VG Berlin zum Selbsthilferecht des Vermieters: Ein teurer Sch­loss­tausch

18.11.2020

Eigentlich wollte der Vermieter einer Berliner Ferienwohnung, dass die Polizei seine Gäste herauswirft. Stattdessen kam die Polizei und half ihnen rein - und dafür muss der Vermieter auch noch zahlen.

Weil der Vermieter einer Ferienwohnung vermutlich noch während des Aufenthalts seiner Gäste das Schloss austauschen ließ, musste die Polizei die Tür durch einen Schlüsseldienst öffnen lassen. Einer der Gäste war dringend auf in der Wohnung befindliche Medikamente angewiesen. Die Kosten dafür wollte der Vermieter nicht tragen. Dass er dies jedoch muss, hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin nun entschieden (Urt. v. 12.10.2020, Az. 1 K 107.19). 

Der klagende Vermieter hatte seine Ferienwohnung in Berlin im Juli 2018 an zwei Gäste vermietet. Das Verhältnis zu seinen Gästen stand jedoch gleich unter einem schlechten Stern, da die Gäste zwar die Buchungskosten, aber nicht die zusätzlichen Gebühren für ein verspätetes Einchecken entrichtet hatten. Der Vermieter rief daraufhin die Polizei mit der Bitte an, sie möge sein Hausrecht durchsetzen und die Feriengäste aus der Wohnung entfernen. Die Polizei lehnte dies jedoch mit Verweis auf seine zivilrechtlichen Ansprüche ab.

Polizei hilft Gästen hinein statt heraus

Stattdessen musste die Polizei am nächste Morgen den Gästen helfen, wieder in die Wohnung hineinzukommen: Diese wurden nämlich davon überrascht, dass sie mit ihren Schlüsseln nicht mehr in die Wohnung kamen. Da einer von ihnen an HIV erkrankt ist und dringend die in der Wohnung liegenden Medikamente einnehmen musste, riefen sie die Polizei. Nachdem diese den Schlüsseldienst hinzuzog und die Tür öffnen ließ, konnte der erkrankte Gast im Beisein der Polizei seine Medikamente einnehmen. Die entstandenen Kosten für den Polizeieinsatz in Höhe von rund 135 Euro sowie den Schlüsseldienst in Höhe von ungefähr 210 Euro stellte der Polizeipräsident Berlins dem Vermieter in Rechnung.

Dessen dagegen gerichtete Klage wies das VG Berlin ab. Da die Wohnungsöffnung seitens der Polizei zu Recht erfolgt sei, dürfe der Kläger auch wegen der angefallenen Kosten in Anspruch genommen werden. Nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz Berlin (ASOG) kann die Polizei eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. 

Der mit HIV infizierte Gast sei, so das VG zur Begründung weiter, auf die tägliche Einnahme seiner Medikamente angewiesen. Wegen des vermuteten Austauschs des Schlosses durch den Vermieter war das Betreten der Wohnung nicht möglich, entsprechend habe eine Gefahr für Leib oder Leben bestanden. Anders als der klagende Vermieter argumentiert hatte, hätte der Erkrankte nach Auffassung des VG auch nicht vor der Türöffnung einen anderen Arzt vor Ort aufsuchen können, da er auf die konkreten Medikamente eingestellt gewesen sei. Nach Ansicht des VG ist der Vermieter als Veranlasser der Maßnahme auch der richtige Kostenschuldner. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VG Berlin zum Selbsthilferecht des Vermieters: . In: Legal Tribune Online, 18.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43466 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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