Der Bundeswahlleiter ist im Streit um die Veröffentlichung von Wahlprognosen inklusive befragter Briefwähler mit seiner Beschwerde ohne Erfolg geblieben. Der VGH stärkt damit die Praxis der Wahlprognosen.
Der Bundeswahlleiter ist im Streit um die Veröffentlichung von Wahlprognosen inklusive befragter Briefwähler mit seiner Beschwerde gescheitert. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die Beschwerde mit einer zehnseitigen Entscheidung vom Mittwoch zurückgewiesen, sie liegt LTO vor (Beschl. v. 22.09.2021, Az. 8 B 1929/21).
Damit bestätigt der VGH Hessen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Wiesbaden in dem Streit zwischen dem Bundeswahlleiter und dem Meinungsforschungsinstitut Forsa. Dessen Wahlforscher fragten zufällig ausgesuchte Bürgerinnen und Bürger nicht nur "Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, wen würden sie wählen?", sondern auch, ob jemand schon per Brief gewählt hat und, wenn ja, wen. Der Bundeswahlleiter hatte gebeten, bis zur Schließung der Wahllokale am 26. September um 18.00 Uhr "keine Umfrageergebnisse zu veröffentlichen, in denen Antworten von Wählern, die bereits ihre Stimme per Briefwahl abgegeben haben, verarbeitet sind". Er berief sich auf einen Verstoß gegen das Bundeswahlgesetz (BWahlG) und drohte ein Bußgeld an.
Wie auch das VG sieht der VGH in der Praxis des Meinungsforschungsinstituts keinen Verstoß gegen § 32 Abs. 2 BWahlG. Die Vorschrift bestimmt, dass die Veröffentlichung von Ergebnissen von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe vor Ablauf der Wahlzeit unzulässig ist. Nach Auffassung des Senats fällt eine Briefwahl nicht unter die Vorschrift, da diese nicht unter den Begriff der Stimmabgabe zu fassen ist.
Das VG hatte argumentiert, die Feststellungsklage werde voraussichtlich erfolgreich sein. Die Norm des § 32 BWahlG enthalte voraussichtlich kein Verbot der Veröffentlichung von Umfragen im Vorfeld der Wahl, bei denen auch die Angaben von Briefwählern enthalten sind. An dieser Annahme hatte der VGH nichts auszusetzen. Er räumt sogar aus seiner Sicht letzte Auslegungszweifel ab, die das VG noch hatte, und fasst zusammen: "Die Auslegung des Wortlautes der Norm ist damit eindeutig. Eine über den Wortlaut hinausgehende extensive Auslegung einer Verbotsnorm kommt nicht in Betracht." Auch der Gesetzgeber habe sich mit dem Thema beschäftigt und hierzu bislang keinen Handlungs- oder Regelungsbedarf gesehen, führt der Senat aus und verweist in dem Beschluss auf eine Entscheidung des Petitionsausschusses des Bundestags aus dem Jahr 2013.
Der VGH-Beschluss ist unanfechbar.
Möglicherweise wäre das ein Thema für den Gesetzgeber der nächsten Legislaturperiode, sollte politisch sich die Auffassung durchsetzen, an dieser Praxis etwas ändern und die Bedeutung der Wahlprognosen einschränken zu wollen.
Sonntagsfrage auch mit Briefwählern: . In: Legal Tribune Online, 22.09.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46085 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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