Am Ende brachte ein fehlendes Protokoll das erste Gesetz zur Gebietsreform vor dem Thüringer VerfGH zum Scheitern. Mit dem Richterspruch ist nunmehr auch der Zeitplan für die Neugliederung der Kreise ungewiss.
Die Thüringer Landesregierung hat mit ihrem zentralen Regierungsvorhaben der Gebietsreform eine Niederlage vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof (VerfGH) einstecken müssen. Die Gebietsreform sieht vor, die Zahl der Landkreise von derzeit 17 auf 8 zu reduzieren. Nach den jüngsten Plänen sollen nur die Städte Eisenach und Suhl ihre Kreisfreiheit verlieren.
Die Verfassungsrichter erklärten das sogenannte Vorschaltgesetz zur umstrittenen Gebietsreform am Freitag in Weimar formell für verfassungswidrig. Damit gerät auch der bisherige Zeitplan für die Kreisneugliederung ins Wanken. Die rot-rot-grüne Regierung bekräftigte nach dem Urteil aber, an der Gebietsreform festhalten zu wollen.
Gerichtspräsident Aschke begründete die einstimmige Entscheidung über eine Klage der CDU-Fraktion mit einem formellen Fehler im Anhörungsverfahren des Landtages. Dabei geht es um ein Protokoll der mündlichen Anhörung der kommunalen Spitzenverbände im Juni 2016 im Innenausschuss des Landtages, das zum Zeitpunkt der Gesetzesabstimmung nicht allen Abgeordneten zur Verfügung stand. "Der Anhörungspflicht des Landtages ist nur dann Genüge getan, wenn alle aufgrund der Anhörung erlangten Informationen den Abgeordneten vor der Abstimmung über den Gesetzentwurf auch tatsächlich zur Verfügung stehen", führte Aschke aus.
Keine materiellen Bedenken
Der Erlass eines Vorschaltgesetzes sei zwar nicht nötig, aber zulässig, sagte Aschke weiter. Gegen die vom Gesetzgeber darin formulierten Leitlinien, insbesondere die Mindesteinwohnerzahlen, gebe es aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken, betonte der Präsident. Das Vorschaltgesetz schreibt unter anderem Einwohnergrößen für Städte, Gemeinden und Kreise vor.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte, das Urteil habe Klarheit in einer heftigen Debatte gebracht. Allerdings sei der Zeitrahmen nun vorerst ungewiss. Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) kündigte an, dass die Beschlussfassung des Kreisneugliederungsgesetzes ausgesetzt werde. Ursprünglich wollte das Kabinett am kommenden Dienstag darüber beraten. "Wir werden uns die Urteilsgründe genau ansehen." Das Gericht habe nicht die Rechtmäßigkeit der Reform in Frage gestellt, betonten sowohl Ramelow als auch Poppenhäger.
Das Urteil hat auch Auswirkungen auf die anderen beim VerfGH anhängigen Klagen. Der Verhandlungstermin für die Klage von neun Landkreisen am 28. Juni wurde aufgehoben. Die Klage der Landesregierung über die Zulässigkeit des Volksbegehrens wird hingegen wie geplant in der nächsten Woche verhandelt.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Thüringen: . In: Legal Tribune Online, 09.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23159 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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