Die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen hat einen neuen Chef. Mit 43 Jahren läutet Oberstaatsanwalt Rommel auch einen Generationenwechsel ein - und er kennt sich aus mit politischen Verfahren.
Als Jens Rommel vor einigen Monaten gefragt wurde, ob er neuer Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen werden möchte, musste er erstmal schlucken. Und mehrere Tage über das Angebot nachdenken. "Gott sei Dank hatte ich ohnehin ein paar Tage frei, so konnte ich mir in Ruhe Gedanken darüber machen", sagt der 43-Jährige.
Am neuen Job schreckte ihn nicht etwa die hohe Verantwortung. Ganz banale Dinge treiben auch einen Oberstaatsanwalt wie ihn um: "Nach Jahren des Reisens und Umziehens hatte ich in meiner alten Heimat Ravensburg Fuß gefasst und fühlte mich dort sehr wohl", erzählt Rommel. Die alte Heimat bleibt dem Schwaben nun nur noch am Wochenende und in den Ferien erhalten. Die Woche über hat er sich in der Nähe der neuen Arbeitsstätte in Ludwigsburg eine Zwei-Zimmer-Wohnung genommen.
"Trotz meiner Erfahrungen im Landesjustizministerium in Stuttgart, beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe und als Ressortbeobachter bei der Europäischen Union in Brüssel hatte ich mich für die Nachfolge von Kurt Schrimm gar nicht auf dem Schirm", betont Rommel, der "weder verwandt noch verschwägert" ist mit Erwin Rommel, dem deutschen Generalfeldmarschall in der Zeit des Nationalsozialismus.
"Mein Bauchgefühl funktioniert gut, aber die Gerichte haben manchmal einen anderen Bauch"
Lange musste Rommel jedoch nicht in sich gehen, bald schon fand er Gefallen an seiner neuen Position bei der Zentralen Stelle in Ludwigsburg, die immer wieder Vorermittlungsvefahren abschließt und an die zuständigen Staatsanwaltschaften weiterleitet. "Wir sind es den Überlebenden und den Angehörigen der Opfer schuldig, nicht aufzuhören nach den Verantwortlichen dieser schweren Verbrechen zu suchen und diese vor das Gericht zu bringen."
Der begeisterte Radler, Skifahrer und Bergfan ist in Ellwangen geboren und in Ravensburg aufgewachsen. Nach dem Jurastudium in Augsburg, Lund, Würzburg und Lyon und dem anschließenden Referendariat in Augsburg trat er im Jahr 2003 in den baden-württembergischen Justizdienst ein. Nach Stationen an den Amtsgerichten in Biberach und Riedlingen sowie bei der Staatsanwaltschaft Ravensburg folgten mehrjährige Abordnungen an das Justizministerium in Stuttgart sowie an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof. Im Mai 2010 übernahm Jens Rommel für das Justizministerium die Stelle des Ressortbeobachters bei der EU in Brüssel. Im Januar 2013 kehrte Rommel als Oberstaatsanwalt an die Staatsanwaltschaft Ravensburg zurück.
Ganz unbeleckt ist Rommel nicht, was Verfahren mit politischem Hintergrund anbetrifft. Schließlich sind diese in Ravensburg sein Schwerpunkt neben Schwurgerichts-, und Wirtschaftssachen. Gar nicht so selten hatte er es dort etwa mit Hakenkreuzschmierereien zu tun.
Wie sein Vorgänger Schrimm will Rommel weiter nach der Stecknadel im Heuhaufen suchen. Denn mit zunehmenden Abstand zu den Taten werden auch die Täter immer älter. Die meisten zuletzt in Deutschland identifizierten mutmaßlichen Täter waren tot oder verhandlungsunfähig. Doch das schreckt Rommel nicht. "Es ist eine einmalige Gelegenheit", sagt er. Sein Vorgehen bei der Suche nach der Wahrheit beschreibt er als ein geübtes "schrittweises logisches Vorgehen". Wenn ihn sein Bauchgefühl beschleicht, ob das wohl alles so sein kann, wie manchmal Dinge scheinen, bespricht er sich mit Kollegen. "Mein Bauchgefühl funktioniert gut, aber die Gerichte haben manchmal einen anderen Bauch."
dpa/una/LTO-Redaktion
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Zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen: . In: Legal Tribune Online, 13.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17189 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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