Das OVG Berlin-Brandenburg hat das Beherbergungsverbot in Brandenburg aufgehoben. Trotz steigender Corona-Zahlen sind damit noch ein paar Tage Herbstferien in der Uckermark oder im Umland von Berlin für Urlauber möglich.
Grünes Licht für Urlaub in Brandenburg: Am späten Freitag Abend hob das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg das Beherbergungsverbot für Gäste aus sogenannten Corona-Risikogebieten auf (Beschl. v. 16.10.2020, Az. 11 S 87/20, 11 S 88/20). Die Richter des 11. Senats kippten per einstweiliger Anordnung die am 8. Oktober erlassene Regelung, wonach es Betreibern von Beherbergungsstätten, Campingplätzen oder Wohnmobilstellplätzen sowie privaten und gewerblichen Vermietern oder Verpächtern von Ferienwohnungen und -häusern untersagt war, Gäste aus Corona-Risikogebieten aufzunehmen.
Dies betraf Personen, die aus einem Landkreis, einer kreisfreien Stadt oder einem Stadtstaat der Bundesrepublik anreisen oder dort ihren Wohnsitz haben, in dem oder in der in den sieben Tagen vor der Anreise mehr als 50 Neuinfektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus pro 100.000 Einwohner vorgelegen haben. Hierzu gehören unter anderem Bürger aus Berlin.
Das OVG angerufen hatten ein Hotelbetrieb aus dem Landkreis Dahme-Spree und eine Vermieterin von Ferienwohnungen im Landkreis Ostprignitz-Ruppin. Sie machten geltend, dass die Brandenburger Regelung für sie zu erheblichen Einnahmeverlusten führe und ihre verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit verletze.
Der 11. Senat ist dieser Argumentation im Ergebnis gefolgt. Das Beherbergungsverbot sei voraussichtlich unverhältnismäßig. Das Maß, in dem es voraussichtlich zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beitrage, stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Gewicht der daraus folgenden Einschränkungen der Berufsfreiheit der Antragsteller, aber auch der verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit der Personen aus Risikogebieten, denen ein Übernachtungsaufenthalt oder Urlaub in Brandenburg verwehrt werde.
OVG: Passende Hygienekonzepte in Hotels reichen aus
Das Infektionsgeschehen könne innerhalb der Beherbergungsbetriebe etwa durch ein Hygienekonzept deutlich verringert werden. Zudem würden Gäste in Hotelzimmern oder Ferienwohnungen im Allgemeinen allein oder gemeinsam mit Personen ihres eigenen Haushalts übernachten. Außerdem unterscheide sich der Besuch eines Hotelrestaurants nicht ersichtlich vom Besuch gastronomischer Einrichtungen außerhalb des Beherbergungsbetriebs, der nicht untersagt sei.
Das Gericht wies zudem darauf hin, dass die Brandenburger Verordnung auch Tagesbesuche aus Risikogebieten nicht ausschließe. So könnten schließlich Familien mit schulpflichtigen Kindern aus der Millionenstadt Berlin den ausgefallenen Urlaub in Brandenburg durch entsprechende Tagesausflüge kompensieren, dabei unterschiedliche Ziele ansteuern und das Infektionsrisiko in der Fläche noch breiter streuen. Zudem gebe es einen erheblichen Anteil von Pendlern zwischen Berlin und Brandenburg. Hinter die damit verbundene Gefahr des Einschleppens von Infektionen nach Brandenburg tritt die Infektionsgefahr, die mit der angegriffenen Regelung verhindert werden soll, nach Auffassung des Gerichts zurück.
Coronatests "nicht fristgerecht zu erhalten"
Die Unverhältnismäßigkeit des Beherbergungsverbots entfalle auch nicht dadurch, dass sich potenzielle Gäste durch Vorlage eines negativen Coronatests von dem Verbot befreien lassen könnten. Zum einen seien solche Tests insbesondere für Familien mit mehreren Kindern mit erheblichen, möglicherweise abschreckenden Kosten verbunden. Zum anderen sei es angesichts der derzeitigen Auslastung der Testkapazitäten zweifelhaft, ob ein entsprechendes Testergebnis fristgerecht zu erhalten sei.
Im Übrigen habe auch das Robert-Koch-Institut bereits darauf hingewiesen, dass ein negativer Virus-Nachweis nur eine Momentaufnahme darstelle, die nicht zu einem falschen Sicherheitsgefühl führen dürfe, und dass der zusätzliche Testbedarf durch Urlauber die Belastungssituation der Labore weiter verschärft habe.
Hasso Suliak, "Unverhältnismäßig": OVG hebt Beherbergungsverbot auf: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43134 (abgerufen am: 23.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag