Die Berliner Regierungskoalition will an der umstrittenen Funkzellenabfrage für die Verbrecherjagd festhalten und dafür die Rahmenbedingungen konkretisieren. SPD und CDU einigten sich am Mittwoch darauf, die Maßnahme über eine Bundesratsinitiative gesetzlich auf schwere Straftaten beschränken zu wollen. Zudem sollen die Bürger über mögliche Erfassungen besser informiert werden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Mittwoch.
Die massenhaften Überprüfung von Handydaten ist umstritten, da vor allem Unbeteiligte betroffen sind. Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix kritisierte jüngst erhebliche Mängel. So sei das "letzte Mittel bei der Polizeiarbeit" zur Alltagsmaßnahme geworden. Oft fehle eine Begründung für den Einsatz. Betroffene seien nicht wie vorgeschrieben informiert und unnötige Daten gelöscht worden.
Die Rechtspolitiker Sven Kohlmeier (SPD) und Sven Rissmann (CDU) erklärten, im "Herbst der Entscheidungen" würden "Grundrechtsschutz und Strafverfolgungsinteresse" in Ausgleich gebracht. "Vorstellbar ist es, Betroffene über eine Internetseite zu informieren", sagte Rissmann. Der technische und finanzielle Aufwand müsse nun geprüft werden. Dass Betroffene grundsätzlich einzeln informiert werden wollten, glaube er nicht. "Das würde sie nur unnötig beunruhigen."
Grüne wollen Abfrage nur als letztes Mittel
Die Piraten kritisierten den SPD/CDU-Vorstoß als "Nullnummer". "Seit Februar fordern wir eine restriktivere Handhabung", sagte Fraktionschef Christopher Lauer. Dazu reiche eine entsprechende Dienstanweisung des Justizsenators an die Staatsanwaltschaft, den Einsatz künftig genau zu begründen. "Es ist lächerlich, dass sich Betroffene nun im Internet selbst schlaumachen sollen", sagte Lauer weiter. "Die Bringschuld liegt beim Staat, das ist Gesetz."
Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux forderte, die Abfrage nur als letztes Mittel zuzulassen. "Bislang reicht es, wenn die Ermittlungen sonst 'wesentlich erschwert' sind - das ist ein sehr dehnbarer Begriff." Es sei zudem nicht erwiesen, dass die Maßnahme überhaupt im Verhältnis zum Erfolg stehe.
6,5 Millionen Datensätzen angefallen
Bei der Abfrage werden anonyme Daten von Mobilfunknutzern in einem bestimmten Gebiet und Zeitraum erhoben. Dazu zählen etwa Rufnummer, Anfangs- und Endzeit von Gesprächen sowie der ungefähre Standort. Die Anschlussinhaber werden erst nach weiteren Anhaltspunkten ermittelt. Laut Polizei ist dies in weniger als einem Prozent der Fall.
Zwischen 2009 und Ende Juli 2012 wurde die Funkzellenabfrage in Berlin in 1.109 Verfahren eingesetzt. In 116 Fällen wurden neue Ermittlungsanhalte gewonnen - ob damit Täter überführt werden konnten, ist jedoch unklar. Insgesamt fielen mehr als 6,5 Millionen Datensätze an.
dpa/tko/LTO-Redaktion
Handydaten in Berlin: . In: Legal Tribune Online, 11.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7295 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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