Wenn eine Frau in Afghanistan von ihrer Familie bedroht wird, weil sie gegen deren Willen geheiratet hat, kann sie in Deutschland als Flüchtling anerkannt werden. Die Verfolgung gehe dann zwar von nichtstaatlichen Akteuren aus, staatlicher Schutz sei aber nicht zu erwarten, entschied das VG Stuttgart.
Die damals schwangere Frau hatte angegeben, dass sie ihren Mann gegen den Willen ihrer Eltern aus Liebe geheiratet habe. Daraufhin seien sie und ihr Mann von ihren Brüdern mehrfach geschlagen und mit dem Tod bedroht worden. Sie habe ihre Familie "entehrt", so der Vorwurf. In Deutschland sei der Mann zudem vom islamischen zum christlichen Glauben konvertiert, weshalb ihm in Afghanistan die Todesstrafe drohe.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte den Asylantrag des geflüchteten afghanischen Paares abgelehnt.
Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart befand nun, dass die Eheleute als Flüchtlinge anzuerkennen seien (Urt. v. 12.11.2013, Az. A 6 K 1311/13). Die Verfolgung gehe zwar von nichtstaatlichen Akteuren aus, staatlicher Schutz sei aber nicht zu erwarten. Nach Ansicht des Gerichts sei Zwangsheirat in Afghanistan nach wie vor an der Tagesordnung und es gebe Anzeichen, dass die Fortschritte bei der Lage der Frauen wieder rückgängig gemacht würden. Zudem würde der Glaubenswechsel für den Mann bei Rückkehr mit "beachtlicher Wahrscheinlichkeit" den Tod bedeuten.
dpa/age/LTO-Redaktion
VG Stuttgart zur Anerkennung von Flüchtlingen: . In: Legal Tribune Online, 05.12.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10264 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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