Die Entscheidung Roe v. Wade polarisiert in den USA - sie regelt das Recht auf Abtreibung. Konservativen ist das Urteil seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge. Für Liberale ist die Entscheidung ein Meilenstein. Nun könnte Roe v. Wade tatsächlich kippen.
Das Oberste Gericht der USA befasst sich an diesem Mittwoch mit einem Versuch, das aktuelle Recht auf Abtreibung massiv einzuschränken. Die Richterinnen und Richter des Supreme Court wollen ab 16.00 Uhr MEZ Argumente in einem Fall aus dem Bundesstaat Mississippi hören. Die Bedeutung des Falls geht aber weit über den Staat im Süden des Landes hinaus: Die Entscheidung des Gerichts könnte zur Folge haben, dass konservative Bundesstaaten Abtreibungen strikt einschränken oder verbieten. Die Gefahr, dass das Recht auf Abtreibung beschnitten werden könnte, scheint so groß wie selten zuvor - unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump ist der Supreme Court deutlich nach rechts gerückt.
Roe v. Wade Entscheidung
Nach einem Grundsatzurteil von 1973 sind Abtreibungen in den USA bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt - heute etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Die Entscheidung, die als Roe v. Wade bekannt ist, gilt als Meilenstein. Im Fall Planned Parenthood v. Casey entschied das Gericht 1992, dass Staaten die Möglichkeit von Frauen, eine Abtreibung in Anspruch zu nehmen, nicht unangemessen erschweren dürfen. Es dürfe keine unzumutbare Belastung geben. Befürworterinnen und Befürworter des Rechts auf Abtreibung fürchten, dass der Supreme Court diese Entscheidungen kippen könnte.
Hintergrund ist ein Gesetz aus Mississippi, das fast alle Abtreibungen nach der 15. Schwangerschaftswoche verbietet. Gerichtsinstanzen hatten zuvor entschieden, dass das Gesetz nicht mit dem Grundsatzurteil Roe v. Wade vereinbar sei. Der konservativ regierte Bundesstaat hatte daraufhin das Oberste Gericht der USA angerufen, den Fall zu überprüfen.
Auch Texas Abtreibungsrecht vor Supreme Court
Erst vor wenigen Wochen hatte sich das Gericht mit einem Fall zum Abtreibungsrecht in Texas befasst. Das sogenannte Herzschlag-Gesetz aus Texas verbietet Abtreibungen, sobald der Herzschlag des Fötus festgestellt worden ist. Das kann schon in der sechsten Schwangerschaftswoche der Fall sein. Viele Frauen wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Bei der Anhörung vor dem Supreme Court Anfang November ging es aber nur indirekt um die Frage des Rechts auf Abtreibung - vielmehr standen technische Fragen - etwa wie die Regelung entworfen ist - im Vordergrund.
Schwerwiegende Konsequenzen befürchtet
Eine Entscheidung des Supreme Court in dem Fall wird erst im kommenden Jahr erwartet. Diese könnte aber schwerwiegende Konsequenzen für Schwangere haben. Die Richterinnen und Richter könnten entscheiden, dass ein Fötus schon vor der 24. Woche lebensfähig ist. Oder sie könnten Lebensfähigkeit anders definieren. Sie könnten auch die Frage, was eine unzumutbare Belastung ist, großzügig auslegen. Im folgenschwersten Fall könnte das Gericht auch die Entscheidungen der Vergangenheit komplett kippen und es somit allein den Bundesstaaten überlassen, wie sie ihr Abtreibungsrecht regeln. Einige Staaten haben bereits Gesetze vorbereitet, die sofort in Kraft treten könnten. Es sind vor allem die erzkonservativen Staaten im Süden und mittleren Westen, die Abtreibung ganz oder fast komplett verbieten wollen.
cp/dpa/LTO-Redaktion
Verhandlung vor Supreme Court: . In: Legal Tribune Online, 01.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46806 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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