Ein Ausländer kann in Ausnahmefällen auch dann die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wenn er die Landessprache nicht spricht. Das entschieden die baden-württembergischen Richter in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil, dem allerdings durchaus Einzelfallcharakter zugebilligt werden darf.
Ausreichende Sprachkenntnisse seien ausnahmsweise nicht erforderlich, auch wenn sich ein Bewerber bereits seit vielen Jahren in Deutschland aufhalte und sich in früherer Zeit die geforderten Kenntnisse hätte aneignen können, so das Verwaltungsgericht (VG, Urt. v. 02.12.2011, Az. 11 K 839/11).
Die Richter gaben damit einer Analphabetin aus der Türkei recht, die sich um die Einbürgerung bemüht. Die Frau lebt seit 1991 in Deutschland. Sie erlitt 2009 einen Schlaganfall und leidet seither unter den Folgen. Die Stadt Heilbronn lehnte die Einbürgerung ab, da nicht ersichtlich gewesen sei, dass sich die Frau in den Jahren vor ihrer Erkrankung hinreichend bemüht habe, die deutsche Sprache zu lernen.
Dieser Argumentation folgte das VG nicht. Die Frau sei wegen ihrer Krankheit nicht mehr in der Lage, ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache und Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland zu erwerben.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
dpa/tko/LTO-Redaktion
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VG Stuttgart: . In: Legal Tribune Online, 03.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5223 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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