Das SG Heilbronn hat einer 17-Jährigen mit Down Syndrom ein spezielles Dreirad zugesprochen, damit sie an Fahrradausflügen mit der Familie teilnehmen kann. Das Gericht stellte sich mit seiner Einzelfallentscheidung gegen ein Urteil des BSG, wonach eine Versorgung nur für Kinder bis 15 Jahren in Betracht komme.
Den Antrag der damals 17-Jährigen mit Down-Syndrom, ihr ein ärztlich verordnetes Spezialdreirad als Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, hatte ihre Krankenkasse abgelehnt. Anknüpfend an ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) komme eine Hilfsmittelversorgung von Spezialfahrrädern für Kinder, die älter als 15 Jahre alt seien, nicht in Betracht. Denn dann würden Spezialfahrräder primär der Fortbewegung dienen, ohne therapeutische Anforderungen zu erfüllen, so das BSG-Urteil.
Das sah das Heilbronner Sozialgericht (SG) anders. Da die Familie regelmäßig Fahrradausflüge unternehme und die Teilnahme daran eine große soziale Bedeutung habe, müsse die Krankenkasse die Kosten übernehmen (Urt. v. 20.01.2015, Az. S 11 KR 4250/13 M).
Wichtig sei es, den Einzelfall zu berücksichtigen, sagte Richter Joachim von Berg am Donnerstag. Das damals 17-jährige Mädchen ist nach Angaben des Gerichts wegen der Behinderung in seiner Intelligenz schwer gemindert. Seine Entwicklung entspreche der eines nichtbehinderten Kindes von knapp fünf Jahren. Seit der Anschaffung des Dreirades habe sich die Betroffene deutlich entwickelt: Vorher überaus ängstlich und zurückgezogen, sei sie nun viel selbstbewusster. Nach der ersten Ausfahrt sagte die Tochter laut ihrer Mutter spontan: "Jetzt bin ich auch so wie die anderen".
Die Kasse wolle vor dem Landessozialgericht in Berufung gehen, so der Richter des Sozialgerichts.
dpa/age/LTO-Redaktion
SG Heilbronn entscheidet gegen BSG: . In: Legal Tribune Online, 06.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14603 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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