Flüchtlinge, die vor ihrer Ankunft in Deutschland Ungarn durchqueren, dürfen nicht wieder dorthin abgeschoben werden. Das Asylverfahren in Ungarn weise erhebliche Mängel auf, entschied das OVG Lüneburg.
Deutschland darf nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg Asylbewerber nicht nach Ungarn abschieben, da ihnen dort eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung droht. Das Asylverfahren in Ungarn weise erhebliche Mängel auf und Flüchtlingen drohe die Inhaftierung ohne Prüfung von Gründen, stellte das Gericht in seinem am Dienstag veröffentlichten Urteil fest (Urt. v. 29.11.2016, Az. 8 LB 92/15). Die Entscheidung bezieht sich auf Flüchtlinge, die vor ihrer Ankunft in Deutschland bereits als erstes EU-Land Ungarn erreichten. Nach dem Dublin-Verfahren ist Ungarn damit für das Asylverfahren zuständig.
Im konkreten Fall ging es um einen kosovarischen Asylbewerber, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach Ungarn abschieben wollte. Bereits das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hatte der Klage des Flüchtlings dagegen stattgegeben und dies mit systemischen Mängeln im ungarischen Asylsystem begründet. Das BAMF wollte den Flüchtling dennoch abschieben und ging in Berufung. Diese wurde nun verworfen.
Auch andere Gerichte entscheiden gegen Abschiebung
Das OVG stellte in seinem Urteil fest, dass die Bedingungen in den ungarischen Asylhaftanstalten erhebliche Missstände und Mängel erkennen ließen. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass Ungarn nach der Dublin-Regel von anderen EU-Ländern zurückgeschickte Flüchtlinge ohne inhaltliche Prüfung ihrer Asylanträge nach Serbien als sicherem Drittstaat abschiebe.
Zusätzlich sei es nicht realistisch anzunehmen, dass es Deutschland innerhalb der festgelegten Sechs-Monats-Frist nach Rechtskraft eines Urteils gelinge, den Flüchtling nach Ungarn zu überstellen. Danach wäre Deutschland ohnehin wie in allen anderen Dublin-Fällen auch für das Asylverfahren zuständig, befand das OVG. Auch der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hatte in einem ähnlichen Verfahren bereits entschieden, dass ein syrischer Flüchtling nicht nach Ungarn überstellt werden darf.
acr/LTO-Redaktion
OVG Lüneburg zu Flüchtlingen: . In: Legal Tribune Online, 29.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21297 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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