"Nebel statt Transparenz": Mit deutlicher Kritik haben NRWs oberste Verwaltungsrichter das Pilotprojekt zur Hygiene-Ampel in Gaststätten gestoppt, die Grundlage im Bundesrecht tauge nicht. Die Landespolitik sucht deshalb eine eigene Lösung.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat den bereits seit drei Jahren laufenden Test für die landesweit geplante "Hygiene-Ampel" zur Sauberkeit in Gaststätten gestoppt. Die bisherige Rechtslage erlaube keine pauschale Weitergabe der Ergebnisse von amtlichen Lebensmittelkontrollen, entschieden die Richter am Montag (Entsch. v. 12.12.16, Az. 13 A 946/15 und 13 A 2059/15).
Seit Start des Projekts im Dezember 2013 ist im Internet und in einer App der Verbraucherzentralen in einer Farbskala abzulesen, wie die Restaurants und Imbisse in den Pilotstädten jeweils bei den Begehungen der Lebensmittelkontrolleure abgeschnitten haben. Grün zeigt dabei gute Ergebnisse an, Rot eine Vielzahl von Mängeln, Gelb liegt dazwischen. Schon 2011 waren die ersten Pläne für das Projekt auf Kritik gestoßen.
Neun Gastronomen aus Duisburg und Bielefeld klagten nun erfolgreich gegen die Weitergabe ihrer Daten an die Verbraucherzentrale. Die Städte hatten sich dabei auf das bundesweit geltende Verbraucherinformationsgesetz gestützt. Nach diesem Gesetz hätten Verbraucher zwar Anrecht darauf, etwas über konkrete Verstöße zu erfahren, nicht jedoch die pauschalen Punktwerte, bemängelten die Richter. Denn was genau das Abschneiden auf der Farbskala im Einzelfall beeinflusst habe, erfahre der Gast nicht.
Problem: Auch schlechte Büroarbeit führt zu Punktabzug
Die Punktwertung wird etwa beeinflusst durch Verstöße bei der Personalhygiene und beim Lebensmittelrecht, aber auch durch Mängel bei baulichen Beschaffenheiten oder der Dokumentationspflicht. Die Veröffentlichung einer bloßen Punktwertung wie bei dem in Duisburg und Bielefeld erprobten "Gastro-Kontrollbarometer" schaffe letzten Endes also keine Transparenz, sondern vernebele, lautete die deutliche Kritik des Senats.
Am Plan ein solches Instrument im kommenden Jahr landesweit einzuführen, will Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) jedoch festhalten. Dem Vorhaben muss der Landtag noch zustimmen. "Die Bundesregierung hat es versäumt, eindeutige und effektive Regelungen zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schaffen. Das werden wir jetzt als Land nachholen", kündigte er zudem in einer Mitteilung an. Der Landtag berät derzeit über den Gesetzentwurf für das Kontrollbarometer.
Auch die Verbraucherzentrale hofft nun auf eine landesweite Lösung: Die Erfahrungen aus Duisburg und Bielefeld hätten einerseits eine starke Nachfrage beim Verbraucher gezeigt, andererseits zu einer deutlichen Verbesserung der Betriebe geführt. Mehr als 70 Prozent der Gastronomie-Betriebe in den Teststädten hätten ihre Ergebnisse seit Einführung des Kontrollbarometers verbessert. In Duisburg und Bielefeld gebe es derzeit keine Betriebe mit einer Bewertung im roten Bereich. "Das Kontrollbarometer zeigt Wirkung und darum muss es doch gehen", betonte Bernhard Burdick, bei der Verbraucherzentrale NRW zuständig für den Bereich Lebensmittel.
dpa/nas/LTO-Redaktion
OVG NRW stoppt Hygiene-Ampel: . In: Legal Tribune Online, 12.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21438 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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