Am Donnerstag hat das VG in mehreren Verfahren die Rechtswidrigkeit jahrelanger Überwachungsmaßnahmen des Bundesamtes für Verfassungsschutz festgestellt. Von 1998 bis 2006 wurden Telefonate, E-Mails und Post von linken Aktivisten, einem Anwaltsbüro und einer Biobäckerei überwacht. Die Behörde verdächtigte die Betroffenen Mitglieder der zur linksautonomen Szene gerechneten so genannten "militanten gruppe" zu sein.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Überwachungsmaßnahmen haben von Anfang an nicht vorgelegen, so das Verwaltungsgericht (VG). Eingriffe in die Telekommunikationsfreiheit seien nur als letztes Mittel der Aufklärung zulässig, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben oder von vornherein aussichtslos seien. Bereits im Antrag auf Anordnung der beabsichtigten Überwachungsmaßnahmen beim hierfür zuständigen Bundesministerium des Inneren hätte die Behörde diese Voraussetzungen bezogen auf den konkreten Sachverhalt darlegen müssen. In seinen Anträgen habe es aber nicht hinreichend konkret begründet, dass die mit den Maßnahmen beabsichtigte Erforschung des Sachverhalts nicht auf andere Weise hätte erfolgen können (Urt. v. 01.03.2012, Az. VG A 391.08 u.a.).
Auch hätten keine tatsächlichen Anhaltspunkte für den vom Bundesamt geäußerten Verdacht vorgelegen, die Kläger gehörten der "militanten gruppe" an. Vielmehr sei aus der Analyse von Verlautbarungen verschiedener Gruppen auf die Identität der Gruppenmitglieder geschlossen worden, ohne dass ein hinreichender Bezug zu den einzelnen Klägern hergestellt worden sei.
Auch andere Verhaltensweisen der Betroffenen, wie z. B. zeitweises Nichttelefonieren, habe das Bundesamt ohne weitere konkrete Anhaltspunkte unzutreffender Weise als tatsächliche Hinweise für den angenommenen Verdacht angesehen.
tko/LTO-Redaktion
VG Berlin zu Überwachungsmaßnahmen: . In: Legal Tribune Online, 02.03.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5679 (abgerufen am: 14.11.2024 )
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