Der Ton und der Umgang im bayrischen Landtag haben sich verändert. In der vergangenen Wahlperiode wurden 26 Abgeordnete wegen teils massiver Störungen von Sitzungen gerügt. Das kann künftig teurer werden
Im Parlament ist es nicht unüblich, dass auch mal richtig zur Sache geht. Doch es gibt Grenzen des Hinnehmbaren. Diese überschreite die AfD in Bayern regelmäßig, so sehen das jedenfalls einige Abgeordnete des Bayrischen Landtags. Seit dem Einzug der AfD in den Landtag habe die Debattenkultur einen enormen Schaden genommen, sagt etwa der Grünen-Abgeordnete Jürgen Mistol. "Die AfD schimpft und beleidigt; sie hetzt, und sie macht demokratische Institutionen verächtlich."
"Massiv gelitten" habe die Debattenkultur seit Einzug der AfD, findet Simone Strohmeyer (SPD). Diese sei schon seit einigen Legislaturperioden Abgeordnete im bayrischen Landtag. Einen Zustand wie den jetzigen habe es aber noch nie gegeben. Pöbelei und Hetze ist laut der SPD-Politikerin an der Tagesordnung.
Um das in Zukunft zu ändern, setzt die Mehrheit des Landtags nun auf die verhaltenssteuernde Wirkung des Geldes: Besonders lautstarke oder beleidigende Störungen von Landtagssitzungen ziehen ab dem 1. Juni im Wiederholungsfall bis zu 4.000 Euro Ordnungsgeld nach sich. Die zur Änderung des Abgeordnetengesetzes notwendige Stimmenmehrheit am Donnerstagnachmittag im Landtag gilt als gesetzt, da CSU, Freie Wähler, Grüne und SPD den Antrag gemeinsam eingereicht haben. Die vier Fraktionen stellten 171 der 203 Abgeordneten, für den Beschluss hätten die 122 Stimmen von CSU und Freien Wählern ausgereicht.
Die AfD als Störenfried?
Die vier Fraktionen sehen ihren gemeinsamen Entwurf zur "Stärkung der Debattenkultur" nach eigenen Angaben als notwendig an, "da kommunikative Standards seit Einzug der AfD in den Landtag in der letzten Legislaturperiode enormen Schaden genommen haben"
Wirft man einen Blick in die Protokolle des Landtages, muss man nicht lange suchen, um zu finden, was genau damit gemeint ist. Sie zeigen, wie hitzig es im Landtag zugeht. Selbst die Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU), die die Sitzungen leitet und das Parlament repräsentiert, ist vor verbalen Angriffen nicht sicher. "Leider haben wir in Bayern eine Landtagspräsidentin, die ihr Amt bei jeder sich bietenden Gelegenheit missbraucht, um ihrer Abneigung gegenüber der AfD Ausdruck zu verleihen", warf ihr der Abgeordnete Richard Graupner vor. Für diese Aussage kassierte der AfD-Politiker eine Rüge, mehr aber nicht.
Ordnungsruf, Ordnungsgeld, Sitzungausschluss
Der Sanktionsmechanismus soll sich nun ändern: Die bisher für Störungen erteilten Rügen werden abgeschafft und durch ein dreistufiges Verfahren ersetzt. Dabei wird zunächst ein Ordnungsruf erteilt. Bei besonders gravierenden Fällen oder wiederholtem Pöbeln droht auf der zweiten Stufe ein Ordnungsgeld von bis zu 2.000 Euro, bei Wiederholungstätern bis zu 4.000 Euro. Als letztes Mittel kommt der Ausschluss von Sitzungen in Betracht.
Die Entscheidung über das Verhängen eines Ordnungsgeldes trifft das Präsidium nach Abwägung im Einzelfall. Darüber hinaus kann bei einer nicht nur geringfügigen Verletzung der Hausordnung die Präsidentin bzw. der Präsident des Landtags auch ein solches Ordnungsgeld festsetzen.
"Wir wollen im Bayerischen Landtag das Ringen um die beste Lösung. Davon profitieren die Menschen in unserem Land, dafür haben sie uns gewählt", so Michael Hoffmann (CSU). Positionen müssten deutlich werden: "Wer sich ordentlich benimmt, muss sich wegen eines Ordnungsgeldes nicht sorgen", so Hoffmann. Pöbeleien, Provokationen und Grenzüberschreitung beschädigten jedoch die Demokratie.
25 Jahre rügefrei – dann zog die AfD ein
Erstmals angekündigt hatte das neue Bußgeld Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) im vergangenen Jahr. Damals verwies sie auch darauf, dass es in der vergangenen Wahlperiode 26 Rügen gegeben habe - die große Mehrheit der Gerügten gehörte der AfD an. Zum Vergleich: Davor hatte es in einem Vierteljahrhundert keine einzige Rüge gegeben, obwohl auch damals schon teils kontroverse Debatten durch den Plenarsaal hallten.
"Da manche Abgeordnete Rügen bedauerlicherweise mehr als Trophäen denn als Mahnungen betrachten, halte ich die Verhängung eines Ordnungsgeldes unter den gesetzlichen Voraussetzungen für vertretbar", sagte Felix Locke (Freie Wähler). Pöbeleien und Hetze hätten im Landtag nichts verloren.
Mit dem neuen Ordnungsgeld geht der Landtag deutlich über die Bußgeldordnung im Bundestag hinaus: Hier beträgt das Ordnungsgeld zunächst 1.000 Euro und im Wiederholungsfall 2.000 Euro. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hatte Ende des vergangenen Jahres aber auch angedeutet, härter durchgreifen und das Ordnungsgeld auf mindestens 2.000 Euro erhöhen zu wollen.
xp/LTO-Redaktion mit Material der dpa
Bis zu 4.000 Ordnungsgeld für Pöbelei: . In: Legal Tribune Online, 25.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54418 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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