Der 68. Deutsche Juristentag in Berlin steht bevor. Und wie immer werden in sechs Abteilungen wichtige rechtspolitische und juristische Probleme unserer Zeit diskutiert. In der Abteilung Zivilrecht steht diesmal das Erbrecht auf dem Prüfstand. Worum es geht und was sich ändern soll.
In Deutschland werden jährlich Vermögenswerte von über 200 Milliarden Euro vererbt. Die dafür maßgebenden Vorschriften im 5. Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches sind seit Inkrafttreten des BGB zum 1. Januar 1900 im Wesentlich unverändert geblieben.
Doch die erheblichen gesellschaftlichen Veränderungen legen einen rechtspolitischen Bedarf nahe. Die starke Zunahme von nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Lebenspartnerschaften und Patchwork-Familien bei gleichzeitig sinkender Zahl von Kindern, die Zuwanderung sowie die deutlich älter werdende Gesellschaft lassen Reformen notwendig erscheinen. In den Referaten auf dem Juristentag wird hier auf viele Details und Fragestellungen eingegangen werden.
Dabei wird von allen Beteiligten die hohe Bedeutung des Erbrechts gerade auch in Bezug auf den familiären Zusammenhang – eventuelll auch in neuen, andersartigen Gestaltungen - für unsere Kultur betont. Und dies betrifft nicht nur das Privatvermögen, sondern auch sehr viele Familienunternehmen, die oft in Vergessenheit zu geraten drohen.
Schutz des Erblassers, gleichmäßigere Vermögensbeteiligung für Kinder
Die Abteilung Zivilrecht wird sich mit dem gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrecht des Ehegatten und der Kinder ebenso intensiv befassen wie mit dem Schutz des Erblassers vor unangemessener Einflussnahme.
Dabei treten die Gutachterin und die vier Referenten aus Wissenschaft und Praxis gemeinsam für eine Stärkung des Ehegatten gegenüber den Kindern ein, da dieser in weit größerem Maße auf den erbrechtlichen Erwerb zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards angewiesen sei. Hier müssten Änderungen erfolgen.
Im Verhältnis der Kinder untereinander müsse künftig eine gleichmäßigere Vermögensbeteiligung sichergestellt werden. Grundsätzlich sollen im Todesfall auch alle früheren Zuwendungen des Erblassers ausgeglichen werden.
Pflegeleistungen, Form der Testamentserrichtung und ein Große Nachlassgericht
Unabhängig vom Verwandtschaftsgrad soll die häusliche Pflege der Familienangehörigen, etwa durch die Einführung eines gesetzlichen Vermächtnisses, stärkere Berücksichtigung finden.
Trotz des technischen Fortschritts sehen die Gutachterin und die Referenten – wenn auch im Detail unterschiedlich - die Forderungen nach Erleichterungen bei der Testamentserrichtung etwa durch elektronische Schrift-, Ton- oder Bildaufzeichnungen wegen des erhöhten Fälschungsrisikos kritisch.
Befürwortet wird hingegen eine Vereinfachung der Verfahrensvorschriften und die Einführung eines "Großen Nachlassgerichts", das künftig für alle erbrechtlichen Verfahren zuständig ist. Die für alle Beteiligten stark belastenden Erbauseinandersetzungen sollen damit deutlich verkürzt werden.
Der Autor Rechtsanwalt Martin W. Huff, Leverkusen ist Pressesprecher des Deutschen Juristentags.
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Martin W. Huff, Zivilrecht: . In: Legal Tribune Online, 13.09.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1446 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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