VG Göttingen zu Namensänderung: Alexas und Siris dürfen Zweit­namen bekommen

21.07.2022

"Alexa! Wisch die Tafel!" Für Menschen, die denselben Namen wie bekannte Sprachassistenten haben, besteht ein höheres Mobbingpotential. Ein Mädchen darf deshalb nun einen zweiten Vornamen bekommen, entschied das VG Göttingen.

Wegen Hänseleien und der daraus folgenden seelischen Belastung wollte ein Mädchen einen zweiten Vornamen haben. Nachdem die Behörde den Antrag der Eltern abgelehnt hatte, gab das Verwaltungsgericht (VG) Göttingen dem Kind nun recht (Urt. v. 21.06.2022, Az. 4 A 79/21).

Das Mädchen leide aufgrund ihres Namens, der nicht bekannt ist, erheblich unter Mobbing und Hänseleien, argumentierten die Eltern des Vorschulkindes. Immer wieder würden dem Kind auch Befehle erteilt. Dies verunsichere und belaste das Kind seelisch sehr. Einen Antrag für einen zweiten Vornamen lehnte die Stadt ab, die Eltern hatten daraufhin erfolgreich geklagt.

Der Produktname des bekannten Sprachassistenten sei ein Schlüsselwort zur Nutzung des Gerätes und deshalb in besonders herausragendem Maße missbrauchsgeeignet, befand das Gericht. Er lade dazu ein, beleidigende und erniedrigende Befehle an Personen mit dem gleichen Namen zu erteilen. Da das Mädchen seinen bisherigen Vornamen sowie Nachnamen behalte, werde es bei Behörden keine Probleme haben - beispielsweise bei der Beantragung eines Ausweises.

Reue der Eltern bei Namensgebung

Die beklagte Stadt brachte im gerichtlichen Verfahren vor, dass ein wichtiger Grund für die Namensänderung im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG nicht vorliege. Die seelische Belastung des Mädchens sei nicht durch ärztliche oder psychologische Gutachten belegt. Der Namensänderungswunsch beruhe vielmehr auf nachträglicher Reue der Eltern an der früheren Namensgebung und auf Mobbingbefürchtungen. Ein Produktname könne nicht automatisch zu einem Anspruch der vielen Inhaber gleichlautender Vornamen auf Namensänderung führen. Insgesamt könne quasi jeder Name mit einiger Fantasie ins Lächerliche gezogen werden.

In der mündlichen Verhandlung kam die Kammer des VG Göttingen jedoch zu der Überzeugung, dass die seelische Belastung der Klägerin ein wichtiger Grund für die Namensänderung im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG darstelle. In der Rechtsprechung sei bereits geklärt, dass ein wichtiger Grund für eine Namensänderung dann vorliege, wenn die privaten Interessen an der Namensänderung die öffentlichen Interessen an der Namensbeibehaltung überwiegen.

Mit weiterem Mobbing sei zu rechnen

Insgesamt sei zu erwarten, dass die Hänseleien auch in Zukunft weiter andauern würden. Die Tatsache, dass es sich bei dem Namen des Sprachassistenten nicht nur um eine Produktbezeichnung handele, sondern um das "Schlüsselwort" zur Nutzung des Geräts, führten dazu, dass der Name des Sprachassistenten in herausragendem Maße missbrauchsgeeignet sei. Hier gehe es um ein Gerät, dem durch die Voranstellung des Produktnamens Befehle erteilt werden würden, so das VG Göttingen. Der Name sei nicht bloß dazu geeignet, einen Wortwitz zu bilden, sondern lade vielmehr dazu ein, beleidigende und erniedrigende Befehle an Personen mit dem gleichen Namen zu erteilen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

ku/LTO-Redaktion

Mit Material der dpa

Zitiervorschlag

VG Göttingen zu Namensänderung: . In: Legal Tribune Online, 21.07.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49121 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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