Der Abschiebe-Eklat um den Tunesier Sami A. findet kein Ende. Auf diplomatischen Kanälen werden Möglichkeiten gesucht, damit der Islamist nicht zurückkehrt. NRW-Ministerpräsident Laschet hätte sich von der Bundespolitik mehr erwartet.
In das Gerangel um die Rückkehr des abgeschobenen Islamisten Sami A. nach Deutschland kommt Bewegung. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bat seinen tunesischen Amtskollegen Hichem Fourati um eine diplomatische Zusicherung, dass der als Gefährder eingestufte Sami A. in seinem Heimatland nicht misshandelt werde. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) machte in dieser Sache weiter Druck auf die Bundespolitik. Den Behauptungen der Anwälte von Sami A., der 42-Jährige sei in Tunesien gefoltert werden, schenkte Laschet allerdings keinen Glauben.
Seehofer habe am Donnerstag mit Fourati am Telefon über die noch ausstehende Antwort auf eine entsprechende Verbalnote des Auswärtigen Amtes gesprochen, sagte eine Ministeriumssprecherin. "Das ist das, worauf wir jetzt warten", sagte Laschet. Sowohl Seehofer als auch Außenminister Heiko Maas (SPD) hätten in der Sache "etwas klarer kämpfen können".
Der zuletzt in Bochum lebende Sami A. war Mitte Juli nach Tunesien abgeschoben worden - zu Unrecht, wie das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster später entschied. Die deutschen Behörden müssen den Tunesier deshalb zurückholen. Die Justiz forderte als Voraussetzung für eine legale Abschiebung eine diplomatische Zusicherung Tunesiens, dass Sami A. keine Folter drohe.
Wenn Tunesien eine derartige Verbalnote abgäbe, könnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dies zum Anlass nehmen, einen Antrag nach § 80 Abs. VII Verwaltungsgerichtsordnung an das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen zu stellen. Nach dieser Regelung kann das Gericht bei einer veränderten Sachlage seine frühere Entschungen ändern. Das Gericht hatte bisher in seinen Beschlüssen zu dem Bestehen von Abschiebungsverboten für Sami A. stets klargemacht, dass eine andere Entscheidung denkbar wäre.
Notwendig wäre allerdings, dass die tunesiche Regierung eine auf Sami A. zugeschnittene, individuelle Zusicherung abgibt, dass dem Mann keine Folter droht. Eine solche lag in der Vergangenheit nie vor. Selbst wenn Tunesien die Verbalnote abgibt: Ohnen einen Antrag des BAMF bleibt die Verpflichtung zur Rückholung bestehen.
Für Laschet ist die Debatte beendet
Laschet bezweifelte Behauptungen der Anwälte von Sami A., ihr Mandant sei im Gefängnis in Tunesien auf eine Weise drangsaliert worden, die als Folter einzustufen sei. Dafür habe er keine Indizien. Auch nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es keine Hinweise auf Folter oder Misshandlung durch die tunesischen Behörden. Auf Nachfrage der deutschen Botschaft nach der Verhaftung sei von der tunesischen Seite mündlich ausdrücklich bestätigt worden, dass Sami A. nicht gefoltert oder misshandelt werde, hieß es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken. Sami A. sei nach Ablauf der gesetzlichen Frist aus dem Gewahrsam entlassen worden.
Zugleich stellte Laschet sich hinter seinen wegen der Abschiebung unter Druck geratenen Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP). Stamp habe "nach bestem Wissen und Gewissen" über die Abschiebung entschieden. Das OVG habe Stamps Rechtsauffassung dann als falsch angesehen. Nun werde die höchstrichterliche Entscheidung zur Rückholung auch umgesetzt. Das gehöre auch zur Rechtsstaatskultur. "Ich halte es für überzogen, jetzt den Rechtsstaat in Gefahr zu sehen", sagte Laschet. "Für mich ist die Debatte beendet."
OVG-Präsidentin Ricarda Brandts hatte den zuständigen Behörden im Fall Sami A. vorgeworfen, der Justiz Informationen vorenthalten zu haben. Der Fall belaste das bisherige Vertrauensverhältnis zwischen Gerichten und Behörden.
dpa/tap/acr/LTO-Redaktion
Bewegung im Fall Sami A.: . In: Legal Tribune Online, 30.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30671 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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