Der Prozess um die Todesschüsse während einer Verhandlung vor dem AG Dachau startete am Montag beim LG München ohne den Angeklagten. Der Mann, dem zur Last gelegt wird, einen Staatsanwalt im Gerichtssaal erschossen zu haben, war nicht verhandlungsfähig.
Ohne den Angeklagten hat der Prozess um den Mord an einem Dachauer Staatsanwalt am Montag begonnen. Im Januar hatte der Mann vor zahlreichen Zeugen während einer Gerichtsverhandlung im Amtsgericht (AG) auf sein Opfer geschossen. Nun ist der Mann so krank, dass eigens ein Bett im Saal des Münchner Landgerichts (LG) aufgebaut wurde. Doch aufgrund seiner schlechten Gesundheit kam der 55 Jahre alte Diabetiker nicht zum Auftakt seines Mordprozesses.
Auf Basis eines Gutachtens wollte das Gericht entscheiden, ob gegen den beidseits beinamputierten Mann in Abwesenheit verhandelt werden kann. Der 55-Jährige hatte zeitweise jede Behandlung abgelehnt. Der Mann müsse erneut operiert werden, sagte der Vorsitzende Richter Martin Rieder. Die Ehefrau und der Vater des erschossenen Juristen verfolgten gefasst den ersten Prozesstag - Eltern, Schwester und Frau des Opfers sind Nebenkläger.
Motiv: Hass auf die Justiz
Laut Staatsanwaltschaft hat der 55-Jährige kürzlich bei einer richterlichen Anhörung am Krankenbett die Tat im Wesentlichen eingeräumt. Als Motiv habe er "Hass auf die Justiz" wegen vieler verlorener Verfahren angegeben. Der Mann ist wegen Mordes und dreifachen versuchten Mordes angeklagt.
Der insolvente Transportunternehmer soll am 11. Januar im Dachauer Amtsgericht den 31 Jahre alten Staatsanwalt erschossen haben. Er musste sich damals wegen nicht bezahlter Sozialversicherungsbeiträge verantworten. Der Richter begründete gerade sein Urteil von einem Jahr Haft auf Bewährung, als der Mann eine Pistole zog und feuerte. Tödliche Schüsse trafen den 31-jährigen Staatsanwalt, der nur eingesprungen war. Laut Anklage wollte der gerade Verurteilte auch den Richter töten, der mit dem Gerichtsprotokollanten und der damaligen Anwältin unter die Richterbank flüchtete.
Angeklagter verweigerte medizinische Versorgung
In der Untersuchungshaft habe der damals übergewichtige und zuckerkranke Mann eine Behandlung ebenso abgelehnt wie eine angemessene Ernährung, sagte der Sachverständige Malte Ludwig. Er habe Milch, Chips und Schokolade zu sich genommen. Statt früher 180 wiege er nun 80 Kilogramm. "Ich hatte den Eindruck, dass er keinen aktiven Suizid begehen will", sagte Ludwig. Passiv habe er offenbar diese Entwicklung hingenommen. Dem 55-Jährigen wurden beide Beine abgenommen, die zweite Amputation liegt nur gut zwei Wochen zurück.
Der 55-Jährige habe seine Verhandlungsunfähigkeit mit der Ablehnung medizinischer Behandlung "vorsätzlich und schuldhaft herbeigeführt", begründete der Vorsitzende Richter Martin Rieder am Montag die Entscheidung der Schwurgerichtskammer, den Prozess ohne den Angeklagten beginnen zu wollen. Wahlverteidiger Maximilian Kaiser legte dagegen Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht muss nun entscheiden, ob tatsächlich ohne den Angeklagten verhandelt werden darf - der Prozess wurde bis Dienstagmorgen unterbrochen.
dpa/mbr/LTO-Redaktion
Prozess um erschossenen Staatsanwalt: . In: Legal Tribune Online, 05.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7466 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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