er kurz nach den Polizistenmorden bei Kusel Ende Januar zur Tötung weiterer Beamter aufgerufen haben soll. In einem der Videos soll er unter Verweis auf die Tötung der Beamtin und des Beamten bei Kusel die Gründung eines "Cophunter-Vereins" angekündigt und zur Jagd auf Polizisten als "neuen Sport" aufgerufen haben, schreibt spiegel.de. Auch die Sa-FAZ (Eva Schäfer) schreibt über den Prozessauftakt.
Recht in der Welt
USA - Tötung von Aiman al-Sawahiri: Nach Ansicht des Berliner Menschenrechtsanwalts Wolfgang Kaleck war die gezielte Tötung des Al-Qaida-Anführers Aiman al-Sawahiri völkerrechtswidrig. Eine Tötung könne rechtlich nur zur Gefahrenabwehr legitimiert sein, "allerdings ging eine konkrete Gefahr oder Angriff von al-Sawahiri jedenfalls in diesen Tagen nicht aus", wird Kaleck im Spiegel (Wolf Wiedmann-Schmidt) zitiert.
Ex-Bundesrichter Thomas Fischer vergleicht in seiner Kolumne auf spiegel.de die Tötung Aiman al-Sawahiris mit anderen Fällen von gezielten Tötungen durch tatsächlich oder mutmaßlich staatliche Auftraggeber und wundert sich, wie das mit einem Bekenntnis zu einer "internationalen regelbasierten Ordnung vereinbar ist. "Ein Mord ist ein Mord ist ein Mord, oder?", fragt Fischer.
Russland/USA – Brittney Griner: Auch LTO berichtet jetzt über die Verurteilung der US-Basketballerin Brittney Griner durch ein russisches Gericht zu einer neunjährigen Lagerhaft wegen Drogenbesitzes. Freikommen könnte die 31-Jährige, wenn Moskau und Washington sich trotz ihrer großen Differenzen auf einen Austausch von Gefangenen einigen.
Ukraine – humanitäres Völkerrecht: Die Sa-SZ (Wolfgang Janisch) fasst kurz zusammen, worum es im humanitären Völkerrecht geht, und betont dabei, dass die Regeln für alle Kriegsparteien, also auch die rechtswidrig Angegriffenen gelten.
USA – Verschwörungstheoretiker Alex Jones: Laut einem Bericht von zeit.de (Linda Fischer) hat ein texanisches Gericht den amerikanischen Verschwörungstheoretiker Alex Jones zur Zahlung von fast 50 Millionen Dollar verurteilt, weil er nach dem Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown im Dezember 2014 in seiner Radioshow mehrfach behauptet hatte, die Tat sei nur inszeniert gewesen. Das Geld soll teilweise an die Eltern eines der Opfer des Massakers gehen.
Sonstiges
Sozio-ökonomische Diskriminierung: Es bedürfe eines Umdenkens, um Armut und darauf beruhender Ungleichbehandlung zu begegnen, meint die Doktorandin Nazli Aghazadeh-Wegener im Verfassungsblog. Armut müsse als strukturelle Benachteiligung unter Umständen im Lichte von Art. 3 Abs. 2 und 3 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG adressiert und strukturelle Nachteile beim Zugang zu Erwerbstätigkeit müssten umfassend berücksichtigt werden. Praktisch würde das bedeuten, dass das Äquivalenzprinzip im Sozialversicherungsrecht aufgeweicht und durch einen aus Steuermitteln ergänzten sozialen Ausgleich in den gesetzlichen Sozialversicherungen ergänzt würde.
BSI – Kaspersky-Warnung: Rechtsprofessor Dennis-Kenji Kipker kommt auf LTO auf der Grundlage von Recherchen von u.a. spiegel.de (Patrick Beuth/Marcel Rosenbach) zu dem Ergebnis, dass die Warnung des BSI vor der Antivirensoftware Kaspersky rechtswidrig war. Diese jüngst veröffentlichten Erkenntnisse wiesen nach, dass das BSI für den Fall Kaspersky nicht – wie es gemäß § 1 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG) eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre – objektiv auf der Grundlage "wissenschaftlich-technischer Erkenntnisse" gehandelt habe, sondern sich vielmehr von extrem subjektiven – weil politischen – Erwägungen habe leiten lassen. Die Investigativrecherche und die ihr zugrundeliegenden Dokumente aus BMI und BSI verdeutlichten die politischen Abhängigkeiten und Verstrickungen, die ansonsten nie nach außen kommuniziert worden wären.
M&A-Anwält:innen: LTO-Karriere (Franziska Kring) stellt die Tätigkeit von M&A-Anwält:innen vor, bei der neben juristischen Kenntnissen insbesondere auch wirtschaftlicher Sachverstand gefragt sei.
Rechtsgeschichte – Strafen im Mittelalter: Ronen Steinke (Sa-SZ) schreibt in seiner Kolumne "Vor Gericht" über einen Mordfall aus dem Jahr 1448, bei dessen juristischer Aufarbeitung eher die (finanziellen) Genugtuungsinteressen der Hinterbliebenen des Opfers denn eine echte "tat- und schuldangemessene Strafe" im Mittelpunkt stand. Der Blick in die Vergangenheit bewahre manchmal davor, dass man in der Gegenwart Dinge für selbstverständlich und alternativlos hält, die es überhaupt nicht sind – wie Sprache, schreibt der Autor.
Rechtsgeschichte – Haftung für Boykottaufruf: Martin Rath erinnert auf LTO an einen Rechtsstreit zwischen einer Berliner "Stehbierhalle" und der SPD-Parteizeitung "Vorwärts" vom Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Weil der Gastwirtschaft vertraglich verboten worden war, Räume für sozialdemokratische oder gewerkschaftliche Versammlungen zur Verfügung zu stellen, hatte u.a. der "Vorwärts" zu einem Boykott aufgerufen. Einem solchen Boykott eines Wirtschaftsbetriebes seien aber Grenzen dort gesetzt, wo die persönliche Ehre unmittelbar angegriffen oder der Druck auf das Publikum, sich der "Sperre" zu unterwerfen, räumlich und körperlich mit Händen greifbar wurde, hatte das Reichsgericht hierzu festgestellt.
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LTO/pf
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Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. August 2022: . In: Legal Tribune Online, 08.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49250 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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