Wegen Kritik am Erdogan-"Schmähgedicht": Böh­m­er­mann ver­klagt Merkel

02.04.2019

Das Schmähgedicht des Satirikers Böhmermann gegen den türkischen Präsidenten löste einen diplomatischen Eklat aus. Die Kanzlerin bewertete es als "bewusst verletzend". Böhmermann will ihr das jetzt gerichtlich untersagen lassen.

Der Fernsehsatiriker Jan Böhmermann hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen ihrer kritischen Einschätzung seines Schmähgedichts auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verklagt. Am 16. April soll die Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin verhandelt werden, wie ein Sprecher des Gerichts am Dienstag gegenüber LTO bestätigte. Zuvor hatte der Tagesspiegel darüber berichtet.

Die Klage, die sich gegen das Kanzleramt richte, sei zweistufig, erläuterte der Sprecher. Mit seinem Hauptantrag wolle Böhmermann der Kanzlerin untersagen lassen, öffentlich zu wiederholen, dass sein Schmähgedicht "bewusst ehrverletzend" sei. Er hatte es am 31. März 2016 im Rahmen eines sechsminütigen Beitrags in der ZDF-Sendung "Neo Magazin Royale" vorgetragen. Hilfsweise wolle Böhmermann feststellen lassen, dass die von Regierungssprecher Steffen Seibert vorgetragene Einschätzung Merkels rechtswidrig gewesen sei, erklärte der Sprecher weiter.

Nach Einschätzung des Gerichtssprechers wird bereits am 16. April ein Urteil fallen. Die Kanzlerin werde nicht persönlich vor Gericht erscheinen, sondern durch Dr. Peter Raue, Namenspartner von Raue LLP, vertreten werden.

Böhmermann hatte mit dem satirischen Gedicht "Schmähkritik" einen diplomatischen Eklat im Verhältnis zur Türkei ausgelöst. Merkel nannte das Gedicht damals "bewusst verletzend", wie Seibert nach einem Telefonat der Kanzlerin mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu berichtete. Später bezeichnete die Kanzlerin diese Aussage als "Fehler". Damit sei der Eindruck entstanden, dass hier ihre persönliche Bewertung etwas zähle, erklärte sie. 2017 drohte Böhmermann laut einem Medienbericht Merkel mit einer Klage.

Erdogan selbst ging sowohl straf- als auch zivilrechtlich gegen Böhmermann vor. Die Staatsanwaltschaft Mainz stellte ein Ermittlungsverfahren aber ein. Das Landgericht Hamburg erachtete in einem Zivilverfahren Teile des Gedichts für rechtswidrig und entschied, dass Böhmermann "ehrverletzende" Verse des Gedichts nicht wiederholen darf. Das Hanseatische Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung im Mai 2018 und ließ die Revision nicht zu. Böhmermann, der in dem Verfahren vom Berliner Medienrechtler Christian Schertz von der Kanzlei Schertz Bergmann vertreten wird, hat aber Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Ein Termin zur Beratung in dem Verfahren (Az. 6 ZR 231/18) steht nach Auskunft einer Sprecherin des Bundesgerichtshofs noch nicht fest.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Wegen Kritik am Erdogan-"Schmähgedicht": . In: Legal Tribune Online, 02.04.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34695 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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